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2014 Ausgabe 1 / Monat Februar

Einigungsstelle für „Raumwärme“ zuständig – Betriebsrat hat Initiativrecht

In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hatte es die Arbeitgeberin abgelehnt, mit dem Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung abzuschließen. Sie meint, dass die bereits ergriffenen Maßnahmen im Sinne der ASR A 3.5 (Technische Regel für Arbeitsstätten Raumtemperatur) gut und ausreichend seien. Dies wurde so auch von der zuständigen Fachkraft für Arbeitssicherheit bestätigt.

Der Betriebsrat pochte auf sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziff. 7 BetrVG. Die Arbeitgeberin sei nach § 3 a ArbStättVO verpflichtet dafür zu sorgen, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben würden, dass von ihnen keine Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten ausgingen.
Dem stimmte das LAG Schleswig-Holstein zu. Das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG gewährt dem Betriebsrat ein Initiativrecht zum Erlass entsprechender betrieblicher Arbeits- und Gesundheitsschutzregelungen.

Dass die Arbeitgeberin meint, da sie die Anforderungen der ASR A 3.5 erfülle, bestehe kein Mitbestimmungsrecht, trifft nicht zu. Die ASR A 3.5 und die Arbeitsstättenverordnung lassen offen, welche Maßnahmen ergriffen werden sollen. Der Betriebsrat kann auch weitergehende Maßnahmen als die bereits ergriffenen verlangen.
Ob er sie in der Einigungsstelle durchsetzen kann, wenn die Anforderungen der ASR A 3.5 bereits erfüllt sind, spielt für die Entscheidung keine Rolle. Ausgeschlossen wäre das Mitbestimmungsrecht nur dann, wenn es bereits eine mitbestimmte Regelung gäbe. Das ist bei der Arbeitgeberin nicht der Fall.

Die hier in Rede stehenden Handlungspflichten der Arbeitgeberin nach § 3 a Abs. 1 ArbStättVO i.V.m. ASR A 3.5 legen der Arbeitgeberin ganz bestimmte Handlungspflichten auf, nämlich einzuschreiten bei Überschreiten der Raumtemperaturen in Arbeitsräumen von 26 °C, 30 °C und 35 °C. Es handelt sich bei dieser Regelung nicht um eine umfassende Generalklausel, sondern eine konkrete Rahmenvorschrift, die der Arbeitgeberin Handlungspflichten auferlegt. Nur die Erfüllung dieser Handlungspflichten ist zwischen Betriebsrat und Arbeitgeberin zu regeln. (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 01.10.2013, Aktenzeichen: 1 TaBV 33/13)

 


Nachtzuschläge ohne Nachtarbeit

Dies gilt, wenn vergleichbare Arbeitnehmer für ihre Arbeit Nachtzuschläge erhalten haben und das Betriebsratsmitglied ohne die Übernahme der Betriebsratstätigkeit ebenso in der Nacht gearbeitet hätte.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer eines Möbelhauses, der zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden war. Er war in Vollzeit in der Abteilung Logistik eingesetzt gewesen. Die Arbeitszeit der Vollzeitkräfte in dieser Abteilung beginnt spätestens um 4:00 Uhr morgens. Nach der Wahl vereinbarten das Unternehmen und der Betriebsrat, dass der Kläger täglich für 3,5 Stunden für Betriebsratsarbeit von der Arbeit befreit wurde. Gleichzeitig wurde der Arbeitsbeginn für den Kläger einvernehmlich auf 6:00 Uhr verschoben, um für die Arbeitnehmer die Kontaktaufnahme zu verbessern.
Das LAG Köln sprach dem Kläger die ihm in der Zeit von 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr dadurch entgangenen Nachtzuschläge zu und begründete das im Wesentlichen mit § 37 Abs. 4 BetrVG. Danach darf das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Das Betriebsratsmitglied müsse daher so gestellt werden, als ob es keine Amtstätigkeit ausgeübt hätte.
(LAG Köln, Urteil vom 13.12.2013 – 12 Sa 682/13)


