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Schlagwort-Archiv: Betriebsrat

„Kollegenschwein“ und fristlose Kündigung

In einem Wiedereingliederungsgespräch gab der Kläger (GdB 30) an, dass er seinen Vorgesetzten, den Teamleiter nicht akzeptiere und nannte ihn ein „Kollegenschwein“. Nachdem der Kläger sich mit dem Betriebsratsmitglied R beraten hatte, stimmte er aber der Beschäftigung im bisherigen Team zu. Die Firma kündigte ihm aber wegen grober Beleidigung. Allerdings wäre, so das LAG Köln, eine Abmahnung aus Gründen der Verhältnismäßigkeit eine geeignete und angemessene Reaktion der Beklagten gewesen wäre.

Steuerbares Verhalten Da es sich bei der Beleidigung um ein steuerbares Verhalten handelt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das zukünftige Verhalten des Klägers durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass eine Verhaltensänderung – z. B. mangels Einsichtsfähigkeit – nicht zu erwarten war. Es handelte es sich um einen einmaligen Vorfall – auch wenn ggfs. zweimal geäußert – im Rahmen einer aus Sicht des Klägers wegen des Versetzungsbegehrens aufgrund der bisherigen Arbeitsbedingungen angespannten Gesprächssituation. Hinreichende Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr bestehen nicht.


KEIN SICHERER HAFEN – Safe Harbour-Abkommen mit den USA unwirksam – Entscheidung Europäischer Gerichtshof vom 06.10.2015 und Aufgabe von Betriebsräten –

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ent­schieden, dass Transfers perso­nenbezogener Daten in die USA nicht mehr auf Grundlage der sog. „Safe Harbour”-Grundätze erfolgen dürfen (EuGH vom 06.10.2015 – C-362/14), da die pauschale Frei­gabe der EU-Kommission mit Entscheidung 2000/520 nicht wirk­sam ist. Die EU-Kommission hatte dagegen das Abkommen mit den USA als „angemessenes Schutzniveau“ betrachtet.

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Personalabbau kein ‚Geschäftsgeheimnis‘ – LAG gibt Betriebsrat recht

Es seien ‚Unruhe und Befürchtungen‘ im Unternehmen bereits präsent, meinte der Arbeitgeber. Tage später veröffentlichte der SPIEGEL einen Artikel: „Astra Zeneca verpasst Betriebsrat Maulkorb“. Der Betriebsrat beantragte schließlich beim Arbeitsgericht Elmshorn die Feststellung, dass ein Personalabbau kein Geschäftsgeheimnis ist. Sowohl Arbeitsgericht, als auch Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Beschluss v. 20.05.2015) gaben dem BR Recht. In der Begründung führt das LAG aus: „Verhandlungen über einen Interessenausgleich und diesen zugrundeliegenden Planungen zur Personalreduzierung können nicht per se wirksam zu einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis nach § 79 BetrVG erklärt werden.“ Das Gericht weiter: „Es muss ein sachliches und objektiv berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung vorliegen. Fehlt es an objektiven Merkmalen, greift die besondere Schweigepflicht nicht ein.“ Zusammenfassend stellt das LAG fest: „Ein Betriebsrat muss nicht vom Beginn der Unterrichtung im Sinne des § 111 BetrVG bis zum Ende der Interessenausgleichsverhandlungen schweigen. Zu den Aufgaben des Betriebsrates gehört es, im Rahmen seiner Zuständigkeit die Belegschaft umfassend und grundlegend zu informieren.“ (LAG Schleswig-Holstein v. 20.05.2015 – 3 TaBV 35/14)


Befragung sachkundiger Arbeitnehmer – ohne Anwesenheit des Arbeitgebers

In dem konkreten Fall wollte der Betriebsrat eines Krankenhauses einen externen EDV-Sachverständigen hinzuziehen, der Arbeitgeber benannte drauf hin vier „sachkundige Arbeitnehmer“, die vorher zu Rate zu ziehen waren. Bei deren Befragung durch den Betriebsrat wollte allerdings der Verwaltungsdirektor anwesend sein.
Wie das Bundesarbeitsgericht hervorhebt, dient die Einbeziehung von Auskunftspersonen nach § 80 Abs. 2 Satz 3 BetrVG der Wissensvermittlung durch betriebsangehörige Arbeitnehmer. Sie dient allerdings nicht der Begrenzung der von Arbeitgeber zu tragenden Kosten für die Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 2 Satz 3 BetrVG.
Der Arbeitgeber ist auch verpflichtet, die Auskunftspersonen für die Befragung durch den Betriebsrat freizustellen. „Die Wahrnehmung der Aufgaben einer Auskunftsperson iSd. § 80 Abs. 2 Satz 3 BetrVG gehört“, so das BAG, „regelmäßig zu den Aufgaben, die der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gegenüber kraft seines Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) anordnen kann.“ Er kann dann allerdings auch den Gegenstand und Umfang der zu erteilenden Auskünfte bestimmen. Diese binden die Arbeitnehmer bei der Beantwortung der ihm vom Betriebsrat gestellten Fragen.
(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. Januar 2015 – 1 ABR 25/13)


