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Schlagwort-Archiv: Corona

Kurzarbeit

Die Bundesagentur für Arbeit hat die Folgen der Ausbreitung des Corona-Virus als „unabwendbares Ereignis“ (im Sine § 96 SGB II) anerkannt. Es kann Kurzarbeit angemeldet werden, ohne dass weitere wirtschaftliche / strukturelle Gründe vorliegen müssen. Dies sogar rückwirkend ab 01.03.2020. Ein Ausfall von 10 % (bisher: 1/3) der Arbeit ist ausreichend. (www.bmas.de/DE/Presse/Meldungen/2020/mit-kurzarbeit-gemeinsam-beschaeftigung-sichern.html)

Alle Betriebe, die Auftragsschwankungen befürchten müssen, sollten Kurzarbeit anmelden. Kurzarbeit ist – wie im Jahr 2009 – quasi als „konjunkturpolitisches Mittel“ anzusehen, den Unternehmen über die Krise zu helfen („Verschnaufpause dank Kurzarbeit“, IAB-Bericht 14/2009). Betriebsräte haben ein Initiativrecht zur Einführung von Kurzarbeit, u.a. um Entlassungen zu vermeiden.

Müssen Stundenkonten abgebaut und muss erst einmal Urlaub genommen werden?

Meistens nein. Urlaub darf nicht angeordnet werden (siehe oben), was auch die Arbeitsagentur nicht verlangen kann, insbesondere dann nicht, wenn der Jahresurlaub schon geplant ist. (Stichwort: „Sozialrecht verdrängt nicht das Arbeitsrecht“; Bieback in: Gagel, SGB III-Kommentar). Nur alter Urlaub ist zu nehmen. Wenn Stundenkonten regelmäßig einen Plussaldo aufweisen, zeigt dies den dauerhaften Arbeitsbedarf. Es gibt also sog. „privilegierte Arbeitszeitguthaben“ (z.B. Gleitzeitguthaben oder Guthaben, die länger als ein Jahr bestehen oder für eine Frühpensionierung), die nicht eingesetzt werden müssen (§ 96 Abs. 4 SGB III). Es müssen auch keine „Minus-Stunden“ aufgebaut werden.


Betriebsratssitzungen

Wir werden oft gefragt, wie der Betriebsrat, etwa bei (vorübergehender) Schließung des Betriebs, seine Arbeit durchführen soll. Natürlich muss die Betriebsrats-Arbeit weitergehen. Kann der Betrieb nicht betreten werden oder befinden sich Betriebtsrats-Mitglieder in Quarantäne, kann also tatsächlich keine Sitzung durchgeführt werden, muss ausnahmsweise auf Video- oder Telefonkonferenz zurückgegriffen werden. Es ist aber vorab mit dem Arbeitgeber zu klären, diese Beschlüsse durch ihn nicht anzufechten (notwendig: Regelungsabrede). Solche Beschlüsse sollten dann immer in einer späteren Präsenz-Sitzung bestätigt werden.


Aktuelle Wahlverfahren

Teilweise laufen aktuell Wahlverfahren. Ein Beschluss, „Briefwahl für alle“ ist unzulässig. Es muss immer ein Wahllokal zur persönlichen Stimmabgabe geben. Jeder WV kann natürlich z.B. durch tägliche Mails die Belegschaft auffordern, die Briefwahlunterlagen anzufordern. Lässt sich – im Einzelfall – eine ordnungsgemäße Wahl nicht mehr gewährleisten, sollte der Wahlvorstand die Wahl abbrechen (möglichst natürlich nach Abstimmung mit den Listenvertretern).


„Besondere Lage“

Da sich die Dauer und die Auswirkungen der aktuellen Krise nicht vorausahnen lassen, empfehlen wir Betriebsräten insbesondere, mit den Geschäftsführungen / Personalabteilungen einen laufenden Austausch über geplante Maßnahmen zu organisieren. Für Vieles wird auch der BR Verständnis aufbringen. Andererseits sollte nicht die Belegschaft zu stark „gebeutelt“ werden oder etwa allein die Krisenfolgen tragen.

Wir wünschen allen eine glückliche Hand und stehen für Fragen und Auskünfte, auch spontan, selbstverständlich weiter zur Verfügung.

