Schlagwort-Archiv: Betriebsvereinbarung
Anrückzeiten bei Rufbereitschaft
Gerade in Krankenhäuser spielt für die Rufbereitschaft eine Rolle, innerhalb welcher Zeit die Ärzte im Notfall beim Patienten sein müssen (sog. „Anrückzeit“). In einem vom Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin entschiedenen Fall ging es u.a. um die Frage, ob hierfür 30 Minuten angemessen sind. Das LAG meint nein. In der Begründung
Kurzabeit über den 30.06.2023 möglich
Das Bundesarbeitsministerium hat die Regelungen zur Inanspruchnahme von Kurzarbeit über den 30.06.2023 verlängert. Weiterhin gilt, Kurzarbeit liegt bereits bei 10% Arbeitsausfall vor. Immer wieder treten Irritationen darüber auf, ob bestehende Arbeitszeitkonten vorher abgebaut werden müssen. Die Antwort lautet: nein. Wenn im Betrieb Regelungen für variable
Arbeitszeit-Dokumentation – erforderliche Betriebsvereinbarung
Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.09.2022 ist es erforderlich, dass alle Arbeitszeiten dokumentiert, also aufgezeichnet werden. Das Gericht hat keinen konkreten Weg dafür benannt, es kann eine Selbstaufschreibung (Excel) ebenso in Frage kommen wie die elektronische Zeiterfassung.
Office 365 – umfassende Mitbestimmung
Komplexe IT-Anwendungen, wie MS office 365, sind häufig nicht auf Anhieb zu durchschauen. Betriebsräten ist zu raten, sich hier fachkundig beraten zu lassen, gerade weil sich dieses System fortlaufend erneuert. Umfassende Mitbestimmung besteht, weil zwangsläufig eine Fülle von Personaldaten verarbeitet und miteinander kombiniert werden.
Desk sharing – Beteiligung Betriebsrat
Neue Formen der Arbeitsorganisation, wie z.B. Desk sharing, halten in vielen Betrieben Einzug. Für die Beschäftigten geht es nicht allein darum, sich täglich einen neuen Arbeitsplatz suchen zu müssen, sondern um das notwendige Umfeld. Ruhe- und Meetingräume sind als Ergänzung erforderlich, ebenso muss ein Zuteilungssystem gerecht und transparent sein. Auch diese neue Form der Arbeitswelt ist mit dem Betriebsrat abzustimmen – Ordnung und Verhalten sind berührt (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG).
Home-Office im Ausland – was ist zu beachten
Das Home-Office im Ausland ist eine Frage, die nicht nur durch den Lockdown aufgeworfen wurde. Die grundsätzliche Antwort lautet: Ja, aber es gibt einiges zu beachten. Zunächst muss man prüfen, ob eine Arbeitserlaubnis erforderlich ist, insbesondere in Nicht-EU-Staaten. Zudem sollten mögliche Sonderregelungen im Ausland berücksichtigt werden, wie beispielsweise Arbeits- und Zeitschutzvorschriften, die deutsches Recht
Vertrauensarbeitszeit ade – alle Arbeitszeiten müssen erfasst werden
2022-09-26 – BAG zur Zeiterfassung
Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 26.09.2022 (teilweise als „Paukenschlag“ bezeichnet) ist die Pflicht für alle Arbeitgeber festgestellt worden, Arbeitszeiten erfassen zu müssen. Die Verpflichtung folgt aus dem Gesundheitsschutz. Wir stellen in unserem Webinar die Entwicklung hin zu dieser Entscheidung heraus und zeigen Betriebsräten auf, wie jetzt zu verfahren ist.
Fachanwälte für Arbeitsrecht Ronald Billepp und Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg
Corona-FAQ: Ist 2G für den Betrieb oder zumindest für Präsenzmeetings und die Kantine möglich?
- Für den Zugang zum Betrieb ist der Arbeitgeber an die vom Gesetzgeber getroffene Wertentscheidung gebunden. Noch umstritten ist, ob der Arbeitgeber (durch sein Hausrecht) für den gesamten Betrieb 2G anordnen kann. Weil über das Gesetz hinausgegangen wird, muss hierüber eine Betriebsvereinbarung geschlossen werden.
- Es ist möglich, dass in einem betrieblichen Hygienekonzept Präsenzmeetings mit einer 2G-Regelung versehen werden können. Dabei bleibt allerdings eine gewissen Rechtsunsicherheit bestehen. Hilfreich ist allerdings, Personen, die durch 2G ausgeschlossen sind, eine digitale Teilnahme zu ermöglichen. Andernfalls könnte hierin ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot liegen, weil Beschäftigte Nachteile erleiden, wenn sie ihr gesetzlich verbürgtes Recht in Anspruch nehmen, ihren Serostatus nicht zu offenbaren.
