Welche Regeln gelten für BR-Mitglieder in Kurzarbeit, wenn Betriebsratsarbeit anfällt? Der Gesetzgeber geht bei der Betriebsratstätigkeit von einem Ehrenamt aus, dass unentgeltlich zu führen ist (§ 37 Abs. 1 BetrVG). Der Arbeitgeber hat aber Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist (§ 37 Abs. 2 BetrVG).

Freizeitausgleich für Betriebsratstätigkeit während der Kurzarbeit

Gerade in Zeiten der Kurzarbeit steigen zugleich die Anforderungen an den Betriebsrat. Häufig werden hier zusätzliche Aufgaben auf die Betriebsratsmitglieder zukommen, selbst wenn sich diese persönlich gerade in Kurzarbeit befinden. In diesem Fall erfolgt die Betriebsratstätigkeit häufig „aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit“, denn es handelt sich dabei nicht um die betriebsübliche, sondern die individuelle Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds. Und diese persönliche Arbeitszeit ist nun einmal in Zeiten von Kurzarbeit bis auf Null eingeschränkt. Aber die erforderliche Betriebsratstätigkeit kann nicht von Kurzarbeit erfasst werden  (so auch die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit, Ziff. 95.21.
Anschaulich fasst das die Entscheidung des siebtens Senats des Bundesarbeitsgerichts (BAG 28.9.2016 – 7 AZR 248/14, NZA 2017, 335) zusammen:

„Nach § 37 I BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt als Ehrenamt. Mitglieder des Betriebsrats sind nach § 37 II BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach § 38 I BetrVG sind im dort genannten Umfang Betriebsratsmitglieder von ihrer beruflichen Tätigkeit freizustellen. Die generelle Freistellung von der beruflichen Tätigkeit gem. § 38 I BetrVG hat denselben Zweck wie die zeitweilige Arbeitsbefreiung nach § 37 II BetrVG. Beide Freistellungen sollen ausschließlich die sachgerechte Wahrnehmung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben sicherstellen. Für die Dauer der Freistellung besteht daher keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. An die Stelle der Arbeitspflicht tritt die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten. Das ist die gesetzliche Rechtsfolge der Freistellung.“

Für Mitglieder des Betriebsrats, die nicht nach § 38 BetrVG freigestellt sind und daher grundsätzlich ihrer vertraglichen Arbeitspflicht nachgehen müssen gilt: Wenn eine solche Arbeitspflicht (z.B. wegen Kurzarbeit 0) nicht besteht und dennoch erforderliche Betriebsratstätigkeit anfällt, müssen Betriebsratsmitglieder wie oben dargestellt diese erforderliche Betriebsratstätigkeit außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit ausführen. Dies wäre dann der Fall des § 37 Abs. 3 BetrVG.

Ältere  BAG-Entscheidung

Arbeitgeber argumentieren gern mit einer ältern BAG-Entscheidung (Urteil vom 26. April 1995 – 7 AZR 874/94) bei dem ein Wahlvorstandsmitglied auf das nicht ausgleichspflichtige persönliche Freizeitopfer verwiesen wird. Diese Entscheidung ist überholt u.a. durch Urteil des 7. Senates vom 15.05.2019 – 7 AZR 396/17. Darin heißt es: „Der in § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG geregelte Freizeitausgleich soll somit nicht in erster Linie eine überobligatorische Arbeitsbelastung kompensieren; vielmehr geht es vornehmlich um einen Ausgleich für die betriebsbedingte Aufopferung persönlicher Freizeit, in der das Betriebsratsmitglied üblicherweise seinen Freizeitaktivitäten nachgehen und diese entsprechend planen kann. Dieses Freizeitopfer wird unabhängig davon erbracht, ob das Betriebsratsmitglied – aus welchen Gründen auch immer – während der persönlichen Arbeitszeit zuvor vom Arbeitgeber (ganz oder teilweise) nicht zur Arbeit herangezogen wurde.“ 

Es kommt also weder darauf an, aus welchen Gründen ein Betriebsratsmitglied nicht zur Arbeitsleistung herangezogen wurde, noch darauf, ob eine überobligatorische Belastung zu kompensieren ist. Abgestellt wird allein auf das „persönliche Freizeitopfer“, das nach § 37 Abs. 3 BetrVG auszugleichen ist. Dies ist keine ‚Begünstigung‘ von BR-Mitgliedern, weil sie anders als andere Beschäftigte in Kurzarbeit eine zusätzliche Leistung erbringen.

Konsequenz: Freizeitausgleich

Die Konsequenz aus dieser Vorschrift ist, dass der Arbeitgeber gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG diese Zeiten durch bezahlte Freizeit (100 %!, Keine Kurzarbeit!) ausgleichen muss (genauso wie Freistellungsansprüche aus Zeitguthaben, die der Arbeitnehmer auch vollständig bezahlt einbringen muss, bevor er Kurzarbeitergeld beziehen darf). Wenn das nicht in dem Monat gelingt, in dem die erforderliche Betriebsratstätigkeit außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit angefallen ist, dann eben im nächsten und wenn das auch nicht möglich ist dann, aber erst dann, muss diese Zeit bezahlt werden.
Technisch könnte das so erfolgen, dass diese Zeiten dem Zeitguthaben gutgeschrieben werden. Aber in diesen Fällen darf dann eben auch kein Kurzarbeitergeld für diese Zeit der Betriebsratsarbeit beantragt werden. Verkürzt könnte man sagen dass Zeiten der erforderlichen Betriebsratsarbeit von der Kurzarbeit ausgenommen sind. Sie werden dann „ganz normal“ dem Zeitkonto gutgebracht.

Zusammenfassung

Grundsätzlich gibt es einen Zeitausgleich nur für solche Betriebsratstätigkeiten, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der persönlichen Arbeitszeit des Betriebsratsmitglieds ausgeführt werden muss. Für solche Zeiten entsteht ein Ausgleichsanspruch nach § 37 Abs. 3 BetrVG, der aber üblicherweise durch Gutschrift auf dem Zeitkonto nach allgemeinen Regeln der Betriebsvereinbarung ausgeglichen wird. Für freigestellte Betriebsratsmitglieder nach § 38 BetrVG gilt dieser Grundsatz sinnentsprechend mit der Maßgabe, dass eine Betriebsratstätigkeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit dieses Betriebsratsmitglieds nach der Rechtsprechung nur dann in Betracht kommt, wenn eine Zeitobergrenze nach der Betriebsvereinbarung überschritten wird. Für den Ausgleich solcher Zeiten finden die Bestimmungen des § 37 Abs. 3 BetrVG (und nicht andere Regelungen der Betriebsvereinbarung) Anwendung.