Vertraulichkeit im kleinen Kreis

Der Arbeitgeber, ein Verein der überwiegend in der Flüchtlingshilfe tätig ist und von vielen Ehrenamtlichen unterstützt wird, erhielt Kenntnis über einen bei WhatsApp geführten Chat. Dort äußerten sich der technische Leiter ebenso wie andere Beschäftigte in menschenverachtender Weise über Geflüchtete und herabwürdigend über Helferinnen und Helfer. Hierüber wurde auch in der Presse berichtet. Daraufhin kündigte der Verein u.a. das Arbeitsverhältnis mit dem technischen Leiter fristgemäß.

Das LAG hat die Kündigung für unwirksam erklärt aber das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst.

Die Begründung des Gerichts

„Zwar ist eine gerichtliche Verwertung der gefallenen Äußerungen im Gerichtsverfahren zulässig. Eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung kann jedoch nicht festgestellt werden, weil eine vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fällt. Um eine solche geht es hier, da diese in sehr kleinem Kreis mit privaten Handys erfolgt und erkennbar nicht auf Weitergabe an Dritte, sondern auf Vertraulichkeit ausgelegt gewesen ist. Besondere Loyalitätspflichten bestehen nicht, weil der Gekündigte als technischer Leiter keine unmittelbaren Betreuungsaufgaben wahrzunehmen hat.“

Auflösung Arbeitsverhältnis

Das Arbeitsverhältnis wurde dennoch auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise möglichen gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses liegen hier vor. Es ist i.S.d. § 9 Kündigungsschutzgesetz keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zu erwarten. Da die schwerwiegenden Äußerungen öffentlich bekannt geworden sind, kann der Verein bei Weiterbeschäftigung dieses technischen Leiters nicht mehr glaubwürdig gegenüber geflüchteten Menschen auftreten. Außerdem wäre er bei der Gewinnung ehrenamtlicher Unterstützung und hauptamtlichen Personals beeinträchtigt. Bei der Bemessung der Abfindung hat das LAG ein Auflösungsverschulden des Gekündigten berücksichtigt, das sich allerdings wegen der intendierten Vertraulichkeit der Äußerungen mindert. (LAG Berlin-Brandenburg v. 19.7.2021 – 21 Sa 1291/20)