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2013 Ausgabe 3 / Monat September

Absage an Rollenverständnis des vergangenen Jahrhunderts – weniger Geld für verheiratete Frauen?

Unter anderem deshalb könnten die Sozialplanleistungen niedriger sein, so der Arbeitgeber. Dem ist der 1. Senat mit deutlichen Worten entgegengetreten. Diese Argumentation sei mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG schlechterdings unvereinbar und widerspreche dem Diskriminierungsverbot des § 3 AGG. Schon das LAG Niedersachsen hatte in der Vorinstanz darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf Art. 6 GG ein Status als mitverdienende Ehefrau keine geringere soziale Schutzbedürftigkeit begründe. 

Um zu erkennen, dass ein solcher Argumentationsansatz in der heutigen Zeit nicht sonderlich Erfolg versprechend ist, muss man kein Arbeitsrechts-Experte sein. So bedurfte es auch keiner langen Ausführungen der Richter. Die Frage, ob die Argumentation tatsächlich auf veralteten Rollenvorstellungen beruhte oder vielmehr aus der Verzweiflung geboren wurde (mangels anderer Argumente), kann nur der Arbeitgeber-Vertreter beantworten. Dem 1. Senat hat die Argumentation jedenfalls nicht sonderlich zugesagt.

 


Urteil gegen Daimler-Scheinwerkverträge – IT-Kräfte müssen eingestellt werden

in den Betriebsräumen des Dritten, mit dessen Betriebsmitteln und bei einer direkten Beauftragung durch den Dritten vor.

Geklagt hatten zwei Beschäftigte eines IT-Systemhauses. Dieses ist ein Subunternehmen eines führenden Dienstleisters für Informationstechnologie, welcher die Kläger im Rahmen eines Werkvertrages mit der Daimler AG von 2001 bis Ende 2011 ausschließlich bei der Daimler AG eingesetzt hatte. .

In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, dass die Kläger in dem Betrieb eingegliedert gewesen waren und jahrelang in den Betriebsräumen mit Betriebsmitteln der Daimler AG für diese gearbeitet und auch direkte Aufträge von Daimler-Mitarbeitern aus der Abteilung Treasury erhalten hätten. Hierbei handle es sich auch nicht um Ausnahmefälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend verübten Vertragspraxis. Nach einer umfassenden Gesamtbetrachtung dieses Falles sei hier somit von einem Scheinwerkvertrag auszugehen.

Aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AÜG sei zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

Der Personaleinsatz sei somit nicht im Rahmen eines Werkvertrages, sondern infolge einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung erfolgt

 


Nachschusspflicht Arbeitgeber wenn Mitbestimmung nicht beachtet

Mit diesen Fragen hatte sich das LAG Niedersachsen zu beschäftigen in einem Fall, bei dem an verschiedene Redakteure in den Jahren 2008 bis 2012 Zahlung zwischen € 1.500 bis € 4.000 gezahlt waren. Der BR wollte nun eine Einigungsstelle einsetzen lassen, um seine Mitbestimmung durchzusetzen.

Einigungsstelle ist zuständig

Das Gericht entschied zunächst, dass eine Einigungsstelle auch dann zuständig ist, wenn der Betriebsrat für in der Vergangenheit erbrachte Sonderzahlungen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG beansprucht. Ebenso kann der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung zukünftiger Sonderzahlungen einfordern, selbst wenn diese von der Arbeitgeberin derzeit noch nicht beabsichtigt sind, soweit die abstrakte Ausformung der Einmalzahlungen unter die Bedingung ihrer tatsächlichen Leistung seitens der Arbeitgeberin gestellt wird.

