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Frische BRise - Podcasts zum Thema Arbeitsrecht

Teilzeitanspruch für Schichtarbeiter – auch im Mehr-Schicht-Betrieb

Nach knapp zwei Jahren Elternzeit wollte er in den Betrieb zurückkehren und aus familiären Gründen nur noch in Teilzeit von montags bis freitags zwischen 9.00 Uhr und 14.00 Uhr beschäftigt werden. Die beklagte Firma lehnte den Teilzeitwunsch ab und berief sich zur Begründung u.a. darauf, dass sonst speziell für den Kläger zusätzliche Schichtübergaben eingeführt werden müssten, was zu Produktionsverzögerungen und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen führe.

Organisatorische Änderungen zumutbar

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Der Teilzeitanspruch (§ 8 Abs. 4 TzBfG) besteht grundsätzlich auch dann, wenn zur Erfüllung des Teilzeitwunsches organisatorische Änderungen erforderlich sind. Gewisse organisatorische Anstrengungen sind bei jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit erforderlich und gesetzesimmanent. Sie stehen dem Teilzeitbegehren nur dann entgegen, wenn sie über das zumutbare Maß hinausgehen.

Die Teilzeitbeschäftigung des Klägers führt insbesondere nicht zu unzumutbaren zusätzlichen Schichteinweisungszeiten. Die Schichteinweisung ist auch bei einer Vollzeittätigkeit erforderlich und nimmt im Betrieb der Beklagten nur wenige Sekunden Dauer in Anspruch. Die Behauptung der Beklagten, dass durch die Einweisung während der für die anderen Maschinenführer bereits laufenden Schicht die Gefahr eines Produktionsstillstands hervorgerufen werde, entbehrt jeglicher Substanz.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Urlaubs- und/oder Krankheitsvertretung des Klägers im Rahmen einer Vollzeittätigkeit ohne weiteres bewältigt werden konnte, dies aber bei einer Teilzeittätigkeit nicht mehr der Fall sein soll. (LAG Köln vom 10.01.2013, 7 Sa 766/12)


kein Hitzefrei für Arbeitnehmer – aber Handlungspflicht für Arbeitgeber

Die Messung der Lufttemperatur ist bei Arbeitsplätzen für sitzende Tätigkeit in Höhe von 0,6 Metern und bei stehender Tätigkeit in Höhe von 1,1 Metern über dem Fußboden zu messen (ohne Einwir-kung von direkter Sonneneinstrahlung).

Sonnenschutzsysteme ab 26 Grad

Bei übermäßiger Sonneneinstrahlung sind Maßnahmen zu treffen. Beispielsweise sollen 

Fenster, Oberlichter und Glaswände eine ausreichende Tageslichtversorgung gewährleisten. Zugleich ist eine störende Blendung und Erwärmung zu vermeiden. Wenn sich die Raumtemperatur durch Sonneneinstrahlung auf über 26 Grad erhöht, sind diese Bauteile mit Sonnenschutzsystemen auszurüsten (siehe ASR A3.5 Ziffer 4.3 Abs. 3).

Bei mehr als 26 Grad sind Maßnahmen zu treffen, wie die Schließung der Jalousien nach der Arbeitszeit, Nachtauskühlung, Reduzierung des Einsatzes elektrischer Geräte, Lüftung am Morgen, Gleitzeitregelung und Lockerung der Bekleidungsregelung. Schließlich ist auch an die Bereitstellung geeigneter Getränke zu denken.

Die Schwelle von 26 Grad ist eine Sollvorschrift. Überschreitet die Lufttemperatur im Raum 30 Grad, müssen wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Beanspruchung der Beschäftigten ergriffen werden.

zwingend technische Maßnahmen ab 35 Grad

Eine weitere Schwelle gilt bei einer Raumlufttemperatur von mehr als 35 Grad. In diesem Fall ist der Arbeitsraum ohne technische Maßnahmen (z.B. Luftdusche oder Wasserschleier) oder organisatorische Maßnahmen (Entwärmungsphasen) oder durch Pausen oder persönliche Schutzausrüstungen nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.

