Sind in Bewerbungsprozessen die Unterlagen digital vorhanden, kann der Betriebsrat im Rahmen der Anhörung nach § 99 BetrVG auf ein digitales Leserecht verwiesen werden. Im konkreten vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall ging es um die neu geschaffene Stelle eines Prozess- und Projektspezialisten. Dem Betriebrat wurden die Stellenbeschreibung und die Protokolle der mit dem Bewerber geführten Gespräche ausgehändigt. Ferner wurde ergänzend über die voraussichtlichen Auswirkungen der geplanten Einstellung informiert.
Die Bewerbungsunterlagen standen nach einem in einer KBV vereinbarten Einsichtsrecht in den näher aufgeführten „Datenfelder“ des Programms „Recruiting“ zur Verfügung. Mithilfe der Laptops des Betriebsrates konnten jederzeit die im Programm hinterlegten Anschreiben und Lebensläufe sowie – sofern übermittelt – Zeugnisse und Zertifikate der insgesamt 33 externen Bewerber um die Stelle eines „Prozess- und Projektspezialisten Technik“ eingesehen werden.
Für das Bundesarbeitsgericht (BAG) reichte dies aus, die Papierform sei entbehrlich. Den gesetzlichen Vorgaben genügt es, so das BAG, wenn der Arbeitgeber den Mitgliedern des Betriebsrats für die Dauer des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG ein auf die digital vorhandenen „Bewerbungsunterlagen“ aller Interessenten bezogenes Einsichts- und Leserecht gewährt. (Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13. Dezember 2023 – 1 ABR 28/22)
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner Hamburg
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