Neuverteilung führt zu Nachschusspflicht

Auf den Umstand, dass Zahlungen bereits erfolgt waren, kommt es nicht an. Es kann sogar – nachträglich – noch zu einer Änderung der Verteilung und damit zu Mehrzahlungen kommen. Das Gericht: „Die nachträgliche Änderung der Verteilungsgrundsätze kann zu einer Nachschusspflicht der Arbeitgeberin führen, auch wenn die Festlegung des Dotierungsrahmens ihr allein vorbehalten bleibt.“ (LAG Niedersachsen v. 30.4.2013 – 1 TaBV 142/12)


Teilzeitanspruch für Schichtarbeiter – auch im Mehr-Schicht-Betrieb

Nach knapp zwei Jahren Elternzeit wollte er in den Betrieb zurückkehren und aus familiären Gründen nur noch in Teilzeit von montags bis freitags zwischen 9.00 Uhr und 14.00 Uhr beschäftigt werden. Die beklagte Firma lehnte den Teilzeitwunsch ab und berief sich zur Begründung u.a. darauf, dass sonst speziell für den Kläger zusätzliche Schichtübergaben eingeführt werden müssten, was zu Produktionsverzögerungen und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen führe.

Organisatorische Änderungen zumutbar

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Der Teilzeitanspruch (§ 8 Abs. 4 TzBfG) besteht grundsätzlich auch dann, wenn zur Erfüllung des Teilzeitwunsches organisatorische Änderungen erforderlich sind. Gewisse organisatorische Anstrengungen sind bei jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit erforderlich und gesetzesimmanent. Sie stehen dem Teilzeitbegehren nur dann entgegen, wenn sie über das zumutbare Maß hinausgehen.

Die Teilzeitbeschäftigung des Klägers führt insbesondere nicht zu unzumutbaren zusätzlichen Schichteinweisungszeiten. Die Schichteinweisung ist auch bei einer Vollzeittätigkeit erforderlich und nimmt im Betrieb der Beklagten nur wenige Sekunden Dauer in Anspruch. Die Behauptung der Beklagten, dass durch die Einweisung während der für die anderen Maschinenführer bereits laufenden Schicht die Gefahr eines Produktionsstillstands hervorgerufen werde, entbehrt jeglicher Substanz.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Urlaubs- und/oder Krankheitsvertretung des Klägers im Rahmen einer Vollzeittätigkeit ohne weiteres bewältigt werden konnte, dies aber bei einer Teilzeittätigkeit nicht mehr der Fall sein soll. (LAG Köln vom 10.01.2013, 7 Sa 766/12)


kein Hitzefrei für Arbeitnehmer – aber Handlungspflicht für Arbeitgeber

Die Messung der Lufttemperatur ist bei Arbeitsplätzen für sitzende Tätigkeit in Höhe von 0,6 Metern und bei stehender Tätigkeit in Höhe von 1,1 Metern über dem Fußboden zu messen (ohne Einwir-kung von direkter Sonneneinstrahlung).

Sonnenschutzsysteme ab 26 Grad

Bei übermäßiger Sonneneinstrahlung sind Maßnahmen zu treffen. Beispielsweise sollen 

Fenster, Oberlichter und Glaswände eine ausreichende Tageslichtversorgung gewährleisten. Zugleich ist eine störende Blendung und Erwärmung zu vermeiden. Wenn sich die Raumtemperatur durch Sonneneinstrahlung auf über 26 Grad erhöht, sind diese Bauteile mit Sonnenschutzsystemen auszurüsten (siehe ASR A3.5 Ziffer 4.3 Abs. 3).

Bei mehr als 26 Grad sind Maßnahmen zu treffen, wie die Schließung der Jalousien nach der Arbeitszeit, Nachtauskühlung, Reduzierung des Einsatzes elektrischer Geräte, Lüftung am Morgen, Gleitzeitregelung und Lockerung der Bekleidungsregelung. Schließlich ist auch an die Bereitstellung geeigneter Getränke zu denken.

Die Schwelle von 26 Grad ist eine Sollvorschrift. Überschreitet die Lufttemperatur im Raum 30 Grad, müssen wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Beanspruchung der Beschäftigten ergriffen werden.

zwingend technische Maßnahmen ab 35 Grad

Eine weitere Schwelle gilt bei einer Raumlufttemperatur von mehr als 35 Grad. In diesem Fall ist der Arbeitsraum ohne technische Maßnahmen (z.B. Luftdusche oder Wasserschleier) oder organisatorische Maßnahmen (Entwärmungsphasen) oder durch Pausen oder persönliche Schutzausrüstungen nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.

 



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