- Ähnliche Schwierigkeiten bereitet die Beschränkung der Kantine auf einen 2G-Betrieb. Wenn allerdings ein sicherer Betrieb unter 3G-Bedingungen auch bei Wahrnehmung aller zumutbaren Schutzvorkehrungen nicht möglich ist liegt es nahe, den 2G-Betrieb als zulässig anzusehen.
Wir haben die FAQ zu 3G im Betrieb auf unseren Seiten zusammengestellt.
Wolfgang Steen, Fachanwalt für Arbeitnehmer
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner
Corona-FAQ: Ist die für den Test aufgewandte Zeit Arbeitszeit?
- Eigentlich zählt die für Arbeitsschutzmaßnahmen aufgewandte Zeit in den meisten Fällen als Arbeitszeit.
- Bei dem Nachweis von 3G und den dafür teilweise erforderlichen Tests erfüllen Beschäftigte aber eine eigene Pflicht, weil auch sie Adressat:innen des § 38b IfSG sind. Deshalb zählt die für Tests aufgewandte Zeit nicht als Arbeitszeit.
- In einer Betriebsvereinbarung könnte aber vereinbart werden, dass die für Tests oder die Erbringung des Nachweises erforderliche Zeit als Arbeitszeit zählt. Dabei könnte auch eine Regelung vereinbart werden, der zu folge nur die Testzeit von Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, als Arbeitszeit zählt.
Wir haben die FAQ zu 3G im Betrieb auf unseren Seiten zusammengestellt
Wolfgang Steen, Fachanwalt für Arbeitnehmer
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg
FAQ: Worauf bezieht sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats?
- Die Einführung von 3G ist obligatorisch, hinsichtlich des „Ob“ besteht kein Regelungsspielraum und darum auch keine Mitbestimmung
- Mitbestimmungspflichtiger Regelungsspielraum besteht aber in der Frage, in welcher Form dieser Vorgabe genügt wird – insbesondere also, wie genau der Arbeitgeber seiner Kontroll- und Dokumentationspflicht nachkommt. Der Betriebsrat kommt hier über § 87 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 7 BetrVG zum Zug und kann eine Betriebsvereinbarung
- Es kann außerdem die Durchführung eventueller betrieblicher Testangebote geregelt werden.
- Der Betriebsrat kann auch darauf hinwirken, dass eine Offenbarung des Impfstatus und eine Stigmatisierung möglichst unterbleibt. So kann schon der Gang in ein Testzelt als Stigmatisierung gewertet werden. Wo es ohne größere Einschränkungen möglich ist, wäre es besser, nicht getrennte Anstellschlangen für „Geimpft“ und „Ungeimpft“ vorzusehen. Wie viel Mühe man sich macht, hängt auch von der Bereitschaft ab, hier besondere Rücksicht zu nehmen oder nicht.
- Die durch die Zugangskontrolle erfassten Daten sind auch für eine Gefährdungsbeurteilung und damit für die Hygienekonzepte im Betrieb zu verwenden. Bei dessen Anpassung ist der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG zu beteiligen.
Arbeitsrechtsprogramm der „Ampel-Koalition“ (Sondierungspapier)
Mindestlohn, Mini-Jobs, Midi-Jobs
Bereits im Sondierungspapier haben die drei Parteien der künftigen Ampel-Koalition arbeitsrechtliche Fragen aufgegriffen. In der Transformations zur ökologischen Marktwirtschaft soll die Sozialpartnerschaft beachtet werden. Weil der Mindestlohn auf 12 Euro steigt, wird die Grenze für Mini-Jobs auf 520 Euro angehoben. „Midi-Jobs“ sollen bis 1.600 Euro möglich sein. Arbeitzeiten sollen zusammen durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen für eine befristete Zeit flexibler werden und von der Höchstarbeitszeitgrenze kann abgewischen werden. Im Einzelnen:
Betriebsvereinbarung in Abhängigkeit von einem Belegschaftsquorum?
Der Fall
Die Arbeitgeberin schloss 2007 mit dem in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zu variablen Vergütungsbestandteilen der im Lager beschäftigten Arbeitnehmer. Diese sollte unter der Bedingung in Kraft treten, dass ihr „80 % der abgegebenen Stimmen“ der in ihren Geltungsbereich fallenden Arbeitnehmer bis zum Ablauf einer von der Arbeitgeberin gesetzten Frist „einzelvertraglich“ schriftlich zustimmen. Für den Fall eines Unterschreitens des Zustimmungsquorums konnte die Arbeitgeberin „dies“ dennoch für ausreichend erklären. Der Betriebsrat hat die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung geltend gemacht.
