Fristlose Kündigung wirksam

Wer als Arbeitnehmer den aktuellen und den früheren Geschäftsführer eines kleinen Familienunternehmens als „soziale Arschlöcher“ bezeichnet, muss um seinen Job bangen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat in seinem Urteil vom 24.01.2017 (AZ: 3 Sa 244/16) klargestellt, dass diese Äußerung regelmäßig einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstelle. Dem Arbeitnehmer könne daher sogar ohne vorherige Abmahnung fristlos gekündigt werden.
Der Kläger war seit 1992 bei der Beklagten als Gas- und Wasserinstallateur beschäftigt. Dort arbeiteten neben dem Kläger zwei weitere Facharbeiter, ein Auszubildender, zwei Geschäftsführer und deren Mutter.
Im Februar 2016 ging der Kläger in das Büro der Geschäftsführer, um Fragen zu einer Baustelle zu klären. Anwesend war auch der Vater der beiden, der das Unternehmen zuvor als Geschäftsführer geleitet hatte. Der Kläger wandte sich an diesen, da der Sohn telefonierte. Im Gespräch äußerte der Senior-Geschäftsführer u.a., der Kläger könne das Problem möglicherweise mit Wissen aus einer früheren Seemannstätigkeit lösen. Dies empfand er als sarkastische Provokation. Als der Kläger den Raum verließ, sagte der Sohn sinngemäß „Kinderkram/Sind wir hier im Kindergarten?“.
Am nächsten Tag suchte der Kläger erneut den Geschäftsführer auf. Es kam zu einem Wortgefecht. Der Kläger sagte, der Vater des Geschäftsführers habe sich tags zuvor „wie ein Arsch“ verhalten und der Sohn sei auf dem besten Wege, ihm den Rang abzulaufen. Auf die Aussage des Sohnes, bei einer Kündigung des Klägers als „soziale Arschlöcher“ dazustehen, erwiderte der Kläger, dies sei der Betrieb bereits.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß. Mit seiner hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage trug der Kläger vor, er sei vom Senior-Geschäftsführer provoziert worden und habe seine Aussagen im Affekt getätigt. Es liege zudem keine schwerwiegende Beleidigung, sondern eine von der Meinungsfreiheit gedeckte Aussage vor.
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG wiesen die Klage ab.
Eine grobe Beleidigung wie die Bezeichnung als „soziale Arschlöcher“ stellt einen wichtigen Kündigungsgrund i.S.d. Vorschrift dar. Diese kann nicht, wie der Kläger meint, durch eine Provokation seitens des Senior-Geschäftsführers entschuldigt werden, denn dessen Äußerungen hielten sich im sachlichen Rahmen. Auch erfolgten die Äußerungen des Klägers nicht in einer Affektsituation. Zwischen dem Gespräch mit dem Vater und dem Zusammentreffen mit dem Geschäftsführer am nächsten Morgen lagen etwa 16 Stunden, in welchen sich der Kläger eine sachliche Klärung der Situation hätte überlegen können.
Trotz der langen Betriebszugehörigkeit des Klägers und seiner Rentennähe war der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist (sieben Monate) nicht zumutbar. Zum einen hat der Kläger sich in keiner Form einsichtig gezeigt, zum anderen ist es in einem Familienbetrieb dieser Größe nicht möglich, sich aus dem Weg zu gehen und die Geschäftsführerfamilie wäre über den gesamten Zeitraum mit den Nachwirkungen der Aussage des Klägers konfrontiert gewesen.
Auch die fehlende vorherige Abmahnung steht der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Dieser bedurfte es aufgrund der Schwere der Pflichtverletzung und des Wiederholungsrisikos nicht.
Deshalb gilt: man darf alles denken, aber noch lange nicht sagen.