 


Sozialplan wirtschaftlich vertretbar? Trotz Verlust besteht Sozialplanpflicht

Den in einer Einigungsstelle beschlossenen Sozialplan für 76 Beschäftigte focht die Arbeitgeberin an. Die Einigungsstelle hatte Abfindungen nach der Formel: Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsverdienst x 0,6 festgelegt. Das Bundesarbeitsgericht meinte hierzu: Bei einem durchschnittlichen Bruttoverdienst der Beschäftigten von rund 1.750,00 Euro würden die wirtschaftlichen Nachteile der Beschäftigten jedenfalls nicht überkompensiert. Da außerdem zum Bilanzstichtag 31.12.2001 noch ein Anlagevermögen in Höhe von insgesamt 645.739,41 Euro und ein Umlaufvermögen in Höhe von 457.378,27 Euro vorhanden war, lag jedenlfalls keine wirtschaftliche Unvertretbarkeit für das Unternehmen vor.

Trotz Verlust weitere Belastungen hinzunehmen

Grundsätzlich führt das BAG zur Sozialplanpflicht aus: “Ob ein Sozialplan wirtschaftlich vertretbar ist, bestimmt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Dabei ist grundsätzlich von Bedeutung, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind, deren nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer der Sozialplan kompensieren soll. Der Umstand, dass sich ein Unternehmen bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, entbindet es nach den Wertungen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht von der Notwendigkeit, weitere Belastungen durch einen Sozialplan auf sich zu nehmen. Sogar in der Insolvenz sind Betriebsänderungen gemäß § 123 InsO sozialplanpflichtig.” Im Ergebnis konnte die Arbeitgeberin also nicht von der Sozialplanpflicht befreien. Auf die Finanzkraft oder Eintrittspflicht der Muttergesellschaft kam es deshalb überhaupt nicht mehr an.


Schulung Betriebsrat – eigenständige Auswahlentscheidung

Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein neues BR-Mitglied eine Maßnahme auswählt, in der der Unterrichtsstoff in zwei aufeinander aufbauenden Einheiten vermittelt wird. Unproblematisch ist dies auch dann, wenn hierfür geringfügig höhere Kosten anfallen, als bei einem anderen Anbieter. Mit dieser Entscheidung wird die Linie des Bundesarbeitsgericht fortgesetzt, das auch von einem eigenen Beurteilungsspielraum ausgeht.

(Landesarbeitsgericht Frankfurt, Beschluss v. 14.05.2012 – 16 Ta BV 226/11)

eigenständige Auswahlentscheidung

In einer von uns erstrittenen Entscheidung hat das Arbeitsgericht Hamburg (Beschl. v. 10.10.2012 – 3 BV 5/12) jetzt gleichfalls auf die eigenständige Auswahlentscheidung des Betriebsrats verwiesen. Hierzu gehört eine Erforderlichkeitsprüfung des Betriebsrates, auch bezogen auf Zeit und Ort der Schulungsveranstaltung. Wenn der Betriebsrat dann die verschiedenen Abwesenheits- und Urlaubszeiten anderer Mitarbeiter der Abteilung berücksichtigt, kann nicht auf eine andere (örtlich näher gelegene) Seminarveranstaltung verwiesen werden.

(Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss v. 10.10.2012 – 3 BV 5/12)

 


Abberufung aus Freistellung möglich – ohne Angabe von Gründen

Auf einer Betriebsratssitzung im Mai 2011 wurde der Antragsteller mit der qualifizierten Mehrheit von 3/4 der Stimmen als freigestelltes Betriebsratsmitglied abberufen. Der Antragssteller sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt. Für die Abberufung lägen keine Gründe vor, ihm seien auch keine angegeben worden. Der Beschluss sei willkürlich und verletze ihn in seinen Rechten als Angehöriger einer Minderheitenliste. Das LAG wies die Beschwerde des Betriebsratsmitglieds als unbegründet zurück. Der Arbeitnehmer war nicht in seinen Rechten als Mitglied des Betriebsrats verletzt, auch nicht als Angehöriger einer Minderheitenliste. Die Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung ist nach allgemeiner Auffassung jederzeit möglich.

