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Schlagwort-Archiv: return to office

Keine Änderung der Home-Office-Regeln ohne Mitbestimmung des Betriebsrats

Keine einseitige Anordnung von Präsenztagen.

Die Betriebsparten hatten im Juli 2016 eine Betriebsvereinbarung über flexible Arbeitszeit abgeschlossen. Diese ermöglichte auf freiwilliger Basis in Abstimmung mit dem Vorgesetzten ein Arbeiten außerhalb der Betriebsräume (Mobiles Arbeiten) Der deutlich überwiegende Teil der Arbeitszeit sollte am regelmäßigen Arbeitsplatz geleistet werden.

Während der Corona-Pandemie hatte die Arbeitgeberin den Mitarbeitern sodann die Möglichkeit eingeräumt, dass diese neben der Arbeit vor Ort nach Abstimmung mit der Führungskraft auch mobil arbeiten können und Ihnen, als sich die Pandemie verschärfte, empfohlen zu Hause zu arbeiten.

Nach Ende der Corona-Pandemie teilte die Arbeitgeberin das Auslaufen der bisherigen Regelung zum 31.03.2023 mit. Nachdem eine Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat über ein „Ende der Freiwilligkeit“ und der Umsetzung des „Return to Office“ der Gruppe ohne Ergebnis verlaufen war, hatte die Arbeitgeberin einseitig die Betriebsvereinbarung „konkretisiert“. Es wurden vier Präsenztage pro Monat auf Basis eines Präsenzkatalogs angeordnet, sowie Präsenz bei Vorliegen bestimmter betrieblicher Gründe.

Der Betriebsrat war mit dem Vorgehen nicht einverstanden und hat geltend gemacht, dass bei der Änderung der während der Corona-Pandemie geschaffenen Regeln, die aus seiner Sicht einen Anspruch auf mobiles Arbeiten eingeschlossen haben, ein Mitbestimmungsrecht bestehe. Selbst wenn die Betriebsvereinbarung von 2016 noch gelten sollte, seien die getroffenen neuen Regelungen jedenfalls nicht von dieser gedeckt.

Das LAG hat durch eine Unterlassungsverfügung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats im Eilverfahren gesichert. Der Beschluss ist als Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz unanfechtbar und damit rechtskräftig.

Die Gründe:

Dem Betriebsrat steht nach § 87 Abs. 1 BetrVG ein Anspruch auf Unterlassung der Anordnung zu Präsenzpflichten zu, die ohne seine Mitbestimmung getroffen wurde und die von der bestehenden Betriebsvereinbarung nicht gedeckt war. Bei der Wertung der im Gesetz vorgesehenen Rechte kann aus dem allgemeinen Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 BetrVG) als Nebenpflicht das Gebot abgeleitet werden, alles zu unterlassen, was der Wahrnehmung der erzwingbaren Mitbestimmung gem. § 87 BetrVG entgegensteht.

Maßnahmen in diesem Bereich soll der Arbeitgeber nach dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers nur mit Zustimmung des Betriebsrats durchführen können. Verstößt er hiergegen, entsteht eine betriebsverfassungswidrige Lage. Der Betriebsrat kann deshalb auch die Beseitigung der betriebsverfassungswidrigen Anweisung verlangen.

(LAG München v. 10.8.2023 – 8 TaBVGa 6/23)


Mitbestimmung nach Aufhebung des „Lockdown“ und die Rückkehr zum Arbeitsplatz in Zeiten von Corona

Können Beschäftigte nach Aufhebung des „Lockdown“ problemlos wieder zur Arbeit gehen (müssen)?

Der Coronavirus und die verschiedenen Varianten wie Delta werden uns wahrscheinlich noch einige Zeit begleiten. Verschiedene Arbeitsgericht verweisen weiter auf die Einhaltung notwendiger Schutzmaßnahmen.

Das Arbeitsgericht Neumünster (Beschl. v. 28.4.2020 – 4 BVGa 3a/20) hat auf Antrag des Betriebsrats in einem einstweiligen Verfügungsverfahren entschieden: Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nicht zur Arbeitsleistung heranziehen, bevor eine Einigung mit dem Betriebsrat über die Dienstpläne (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG), über die Umsetzung der Kurzarbeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG), über die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) und über die zu ergreifenden Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG) erzielt wurde. Deshalb wurde der Betrieb wieder geschlossen und der Arbeitgeber gezwungen, Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufzunehmen.

Weitere Entscheidungen der Arbeitsgerichte

Auch andere Arbeitsgerichte (Arbeitsgericht Berlin 27.4.2020 – 46 AR 50030/20; Arbeitsgericht Stuttgart 28.4.2020 – 3 BVGa 7/20) haben entschieden, dass bei Verletzung der Betriebsratsrechte im Arbeits- und Gesundheitsschutz einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers unterbunden werden.

Anders nur das ArbG Hamm, das jedenfalls die Wiedereröffnung eines Bekleidungsgeschäfts nicht untersagt hat.

Hohes Infektionsrisiko durch Corona

Begründung der Gerichte: Das hohe Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 sei eine hohe Gefährdung der Gesundheit, die nur durch wirksame Schutzmaßnahmen gemindert werden kann und muss. Diese Maßnahmen sind vor Aufnahme der Tätigkeit der Beschäftigten mit dem Betriebsrat zu vereinbaren. Die Mitbestimmung leitet sich ab aus dem § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Verbindung mit dem § 3 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG): Danach besteht eine Handlungspflicht des Arbeitgebers, Maßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschäden zu ergreifen.

Eine derartige Handlungspflicht sah z.B. auch das Arbeitsgericht Berlin in seiner Entscheidung vom 27.4.2020 (s.o., Bezug auf § 8 BioStoffV): Der Arbeitgeber hat vor der Aufnahme der Tätigkeit Gesundheitsschutzmaßnahmen zur Abwendung oder Minderung des Infektionsrisikos zu treffen.

 



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