Ihr Team von Gaidies Heggemann & Partner

Alte Entscheidungen zum „Betriebsrisiko“ (ein wenig auch zum Schmunzeln…)

  • Eine in einem Tanzlokal engagierte Tanzkapelle durfte 1934 wegen des Verbots öffentlicher „Lustbarkeiten“ (Staatstrauer nach Hindenburgs Tod) nicht auftreten. Sie behielt aber ihren Lohnanspruch. Dem Tanzlokal wohne also das besondere „betriebliche“ Risiko inne, solche Maßnahmen erdulden zu müssen, so das Reichsarbeitsgericht.
  • Das BAG (30.5.1962, AP BGB § 615 Betriebsrisiko) hat ähnliches bei einer Landestrauer wegen eines Brandunglücks in Nürnberg im Jahr 1963 entschieden.
  • Gleiches gilt bei einem Flugverbot aufgrund einer Aschewolke oder einem auf einen einzelnen Betrieb bezogenen Verbots wegen Smogalarms.
  • Wird der Betrieb aufgrund bankaufsichtsrechtlicher Maßnahmen vorüber gehend eingestellt, so trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko und muss den Lohn weiterzahlen (LSG Hessen v. 20.8.2010).

Welche Schutzmaßnahmen muss/kann der Arbeitgeber gegenüber seinen Mitarbeitern ergreifen?

Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer verpflichtet, geeignete Schutzvorkehrungen im Betrieb zu treffen (§§ 618, 241 Abs. 2 BGB, 3 ArbSchG). Dies betrifft z.B. das Zurverfügungstellen von Desinfektion an Toiletten und Eingängen sowie der Aufklärung zu Hand- und Nies/Husthygiene. Weitere mögliche Schutzmaßnahmen sind insbesondere: Atemschutzmasken, das Isolieren von Rückkehrern aus Risikogebieten, kleinere Arbeitsgruppen, weniger Agilität, eine aktive Informationspolitik, die Abstimmung eines Notfallprotokolls/Pandemieplans und der Verzicht auf AU-Bescheinigung bei Grippesymptomen. Die Frage welche Schutzvorkehrungen der Arbeitgeber treffen muss, bemisst sich nach der konkreten Gefährdungslage im jeweiligen Betrieb.

Die mittels des Direktionsrechtes angeordneten Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers sollten ohne vorherige rechtliche Prüfung befolgt werden, sofern die Weisung nicht offensichtlich rechtswidrig sind (§ 106 GewO, §15 ArbSchG). Denn das Risiko, dass eine Anweisung doch wirksam gewesen ist und somit gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen wurde, trägt der Arbeitnehmer.




Darf ich zu Hause bleiben, wenn die Kita oder Schule meines Kindes geschlossen ist?

Arbeitnehmern mit Kindern, die eine notwendige Betreuung der mit ihnen in einem Haushalt lebenden Kinder nicht gewährleisten können, haben die Möglichkeit ihre Arbeitsleistung zu verweigern und für eine nicht unverhältnismäßige Zeit unter Fortzahlung ihres Gehaltes Zuhause zu bleiben; die Rechtsprechung reicht hier von einigen Tagen bis zu einer Woche (§ 616 BGB). Voraussetzung ist aber stets, dass eine Betreuung durch Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandte nicht möglich ist.



Darf der Arbeitgeber mobile Arbeit anordnen oder mich ins Home-Office schicken?

Der Arbeitgeber kann gegenüber dem Arbeitnehmer grundsätzlich nicht einseitig aufgrund des Weisungsrechtes mobile Arbeit oder Arbeit im Home-Office anordnen. Ebenfalls besteht keine Treuepflicht des Arbeitnehmers zur Arbeit in den eigenen vier Wänden. Das Risiko, den Arbeitnehmer nicht beschäftigen zu können trägt der Arbeitgeber, der insoweit auf eine bezahlte Freistellung oder ein Einverständnis des Arbeitnehmers angewiesen ist. Etwas anderes gilt nur, wenn Arbeit außerhalb des Betriebs vertraglich vereinbart ist.



Kann der Arbeitgeber insbesondere bei Lieferengpässen Kurzarbeit anordnen?

Der Arbeitgeber kann bei einem „vorübergehendem Arbeitsmangel“ aufgrund von Lieferengpässen die Gewährung von Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit beantragen. Zur Anordnung bedarf es einer Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat, die insbesondere Regelungen zur Aufstockung des Kurzarbeitergeldes und gerechte Regelungen zur Verteilung der Unterkapazitäten auf die Arbeitnehmer und Abteilungen enthalten sollte.



„Arbeitsunfall“ im Home Office

Ein Thema, das nicht nur zu Corona-Zeiten immer wieder Fragen aufwirft. Das Arbeiten im Homeoffice erfolgt zu anderen Bedingungen als die Arbeit im Büro. Verunfallt ein Arbeitnehmer auf einem Weg im Homeoffice und stürzt, so ist juristisch zu klären, ob es sich um einen Betriebsweg handelt.

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