BAG schließt Nachwirkung ausdrücklich aus

In dem konkreten Fall hatten sich Arbeitgeber und Betriebsrat darauf verständigt, bei der Eingruppierung von neu in der Buchbinderei und im Versand eingestellten Arbeitnehmern künftig die gleichen Kriterien wie bei den bereits beschäftigten Arbeitnehmern anzuwenden. Zwischenlohngruppen sollten erst nach Ablauf einer entsprechenden Einarbeitungs- und Anlernphase von in der Regel sechs Monaten gewährt werden. Diese Regelung wurde angewandt, bis sie der Arbeitgeber fristgerecht kündigte. Der Betriebsrat wollte jetzt (anlässlich einer Neueinstellung) feststellen lassen, dass die getroffene Regelungsabrede nachwirkt.

Das BAG dazu:
„Die in § 77 Abs. 6 BetrVG für Betriebsvereinbarungen angeordnete Rechtsfolge der Weitergeltung normativer Regelungen lässt sich auf Regelungsabreden der Betriebsparteien, selbst wenn diese in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit getroffenen wurden, nicht übertragen. Im Gegensatz zu einer Betriebsvereinbarung wirken diese nicht nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer im Betrieb ein. Um eine rechtliche Wirkung auch gegenüber den Arbeitnehmern zu erzielen, muss der Arbeitgeber die mit dem Betriebsrat vereinbarte Absprache entweder vertragsrechtlich oder durch Ausübung seines Weisungsrechts umsetzen. Eine „Weitergeltung“ der Regelungsabrede nach ihrem Ablauf könnte damit nur im Verhältnis der Betriebsparteien zueinander wirken. Dies ordnet § 77 Abs. 6 BetrVG jedoch nicht an. Die gesetzlich vorgesehene Nachwirkung zielt auf die unmittelbare Geltung von Regelungen im Verhältnis zum Arbeitnehmer, nicht jedoch auf die Ausgestaltung des Verhältnisses der Betriebsparteien.“

Wie können jetzt Mitbestimmungsrechte gesichert werden?
Hierzu gibt das BAG einen klaren Hinweis an beide Seiten: „Dem Arbeitgeber obliegt es in diesem Fall, sich um eine neue Einigung mit dem Betriebsrat, erforderlichenfalls mit Hilfe der Einigungsstelle, in der mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit zu bemühen. Dem Betriebsrat seinerseits steht im Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung ein Initiativrecht und für den Fall, dass der Arbeitgeber sich mitbestimmungswidrig verhält, die Möglichkeit zu, die betriebsverfassungsrechtliche Ordnung über § 23 Abs. 3 BetrVG oder mit Hilfe des allgemeinen Unterlassungsanspruchs sicherzustellen“ Das heißt übersetzt: Kein Vertrauen auf eine (abgelaufene) Regelungsabrede, sondern neu verhandeln, sofern die Angelegenheit mitbestimmungspflichtig ist.