BR-Anhörung bei Kündigung in der Probezeit

Auch wenn ein individualrechtlicher Kündigungsschutz nicht oder noch nicht besteht, soll der Betriebsrat in die Lage versetzt werden, auf den Arbeitgeber einzuwirken, um ihn ggf. mit besseren Argumenten von seinem Kündigungsentschluss abzubringen. Dafür muss der Betriebsrat die Gründe kennen, die den Arbeitgeber zur Kündigung veranlassen.
Nach diesem Grundsatz ist der Betriebsrat immer dann ordnungsgemäß angehört, wenn der Arbeitgeber ihm die Gründe mitgeteilt hat, die nach seiner subjektiven Sicht die Kündigung rechtfertigen und die für seinen Kündigungsentschluss maßgeblich sind. Diesen Kündigungsentschluss hat er regelmäßig unter Angabe von Tatsachen so zu beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe prüfen kann. Schildert der Arbeitgeber dem Betriebsrat den seiner Kündigungsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt bewusst irreführend, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung deshalb unwirksam. Eine vermeidbare oder unbewusste Fehlinformation macht die Betriebsratsanhörung dagegen noch nicht unwirksam.

Hinsichtlich der Anforderungen, die an die Information des Betriebsrats durch den Arbeitgeber bei Wartezeitkündigungen zu stellen sind, ist deshalb zwischen Kündigungen, die auf substantiierbare Tatsachen gestützt werden und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, die sich in vielen Fällen durch Tatsachen nicht näher belegen lassen, zu differenzieren. In der ersten Konstellation genügt die Anhörung den Anforderungen des § 102 BetrVG nur, wenn dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen mitgeteilt werden. In der zweiten Konstellation reicht die Mitteilung allein des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber der Arbeitnehmervertretung zu substantiieren oder zu begründen. Darum genügten die Mitteilungen, die Arbeitnehmerin habe sich “während der Probezeit nicht bewährt” und sei “nicht geeignet, die ihr übertragenen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen”, “nach unserer allgemeinen, subjektiven Einschätzung genügt die Arbeitnehmerin unseren Anforderungen nicht” oder der Arbeitnehmer habe die “in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt” jeweils den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.09.2013 – 6 AZR 121/12)


Sozialplan-Abfindung bei Teilzeit

Der Fall: Die Klägerin war bei der beklagten Arbeitgeberin beschäftigt. Sie ist Mutter dreier Kinder und nahm mehrmals Elternzeit in Anspruch. Während der Elternzeit arbeitete sie zeitweise in Teilzeit weiter. Anlässlich eines Stellenabbaus vereinbarten Arbeitgeberin und Betriebsrat einen Sozialplan, der auch eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes vorsah.
Bei der Berechnung der Abfindung wurde für Arbeitnehmer, die zu irgendeinem Zeitpunkt in Teilzeit gearbeitet haben, ein fiktives Bruttomonatsentgelt aus dem durchschnittlichen Verhältnis ihrer vertraglichen Arbeitszeit zur tariflichen in einem Vollzeitarbeitsverhältnis während der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zugrunde gelegt.
Bei Arbeitnehmerinnen, die zu irgendeinem Zeitpunkt ihrer Beschäftigung aufgrund der Elternzeit überhaupt nicht arbeiteten, wurde für diesen Zeitraum das im Zeitpunkt vor dem Eintritt der Elternzeit bezogene Bruttomonatsentgelt in die Berechnung einbezogen.
Die Frau hielt diese Berechnungsmethode für ungerecht und klagte.

Die Entscheidung: Die Frau gewann – wie bereits in der Vorinstanz – auch vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachen.
Die Differenzierung hinsichtlich der Arbeitnehmerinnen in Elternzeit, die währenddessen nicht in Teilzeit tätig sind, und den Arbeitnehmerinnen, die während ihrer Elternzeit eine Teilzeitbeschäftigung bei der Beklagten aufnehmen, ist sachlich nicht begründet.