Betriebsrat hat Anspruch auf Mobbing-Seminar ….schon wenn sich Konflikte abzeichnen

In dem konkreten Fall war ein Mitarbeiter nach einer “ausgeheilten” Suchterkrankung wiederholt von einem anderen Mitarbeiter angerempelt, abschätzig behandelt (“wir kennen ja dein Problemchen”) und gegenüber anderen Mitarbeitern verunglimpft worden.
Herausgestellt wurde vom BAG, dass „schon die Darlegung von Konflikten“ ausreichend ist, “die als Vorstufen eines etwaigen Mobbingverhaltens anzusehen sind“ und so einen Schulungsbedürfnis begründen. So kann auch der Betriebsrat aufgrund ihm bekanntgewordener Konflikte initiativ werden wollen, um etwa durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung der Entstehung von Mobbing oder weiteren Mobbingfällen entgegenzuwirken. Insgesamt wurde anerkannt, dass ein Betriebsrat „für die Wahrnehmung seiner Aufgaben bei konkreten Konfliktlagen nicht nur rechtliche, sondern auch soziale und psychologische Problemstellungen beurteilen muss“. Dies selbst dann, wenn im Betrieb bereits eine Suchtberatung vorhanden ist.
(Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 14. Januar 2015 – 7 ABR 95/12)


Personalabbau kein „Geschäftsgeheimnis“

Die Astra Zeneca, ein Unternehmen der Pharma-Industrie, verlangte vom Betriebsrat, die Information über einen geplanten Personalabbau von 285 Stellen im Außendienst als „streng vertrauliches Geschäftsgeheimnis“ zu behandeln (geheimhaltungsbedürftig nach § 79 BetrVG). Es seien ‚Unruhe und Befürchtungen‘ im Unternehmen bereits präsent. Der Betriebsrat teilte dennoch unter dem Betreff „geheim“ der Belegschaft mit, dass er über ‚geplante mitbestimmungspflichtige Maßnahmen‘ informiert worden sei. Tage später veröffentlichte der SPIEGEL einen Artikel:“ Astra Zeneca verpasst Betriebsrat Maulkorb“.

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Betriebsänderung durch Einführung standardisierter Abläufe – LAG Schleswig-Holstein akzeptiert vorsorglichen Sozialplan

Der Betriebsrat hatte eine Einigungsstelle angerufen und diese hatte einen vorsorglichen Sozialplan aufgestellt, der jetzt vom Unternehmen in Frage gestellt wurde.
Das LAG: „Auch wenn zu Beginn der Einführung eines derartigen Verfahrens iSd § 111 Satz 3 Ziff. 5 BetrVG mangels Vorliegens von Auswertungsergebnissen noch keine konkreten wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Beschäftigten geplant sind, ist ein Sozialplan in der Einigungsstelle erzwingbar. Das gilt jedenfalls nach Scheitern der Interessenausgleichsverhandlungen. Es reicht aus, dass die in dem erzwingbaren Sozialplan als ausgleichsfähig geregelten Nachteile gerade objektiv durch diese Betriebsänderung möglicherweise verursacht werden.“ LAG Schleswig-Holstein Beschluss v. 22.01.2014 – 3 TaBV 38/13

Anmerkung: Die Entscheidung zeigt die Notwendigkeit, bereits im Vorfeld der Einführung „neuer Fertigungsverfahren“ eine Absicherung über einen Sozialplan zu verhandeln.


Betriebsrat hat Anspruch auf Mobbing-Seminar

„Der Betriebsrat darf eine Schulung zum Thema Mobbing für erforderlich halten, wenn im Betrieb Konfliktlagen bestehen, aus denen sich Mobbing entwickeln kann“, so entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) hinsichtlich der Seminarteilnahme eines stellvertretenden BR-Vorsitzenden in einem Betrieb mit rd. 600 Beschäftigten. In dem konkreten Fall war ein Mitarbeiter nach einer “ausgeheilten” Suchterkrankung wiederholt von einem anderen Mitarbeiter angerempelt, abschätzig behandelt (“wir kennen ja dein Problemchen”) und gegenüber anderen Mitarbeitern verunglimpft worden.