in geheimer Abstimmung

Die Abberufung habe nach dem Gesetz auch in geheimer Abstimmung zu erfolgen. Damit aber sei ausgeschlossen, dass die einzelnen Mitglieder die Gründe für ihre Abstimmung offen legen müssten. Die Forderung, dass spezifische Gründe angegeben werden müssten, sei daher praktisch nicht umsetzbar. Eine gerichtliche Überprüfung dieser Gründe wäre zudem ein unzulässiger Eingriff in die geschützte Selbstorganisation des Betriebsrats. (LAG Hamburg, Beschluss vom 07.08.2012,

Aktenzeichen 2 TaBV 2/12)


Nach 2 Stunden Arbeit gekündigt „…. sie roch nach Rauch“

<p class=„western“ align=„JUSTIFY“>Über eine Probezeitkündigung hatte das Arbeitsgericht Saarlouis zu entscheiden. In dem Fall hatte eine Mitarbeiterin das absolute Rauchverbot im Betrieb akzeptiert. Allerdings rauchte sie am ersten Arbeitstag vor Arbeitsbeginn noch eine Zigarette.</p>
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<p class=„western“ align=„JUSTIFY“>Weil sie „gravierend“ nach Rauch roch, beschwerten sich die Kollegen und der Arbeitgeber kündigte nach 2 Stunden Arbeit. Gegen die Kündigung klagte die Arbeitnehmerin und bekam vor dem Arbeitsgericht Saarlouis recht. Die Kündigung sei treuewidrig und damit unwirksam, so das Gericht. Auch in der Probezeit seien die allgemeinen Persönlichkeitsrechte und die Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.</p>


Leiharbeit – kein Einsatz auf Dauerarbeitsplätzen – LAG Berlin wagt sich vor

In dem Fall war vom Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätze verweigert worden ist. Die Absicht der Arbeitgeberin bestand darin, auf Dauer eingerichtete Arbeitsplätze mit jeweils befristet eingesetzten Leiharbeitnehmern zu besetzen. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zu diesen Einstellungen, so dass der Arbeitgeber die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung begehrt hat.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg habe der Betriebsrat seine Zustimmung zu Recht verweigert. Auch wenn das Gesetz eine zeitliche Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung nicht (mehr) regele und dem Arbeitgeber daher ein Einsatz von Leiharbeitnehmern im Interesse einer flexiblen Arbeitsgestaltung weitgehend erlaubt sei, dürfe der Einsatz jedoch nicht auf Dauerarbeitsplätzen erfolgen. Dass die Beschäftigung des jeweiligen Leiharbeitnehmers vorübergehend erfolgen solle, sei dabei unerheblich. Daher hat das Landesarbeits-gericht den Antrag der Arbeitgeberin auf Zustimmungsersetzung zurückgewiesen.

In gleicher Weise hatte sich auch schon das Landesarbeitsgericht Niedersachsen geäußert. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts steht noch aus.


Kündigungsschutz Ersatzmitglied – ab wann beginnt der Schutz?

Der Fall: Die Kündigung war dem Ersatzmitglied nicht bereits am Freitag, den 15. April 2011 (nachmittags per Boten in den Briefkasten), sondern erst am nächsten Tag (Blick in den Briefkasten am 16. April) “zugegangen”. An diesem Tag war aber der Schutz des § 103 BetrVG bereits ausgelöst, weil es sich um einen Tag mit regelmäßiger Arbeitszeit (Druckerei) handelte und ein BR-Mitglied, der nicht zur Arbeit eingeteilt gewesen war, seinen bewilligten Urlaub tatsächlich bereits am 16. April 2011 angetreten hatte, also verhindert war, Betriebsratstätigkeiten zu verrichten.

