Wer ist eigentlich in der Pflicht nachzuweisen, dass eine Arbeitgeberkündigung auch tatsächlich dem Beschäftigen zugegangen ist? Natürlich der Arbeitgeber. In einem jetzt vom Bundesarbeitsgericht (BAG) ergangenen Urteil ging es genau darum.
Einwurfeinschreiben ausreichend?
Der Arbeitgeber argumentierte, er hätte ein Einwurfeinschreiben aufgegeben, konnte aber keinen Einlieferungsschein vorlegen. Es sei aber durch den im Internet abrufbaren sog. Sendungsstatus nachgewiesen, dass mit der entsprechenden Sendungsnummer der Klägerin die Kündigung zugestellt worden sei. Insoweit bestehe ein Anscheinsbeweis, der durch das pauschale Bestreiten der Klägerin nicht erschüttert werde, die behauptet hatte, das Schreiben nie bekommen zu haben.
Kein Anscheinsbeweis
Das BAG folgte diesem Anscheinsbeweis nicht. Es komme auf die Kenntnisnahme des entsprechenden Schreibens an. Schließlich gebe es für ein Einwurf-Einschreiben ein bestimmtes Verfahren: Der Absender eines Einwurf-Einschreibens, also hier der Arbeitgeber, müsse den Einlieferungsbeleg zusammen mit einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs als Beweis vorlegen. Nur dann könne von einem Zugang ausgegangen werden.
Abziehettikett erforderlich (sog. „Peel-off-Label“)
Schon der Bundesgerichtshof hatte ein Zustellverfahren zu beurteilen, bei dem die Ablieferung der Sendung durch deren Einwurf in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers erfolgt ist. Unmittelbar vor dem Einwurf wurde das sog. „Peel-off-Label“ (Abziehetikett), das zur Identifizierung der Sendung dient, von dem zustellenden Postangestellten abgezogen und auf einen vorbereiteten, auf die eingeworfene Sendung bezogenen Auslieferungsbeleg aufgeklebt. Auf diesem Beleg bestätigte der Postangestellte nach dem Einwurf mit seiner Unterschrift und der Datumsangabe die Zustellung. Bei Einhaltung dieses Verfahrens sei der Schluss gerechtfertigt, dass die eingelieferte Sendung tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist (vgl. BGH 27. September 2016 – II ZR 299/15 – aaO). Da hier aber der Arbeitgeber beides nicht vorlegen konnte, war kein Zugang der Kündigung erfolgt.
Bundesarbeitsgericht vom 30.01.2025 – Az: 2 AZR 68/24
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg
Tags: Abziehettikett, Arbeitsrecht, Briefkasten, Einwurfeinschreiben, Empfänger, Fachwanwalt, Kündigung, peel-of-label, Postangestellter, Zugang