Die Regelung im Sozialplan verstößt gegen Art. 6 GG (Schutz von Ehe und Familie), meinten die Richter, denn dessen Schutzzweck wird auch beeinträchtigt, wenn die Arbeitnehmerin bei ihrer Entscheidung, während der Elternzeit nach § 15 Abs. 4 BEEG Teilzeitarbeit auszuüben, damit rechnen muss, dass ihre Teilzeittätigkeit bei der Bemessung von Sozialplanansprüchen zu einer geringeren Abfindung führt als bei einer Nichttätigkeit. Ein sachlicher Grund, diese Arbeitnehmergruppen unterschiedlich zu behandeln, ist nicht ersichtlich.

Zu Recht hat bereits die Vorinstanz auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 22.10.2009 (Az.: C-116/08) hingewiesen. Hiernach darf eine Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes nicht auf der Grundlage eines Teilzeitgehalts während der Elternzeit berechnet werden. Vielmehr muss sie auf dem Gehalt basieren, welches vor Beginn der Elternzeit bezogen wurde.

Die von dem EuGH aufgestellten Grundsätze finden auch auf die vorliegende Fallkonstellation Anwendung. § 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub (v. 14.12.1995) schreibt vor, dass die Rechte, die die Arbeitnehmerin zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben. Hiergegen verstößt die Sozialplanregelung, da sie bei der nahtlosen Aneinanderreihung von mehreren Elternzeiten gerade nicht auf die Arbeitszeit abstellt, die die Arbeitnehmerin vor Beginn der 1. Elternzeit geleistet hat. (LAG Niedersachsen, Urteil vom 27.06.2013 Az.: 7 Sa 696/12)


Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Missbrauchs von Werkverträgen – Bundesrat hat vorgelegt

§ 9 Ziff. 1des Arbeitnehmerüberlassungsgesetz  (AÜG) soll neu gefasst werden. Danach sollen Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam sein, wenn
a) der Verleiher nicht die nach § 1 erforderliche Erlaubnis hat oder
b) bei vorhandener Erlaubnis die Überlassung des Leiharbeitnehmers nicht eindeutig als Arbeitnehmerüberlassung kenntlich macht und als solche bezeichnet oder
c) die Arbeitnehmerüberlassung nicht vorübergehend erfolgt.

In § 80 BetrVG Abs. 2 Satz 2 soll eingefügt werden:

Dem Betriebsrat sind vorzulegen

  • die Verträge des Arbeitgebers mit Personen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber stehen und länger als einen Monat auf dem Betriebsgelände tätig sind oder
  • die Verträge mit deren Arbeit- oder Auftraggebern

einschließlich der Unterlagen über Einsatztage und Einsatzzeiten sowie Informationen zu den Arbeitsaufgaben und den Arbeitsabläufen einschließlich der Zusammenarbeit mit den Betriebsangehörigen zur Verfügung zu stellen sind.

§ 87 BetrVG:
Absatz 1 Nummer 7 soll dahingehende ergänz werden, dass die Unfallverhütungsvorschriften für alle auf dem Betriebsgelände tätigen Personen mitbestimmungspflichtig sind.

Mitbestimmung bei Einsatz von Fremdpersonal (neuer § 99a BetrVG)
(1) Die in § 99 Absatz 1 Satz 1 genannten Pflichten des Arbeitgebers gelten entsprechend bei Personen, die zu ihm nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen, gleichwohl aber länger als einen Monat auf dem Gelände seines Betriebes tätig sein sollen oder sind.

(2) Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zum Einsatz der in Absatz 1 genannten Personen jedoch nur in den Fällen des § 99 Absatz 2 Nummern 1, 3 und 6 verweigern.
(3) § 99 Absatz 1 Satz 3, Absätze 3 und 4 sowie §§ 100 und 101 sind entsprechend anzuwenden.

 



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