Verfassungsgericht entscheidet über Abmahnung

Verbietet eine kommunale Kindertagesstätte einer muslimischen Erzieherin, ein Kopftuch zu tragen, verstößt die Kita damit gegen das Grundgesetz. Denn diese arbeitsrechtliche Sanktionierung verletzt die Glaubens- und Bekenntnisfreiheit der Erzieherin – so das Bundesverfassungsgericht.

Mit der Entscheidung hat das BVerfG klargestellt, dass ein Gesetz aus Baden-Württemberg verfassungskonform auszulegen ist. Eine Erzieherin hatte sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde sowohl gegen die Abmahnung des Arbeitgebers gewandt, die sie wegen des Kopftuchs erhalten hatte, als auch gegen die Entscheidungen der Arbeitsgerichte zur Abmahnung.

Abmahnung als Beschwerdegegenstand ungeeignet

Das BVerfG stellte klar, dass die Abmahnung an sich – selbst wenn sie von einem kommunalen Arbeitgeber ausgesprochen wird – kein Akt staatlicher Gewalt ist, gegen den sich eine Verfassungsbeschwerde richten könne. Die im Übrigen zulässige Verfassungsbeschwerde war allerdings weitgehend begründet.

Entscheidungen der Arbeitsgerichte verstoßen gegen Grundrechte

Das Gesetz hatte auf den Einrichtungsfrieden und die Neutralität des öffentlichen Einrichtungsträgers hingewiesen. »Allein das Tragen eines „islamischen Kopftuchs“ begründet eine hinreichend konkrete Gefahr auch im Kindergartenbereich im Regelfall nicht. Denn vom Tragen einer solchen Kopfbedeckung geht für sich genommen noch kein werbender oder gar missionierender Effekt aus. Ein „islamisches Kopftuch“ ist in Deutschland nicht unüblich, sondern spiegelt sich im gesellschaftlichen Alltag vielfach wieder. Die bloß visuelle Wahrnehmbarkeit ist in Kindertagesstätten ebenso hinzunehmen, wie auch sonst grundsätzlich kein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf besteht, von der Wahrnehmung anderer religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse verschont zu bleiben.«
(BVerfG, 18.10.2016 – Aktenzeichen: 1 BvR 354/11)