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Schlagwort-Archiv: digital

Betriebsversammlungen wieder online möglich – bis 07.04.2023

Der Bundestag hat in Zusammenhang mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes den alten § 129 BetrVG wieder belebt. Betriebsversammlungen können ebenso wie Einigungsstellen wieder digital durchgeführt werden – befristet bis 07. April 2023. Betriebsratssitzungen sind unter den Voraussetzungen von § 30 Abs. 2 BetrVG (Vertraulichkeit, Regelung in der Geschäftsordnung) unbefristet erlaubt. Der ‚alte‘ § 129 BetrVG war im März ausgelaufen. Die Regelung zu Betriebsversammlungen (§ 42 BetrVG), Betriebsräteversammlungen (§ 53 BetrVG), Jugend- und Auszubildendenversammlungen (§ 71 BetrVG), Sitzungen der Einigungsstelle (§ 76 BetrVG) ist jetzt schlicht verlängert.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg


Nachlese BR-Wahlen 2022

War die generelle Briefwahl zulässig?

In dem Fall entschieden beide Gerichte (ArbG und LAG) unterschiedlich. In einem medizinischen Gesundheitszentrum (ohne Kurzarbeit) sollte die Wahl „aufgrund der unabwägbaren Corona-Situation“ ausschließlich im Wege der Briefwahl erfolgen. Der Wahlvorstand kam dann allerdings mit den Fristen durcheinander.
„Bei ausschließlicher Briefwahl müssen mindestens sechs Wochen zwischen Aushang des Wahlausschreibens und Abgabefrist für die Briefwahlunterlagen liegen“, so das LAG. Konkret erfolgte der Aushang des Wahlausschreibens am 10.07.2020, also einem Freitag. Als Frist bis zur Abgabe der Briefwahlunterlagen war Freitag, der 21.08.2020, angeführt. Dieser Zeitpunkt tritt bei allgemeiner Briefwahl an die Stelle des Wahltages, so das Gericht. Die Briefwahlunterlagen können bis zum Ende der Wahlzeit beim Wahlvorstand eingereicht werden. Da für die Fristberechnung der Wahlordnung nach § 41 das Fristenregime der §§ 187 ff. BGB gilt, ist der 10.07.2020 für die Berechnung nicht mitzuzählen (§ 187 Abs. 1 BGB), weil es sich beim Aushang um ein „Ereignis“ im Sinne des § 187 Abs. 1 BGB handelt. Die in § 3 Abs. 1 WO vorgeschriebene sechswöchige Mindestfrist begann also am 11.07.2020 und endete am 21.08.2020, 24.00 Uhr. Die im Wahlausschreiben angegebene Abgabefrist für die Briefwahlstimmen endete aber bereits am 21.08.2020, 11.00 Uhr. Dieser Zeitpunkt liegt offensichtlich innerhalb der Arbeitszeit der Mehrheit der wahlberechtigten Arbeitnehmer. Allerdings ist damit die gesetzlich vorgeschriebene Mindestfrist nicht eingehalten. (Landesarbeitsgericht v.07.03.2022 – 1 TaBV 23/21) Wahrscheinlich wird der Fall auch noch vom Bundesarbeitsgericht geprüft werden.


Kann die konstituierende Betriebsratssitzung digital stattfinden?

Ist die Betriebsratswahl abgeschlossen, beruft der Wahlvorstand als letzte Amtshandlung die konstituierende Sitzung ein. Seit Juni 2021 ermöglicht das Betriebsverfassungsgesetz in § 30 Abs. 2 die Teilnahme an Betriebsratssitzungen mittels Video- und Telefonkonferenz. Besteht diese Möglichkeit also auch für die erste Betriebsratssitzung? Die Antwort ist nein:

 

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Betriebsrats-Sitzung – präsent, digital oder hybrid?

Während der ersten Lockdowns hatte der Gesetzgeber den Betriebsräten gem. § 129 BetrVG befristet die Durchführung digitaler Sitzungen ermöglicht. Zwischenzeitlich liefert das sog. Betriebsrätemodernisierungsgesetzes die Möglichkeit, virtuelle Betriebsratssitzungen dauerhaft durchzuführen. Aber gilt dies auch für Hybrid-Sitzungen?

Regelfall Präsenz

Im Regelfall müssen Betriebsratssitzungen in Präsenz stattfinden. Der § 30 Abs. 1 BetrVG Satz 5 stellt dies eindeutig klar. Sie ist gegenüber einer mittels Video- und Telefonkonferenz durchgeführten Betriebsratssitzung vorzuziehen, da Körpersprache, Mimik oder Gestik in digitaler Form nicht in gleicher Weise wahrgenommen werden können. Auch geht es um den notwendigen Austausch untereinander.