Das Urteil
Nachdem die Vorinstanzen das Begehren abgewiesen haben, hatte die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats vor dem Ersten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die normative Wirkung einer Betriebsvereinbarung kann nicht von einem Zustimmungsquorum der Belegschaft abhängig gemacht werden. Eine solche Regelung widerspricht den Strukturprinzipien der Betriebsverfassung. Danach ist der gewählte Betriebsrat Repräsentant der Belegschaft. Er wird als Organ der Betriebsverfassung im eigenen Namen kraft Amtes tätig und ist weder an Weisungen der Arbeitnehmer gebunden noch bedarf sein Handeln deren Zustimmung. Eine von ihm abgeschlossene Betriebsvereinbarung gilt kraft Gesetzes unmittelbar und zwingend. Damit gestaltet sie unabhängig vom Willen oder der Kenntnis der Parteien eines Arbeitsvertrags das Arbeitsverhältnis und erfasst auch später eintretende Arbeitnehmer. Das schließt es aus, die Geltung einer Betriebsvereinbarung an das Erreichen eines Zustimmungsquorums verbunden mit dem Abschluss einer einzelvertraglichen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zu knüpfen.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Juli 2020 – 1 ABR 4/19 –
Vorsicht bei „Regelungsabreden“ – keine Nachwirkung
BAG schließt Nachwirkung ausdrücklich aus
In dem konkreten Fall hatten sich Arbeitgeber und Betriebsrat darauf verständigt, bei der Eingruppierung von neu in der Buchbinderei und im Versand eingestellten Arbeitnehmern künftig die gleichen Kriterien wie bei den bereits beschäftigten Arbeitnehmern anzuwenden. Zwischenlohngruppen sollten erst nach Ablauf einer entsprechenden Einarbeitungs- und Anlernphase von in der Regel sechs Monaten gewährt werden. Diese Regelung wurde angewandt, bis sie der Arbeitgeber fristgerecht kündigte. Der Betriebsrat wollte jetzt (anlässlich einer Neueinstellung) feststellen lassen, dass die getroffene Regelungsabrede nachwirkt.
Wolfgang Steen, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Wolfgang Steen (Jahrg. 1954, verh., 2 Kinder) ist langjähriger Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg und einer der ursprünglichen Gründer der Sozietät (ehemals: Gaidies Steen & Partner).
Studium Zweiter Bildungsweg
Nach einer Berufsausbildung zum Bankkaufmann erlangte er über den Zweiten Bildungsweg an der Hochschule für Wirtschaft und Politik die Hochschulreife und schloss 1986 das Große Juristische Staatsexamen ab.
Erfolgreiche Beratung und Vertretung seit Jahrzehnten
Rechtsanwalt Steen betreut Betriebsräte teilweise schon seit Jahrzehnten, wodurch das besondere Vertrauensverhältnis über lange Zeit deutlich wird. Er ist als Interessenvertreter in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber geschätzt, auch aufgrund der Einbeziehung wirtschaftlicher und organisatorischer Zusammenhänge. Seine Tätigkeit ist überregional ausgerichtet.
Notwendige BV für Umkleidezeiten,
… wenn der TV eine BV verlangt.
Ein Arbeitnehmer, in einem chemischen Betrieb in Schichtdient, klagte gegen seinen Arbeitgeber auf Gutschrift für die zum Umkleiden erforderliche Zeit. Die Arbeit erforderte das Tragen einer besonderen Schutzkleidung. Die Anforderungen daran und die Pflicht der Arbeitnehmer, die Schutzkleidung während der gesamten Schicht zu tragen, waren in einer BV geregelt.
Öffnungsklausel im TV Im MTV für die chemische Industrie fand sich lediglich eine Regelung, dass diese Frage auf Ebene einer BV geregelt werden könne. Im Betrieb wurde aber keine BV zur Regelung der Umkleidezeiten abgeschlossen.
Wenn Interessen „gleichgewichtet“ berücksichtigt werden sollen …
Betriebsrat scheitert vor dem BAG
In einer Betriebsvereinbarung war formuliert: „Bei der Festlegung der Freizeitabwicklung sind die persönlichen Interessen der Beschäftigten und die betrieblichen Interessen gleichgewichtig zu berücksichtigen.“
Kann nun der BR einen Anspruch haben, die Auszahlung von Überstunden zu verhindern?
Eigenständiger Betrieb – bei 11 km Entfernung?
Eigene Leitung entscheidend
Ob ein „eigenständiger Betrieb“ vorliegt, wenn die Betriebsstätten nur 11 km voneinander entfernt liegen, hatte das Bundesarbeitsgericht zu entscheiden.
Das neue Datenschutzrecht
Anpassung von Betriebsvereinbarungen erforderlich
Ab 25. Mai 2018 tritt das neue BDSG in Kraft. Betriebsvereinbarungen sind rechtzeitig auf die neue Gesetzeslage sowie die Europäische Datenschutzverordnung anzupassen. Einen „Übergangszeitraum“ gibt es nicht. Was muss beachtet werden? Was ist neu?
Die „Männlichkeit“ einer Betriebsvereinbarung
statt „Binnen-I“ und „../innen“
(entnommen einer Muster-Vereinbarung Bund-Verlag)
„Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die männliche Sprachform bei der Formulierung dieser Betriebsvereinbarung gewählt. Betriebsrat und Firma versichern, dass sie alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und andere Personen diskriminierungsfrei und gleichberechtigt behandeln werden.“