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Betriebsrat hat Anspruch auf Vorlage aller Online-Bewerbungen – Alle Bewerberunterlagen müssen vorgelegt werden

Dem Betriebsrat eines Filialbetriebes in Flensburg wurde bekannt, dass sich über ein zentrales Online-Portal eine Mitarbeiterin (fälschlicherweise) für die Tätigkeit in einer süddeutschen Filiale beworben hatte, obwohl sie selbst in Flensburg wohnt. Ihre Bewerbung war jedoch im Recruitment-Center aussortiert worden. Der Betriebsrat verlangte nun, anlässlich einer Stellenbesetzung, dass ihm auch die „vorab aussortierten“ Bewerbungen vorgelegt werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht gab dem Betriebsrat Recht. „Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber die Unterlagen bezüglich aller Stellenbewerber – auch der nicht berücksichtigten oder abgelehnten – vorzulegen. Nur so kann der Betriebsrat seiner gesetzlichen Prüfungspflicht genügen .’Damit sind alle Stellenbewerber auch Beteiligte, über deren Person Auskunft zu geben ist. Auch derjenige, der sich auf eine Stelle bewirbt, deren Anforderungsprofil oder Qualifikationsvoraussetzungen er nicht erfüllt und damit – ggf. sogar offensichtlich oder objektiv – für die Stelle ungeeignet ist, bringt sein Interesse an dem ausgeschriebenen Arbeitsplatz zum Ausdruck. Es kommt für die Unterrichtungspflicht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nicht darauf an, ob der für die Einstellungsentscheidung zuständige Store-Manager Kenntnis von der Bewerbung hat und ob ihm die Bewerbungsunterlagen zur Verfügung gestellt wurden. Es kommt vielmehr darauf au, dass dem Arbeitgeber im automatisierten Verfahren entsprechende Bewerbungen vorgelegen haben. (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 1 ABR 10/13)


Organisation im Arbeitsschutz – Missverständliche Entscheidung des BAG

Hierbei steht ihm (dem BR) kein Handlungsspielraum zu. Das schließt nach dem Eingangshalbsatz des § 87 Abs. 1 BetrVG auch ein Mitbestimmungsrecht in Angelegenheiten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes aus.“ (BAG v. 15.04.20014 – Az.: 1 ABR 82/12) Also keine Mitbestimmung beim Arbeitsschutz? Natürlich doch. Hier geht es nur um den Arbeitsschutzausschuss, der nach Gesetz (§ 11 ASiG) zwingend einzurichten ist. Allgemein hat der BR nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen. Dies gilt immer dann, wenn dem Arbeitgeber bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. Dies spielte z.B. auch eine Rolle in der Entscheidung des BAG v. 18.03.2014 – Az.: 1 ABR 73/12. In dem dortigen Fall hatte der Arbeitgeber (Installation und Wartung von Aufzügen) die Pflichten des Arbeitsschutzes für die gewerblichen Arbeitnehmer auf die im Betrieb beschäftigten Meister übertragen. Zugleich gab sie den Meistern auf, die entsprechenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf die ihnen unterstellten Mitarbeiter mit Vorgesetztenstellung zu delegieren. Den Betriebsrat beteiligte der Arbeitgeber nicht, so dass der BR im Verfahren geltend machte, bei der Schaffung einer Organisation zum betrieblichen Arbeitsschutz mitzubestimmen. Dies erkannte das BAG an: „Die eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats.“


Anspruch auf Fachzeitschriften – LAG Ba-Wü für Waffengleichheit

In dem Betrieb mit 235 Beschäftigten (im Konzern sind es ca. 1.000) war Streit zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat darüber entbrannt, ob dem BR regelmäßig die Zeitschriften Arbeitsrecht im Betrieb (AiB) und Arbeit und Recht (AuR) aus dem BUND-Verlag als Informationsmittel für seine Tätigkeit zur Verfügung zu stellen sind. Das Gericht stellte zunächst klar: „Dem Betriebsrat obliegt die Prüfung, ob ein von ihm verlangtes Sachmittel oder die von ihm verlangte Informations- und Kommunikationstechnik zur Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich ist und vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist.“ Dabei sind die Interessen der Belegschaft und die Begrenzung der Kostentragungspflicht für den Arbeitgeber abzuwägen. Den Zeitschriftenbezug erkannte das Gericht mit der Begründung an: „Neben arbeitsrechtlichen Gesetzen und den entsprechenden Kommentaren jedenfalls zum BetrVG, sind auch Zeitschriften zur Aufgabenerfüllung dienlich, die geeignet sind, dem Betriebsrat die für seine Tätigkeiten notwendigen Informationen zu vermitteln. Die dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben lassen sich sachgerecht nur durch laufende und aktuelle Unterrichtung über die mit den Aufgaben und Problemstellungen zusammenhängenden arbeits- und sozialrechtlichen Entwicklungen in Rechtsprechung und Gesetzgebung sowie insbesondere Erkenntnissen über mögliche Handlungsspielräume bei der Wahrnehmung der Aufgaben nach dem Betriebsverfassungsgesetz lösen.“ Da der Arbeitgeber das Stichwort „Waffengleichheit“ eingeführt hatte, stellte das Gericht klar: „Das Ausstattungsniveau des Arbeitgebers hat keinen Einfluss auf die Notwendigkeit der Sachmittel für den Betriebsrat. Es gibt keine Waffengleichheit nach unten.“ Allerdings wurde der Bezug der AuR abgelehnt, nach dem Motto: Eine Zeitschrift reicht doch wohl. (Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig)



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