Ausnahmen regeln

Lediglich als Ausnahme sieht das Gesetz jetzt vor, Sitzungen auch online abzuhalten, wenn
1. die Voraussetzungen für eine solche Teilnahme in der Geschäftsordnung unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung festgelegt sind,
2. nicht mindestens ein Viertel der Mitglieder des Betriebsrats binnen einer vom Vorsitzenden zu bestimmenden Frist diesem gegenüber widerspricht und
3. sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können.
Zwar wird im Gesetz über sog. Hybrid-Sitzungen nicht gesprochen, aber auch solche Sitzungen (teilweise anwesend, teilweise online oder per Telefon) unterliegen denselben Voraussetzungen. Immer ist in der Geschäftsordnung aufzunehmen, welche Grüne für eine online- oder Telefon-Teilname sprechen sollen. Dies kann z.B. sein, dass die epedemische Lage weiter besteht (wie aktuell mit hohen Inzidenzen) oder es gar Impf-Verweigerer im Gremium gibt. Ein aufgetretener Corona-Fall in der Familie kann gleichfalls ein Hinderungsgrund sein. Keine ausreichende Voraussetzung ist dagegen, sich die Fahrt zum Betrieb ‚ersparen‘ zu wollen, weil es aus dem Home office heraus doch viel einfacher geht.

Geltung auch für Ausschüsse und JAV

Die Möglichkeit virtueller Sitzungsteilnahme gilt übriges nicht nur für den Betriebsrat, sondern auch für den Gesamt- und Konzernbetriebsrat, die Jugend- und Auszubildendenvertretung, die Gesamt- und Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie den Wirtschaftsausschuss. Auch Ausschüsse und Arbeitsgruppen nach § 28a BetrVG können online tagen.
Der Betriebsrat muss sich allerdings nicht unter Druck gesetzt fühlen, jetzt immer online zu tagen. Hier kann der Arbeitgeber gerade nicht auf eine solche digitale Möglichkeit verweisen, wie § 30 Abs. 2 Nr. 2 BetrVG bewusst ausführt, sind selbst Ausnahmen „unter Sicherung des Vorrangs der Präsenzsitzung“ festzulegen. Es bleibt also immer in der Hand des/der Vorsitzenden, die Art der Durchführung der Sitzung festzulegen.

Wolfgang Steen, Fachanwalt für Arbeitnehmer
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg


Keine Digital-Sitzung für den Wahlvorstand

Der Wahlvorstand für die BR-Wahl darf seine Sitzungen nicht per Video- oder Telefonkonferenz durchführen. Eine analoge Anwendung der Betriebsrats-Regelungen ist jedenfalls nicht zulässig. Nur Vorbereitungssitzungen können digital durchgeführt werden.

Präsenzpflicht für Wahlvorstand

Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz, das am 18.6.2021 in Kraft getreten ist, hat für den Betriebsrat unter engen Voraussetzungen Sitzungen und Beschlussfassungen per Video- oder Telefonkonferenz zugelassen. Voraussetzung ist, dass eine Geschäftsordnung die Rahmenbedingungen präzise regelt und der Vorrang der Präsenzsitzungen gewahrt bleibt. Das Gesetz enthält aber keinerlei Regelung zu den Sitzungen des Wahlvorstands. Man muss davon ausgehen, dass der Gesetzgeber dies bewusst so entschieden hat. Daher erscheint eine analoge Anwendung der Regelung des § 30 Abs. 2 BetrVG auf die Sitzungen des Wahlvorstandes nicht möglich.
Für das dreiköpfige Team sollten Präsenzsitzungen allerdings kein Problem sein. Bei einer solchen Größe wird es – auch in Pandemie-Zeiten – überwiegend leicht möglich sein, die Sitzungen des Wahlvorstandes unter Einhaltung der Infektionsschutzmaßnahmen als Präsenzsitzungen durchzuführen. Es empfiehlt sich, Ersatzmitglieder für den Wahlvorstand vorzusehen, um dessen Handlungsfähigkeit sicherzustellen (z. B. bei einer Quarantäneverpflichtung einzelner Mitglieder des Wahlvorstands)
(Quelle: Berg/Heilmann: Betriebsratswahl 2022 – Handlungsanleitung, Rn. 482/483).



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