Der Sachverhalt:
Der Kläger des Verfahrens ist Verkaufsberater bei British Gas in Großbritannien. Sein monatliches Arbeitsentgelt setzt sich aus einem Grundgehalt und Provisionen für die jeweils getätigten Verkäufe zusammen, wobei die Provisionen durchschnittlich rund 60 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen.
Die Beklagte zahlte dem Kläger ein Urlaubsentgelt nach Maßgabe des Grundgehalts und der in den Wochen vor dem Urlaub verdienten Provisionen. Nach dem Urlaub bekam der Kläger nur sein Grundgehalt ausgezahlt, da er während des Urlaubs keine Verkaufsabschlüsse tätigen und damit auch keine Provisionen verdienen konnte.
Mit seiner Klage wehrte sich der Kläger gegen die urlaubsbedingten Einbußen bei seinem Arbeitsentgelt. Das mit der Klage befasste britische Gericht legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Provisionen beim Urlaubsentgelt zu berücksichtigen sind und wie der geschuldete Betrag ggf. zu berechnen ist.
Der EuGH bejahte den ersten Teil der Vorlagefrage und gab Hinweise für die richtige Berechnung des Urlaubsentgelts.
Die Gründe:
Bezieht ein Arbeitnehmer – wie hier – eine Provision, die sich nach getätigten Verkäufen bemisst, so ist diese in die Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen. Der finanzielle Nachteil darf auch nicht hinausgeschoben werden, indem der Arbeitnehmer nach seinem Urlaub nur das Grundgehalt bezieht, weil er während des Urlaubs keine Verkäufe tätigen und damit auch keine Provision verdienen konnte.
Dass solche Provisionen anzurechnen sind, ergibt sich aus dem Zweck der Arbeitszeit-Richtlinie (RL 2003/88/EG). Mit dem hier manifestierten Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr soll die Erholung der Arbeitnehmer sichergestellt werden. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn das während des Urlaubs gezahlte Gehalt mit dem in Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist. Denn finanzielle Einbußen während des Urlaubs können dazu führen, dass Arbeitnehmer auf den Urlaub verzichten.
Für die Berechnung des Urlaubsentgelts kann auf einen Mittelwert aus einem nach dem nationalen Recht als repräsentativ geltenden Referenzzeitraum abgestellt werden.
Der Hintergrund:
In Deutschland existiert mit § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bereits eine den Vorgaben des EuGH entsprechende gesetzliche Regelung. Hiernach bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bedeutung hat die EuGH-Entscheidung aus deutscher Sicht daher vor allem für hiesige Unternehmen mit Tochtergesellschaften in solchen EU-Ländern, in denen Provisionen gezahlt werden. (Quelle: EuGH Pressemitteilung Nr. 76/14 vom 22.5.2014 Aktenzeichen: C-539/12)