Das BAG stellt nun fest, ein Vertretungsfall sei während des Erholungsurlaubs eines Betriebsratsmitglieds jedenfalls dann gegeben, wenn dieser nicht zuvor seine
Bereitschaft angezeigt hat, trotz des Urlaubs für Betriebsratstätigkeiten zur Verfügung zu stehen. Weiter stellt das Gericht fest, für die Frage, ob Sonderkündigungsschutz nach § 103 Abs. 1 BetrVG besteht, ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung abzustellen, nicht auf das Datum der Anhörung des BR und nicht auf das Absenden des Kündigungsschreibens. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. September 2012 – Aktenz.: 2 AZR 955/11).


Neueinstellungen nicht nur in Teilzeit – Betriebsrat kann Zustimmung verweigern

Der international tätige Paketlogistiker UPS will am Standort Ditzingen Arbeitnehmer nur in einer von drei Schichten in Teilzeit mit einer Wochenarbeitszeit von 17 Stunden beschäftigen und lehnt Arbeitszeiterhöhungen auf 34 Stunden pro Woche in zwei Schichten grundsätzlich ab. Der Betriebsrat verweigerte daher in mehr als hundert Fällen seine Zustimmung zur Einstellung von neuen Arbeitnehmern auf Einschicht-Arbeitsplätze mit 17 Wochenstunden, weil er dar-in eine Benachteiligung der aufstockungswilligen Arbeitnehmer sah. Gemäß § 99 BetrVG kann der Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers verweigern, wenn diese gegen ein Gesetz verstößt.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg muss die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers sachlich gerechtfertigt sein. Eine Einschränkung der Flexibilisierung des Personaleinsatzes mit Mehrarbeit durch Doppelschichtarbeitsplätze sei nicht erkennbar. Ein erhöhter Organisationsaufwand in Vertretungsfällen wie Urlaub und Krankheit sei hinzunehmen. Höhere Krankenstände und eine größere Zahl von Betriebsunfällen in den Doppelschichten seien nicht zwingend auf die höhere Arbeitszeit zurückzuführen.
UPS unterlaufe daher mit seinem Konzept, nur Arbeitnehmer in Teilzeit zu beschäftigen, den Anspruch auf Erhöhung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG. Gemäß § 9 TzBfG hat ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer bei Besetzung eines entsprechenden freien Arbeitsplatzes grundsätzlich einen Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates sei daher begründet.


Ordnungsgeld gegen H & M – Verstoß gegen vertrauensvolle Zusammenarbeit

Die seit Jahren einschlägig geführten Auseinandersetzungen der Betriebsparteien und auch hier wieder zu Tage tretenden Differenzen in der praktischen Bewältigung der täglichen Arbeitszeit lassen es geboten erscheinen, die Betriebsparteien darauf hinzuweisen, dass nur eine vertrauensvolle Zusammenarbeit geeignet sein dürfte, immer wieder auftretende Konflikte im Einzelfall gemeinsam zu lösen. Dazu dürfte auch gehören, dass H&M stärker als bisher in der Filialleitung darauf achtet, auch Einzelmaßnahmen unverzüglich und in Beachtung der getroffenen Vereinbarungen mit dem Betriebsrat zu beraten und die Zustimmung dazu einzuholen. Ebenfalls dürfte dazu gehören, dass dem Betriebsrat bewusst wird, keine zweite Filialleitung darzustellen und insbesondere zu berücksichtigen, dass kurzfristige Änderungen der Personaleinsatzplanung aufgrund der Filialgröße, der Schichtzeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der ständig eintretenden Änderungen im Betriebsablauf eine Ausübung des Mitbestimmungsrechts verlangen, die an diesen Besonderheiten der Praxis orientiert ist, ohne dem Arbeitgeber zu unterstellen, es werde bewusst und gewollt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt. Für eine solche Unterstellung gibt es bislang keinerlei Hinweise.” LAG Berlin Brandenburg vom 06.02.2013 – 19 Ta 2124/12




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