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Frische BRise - Podcasts zum Thema Arbeitsrecht

Laptop für den Betriebsrat

Betriebsrat hat Beurteilungsspielraum

Die Betriebsratsvorsitzende und ihr Stellvertreter hielten sich häufig gleichzeitig im Betriebsratsbüro auf und seien gleichzeitig auf die Nutzung eines PCs angewiesen. Ihm, dem Betriebsrat, könne auch nicht zugemutet werden, Einigungsstellenverfahren mit von der Arbeitgeberin dafür zur Verfügung gestellten Tablets durchzuführen. Das Gericht: Gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG könne der Betriebsrat die Zurverfügungstellung eines Laptops mit den von dem Arbeitsgericht bezeichneten Merkmalen und der angegebenen Software beanspruchen.

Die gerichtliche Kontrolle des betriebsrätlichen Begehrens sei auf die Prüfung beschränkt. Ob das verlangte Sachmittel aufgrund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung der gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrats dient und dieser bei seiner Entscheidung nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt, sondern auch berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Diene das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und halte sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, könne das Gericht die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch seine eigene ersetzen.

Auch der Arbeitgeber könne dem Betriebsrat die Art der innerbetrieblichen Kommunikation nicht vorschreiben. Bei dem zugesprochenen Laptop handle es sich um Informations- und Kommunikationstechnik i.S.v. § 40 Abs. 2 BetrVG. Die Entscheidung des Betriebsrats für dieses Sachmittel halte sich im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums, da er den Laptop zur Erledigung seiner gesetzlichen Aufgaben benötige.

Kosten sind zuzumuten

Kosteninteressen der Arbeitgeberin stünden dem betriebsrätlichen Begehren nicht entgegen. Schließlich gehöre die Arbeitgeberin zu einer Unternehmensgruppe, die eigenen Angaben zufolge im Jahr 2021 einen Nettogewinn von insgesamt mehr als 3,2 Mrd. Euro erwirtschaftet habe. Auch wenn sie ggf. alle Betriebsräte in Deutschland entsprechend ausstatten müsste, seien ihr die Kosten trotz pandemiebedingter Umsatzrückgänge in Deutschland zuzumuten.

(LAG Köln, Beschluss vom 24.06.2022, 9 TaBV 52/21)


Schulung in Präsenz statt Webinar

LAG Düsseldorf sieht höheren Lerneffekt

Die Arbeitgeberin verweigerte die Übernahme der Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten für ein BetrVG 1-Seminar. Sie meint in erster Linie, dass die beiden Mitglieder der Personalvertretung an einem kostengünstigeren Webinar mit identischem Schulungsinhalt hätten teilnehmen können, zumal dann keine Übernachtungs- und Verpflegungskosten angefallen wären. Es hätte im maßgeblichen Zeitraum zudem im näheren Einzugsgebiet kostengünstigere Präsenzseminare gegeben. Die PV meint, sie müsse sich nicht auf ein Webinar verweisen lassen. An näheren Orten gehaltene Präsenzseminare wären u.a. wegen Urlaub nicht in Betracht gekommen. Die PV begehrt, die Arbeitgeberin zu verpflichten, sie von den Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten für das Seminar in Potsdam freizustellen.

Gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG hat die Arbeitgeberin die Kosten zu tragen, die anlässlich der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG entstanden sind, sofern das bei der Schulung vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich ist. Dies ist hier inhaltlich zu bejahen.

Auf ein Webinar anstelle einer Präsenzveranstaltung musste die PV sich nicht verweisen lassen. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat sie die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen der Arbeitgeberin zu berücksichtigen. Allerdings ist ihr bei der Seminarauswahl ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen nach Ansicht der PV innerhalb dieses Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kommt eine Beschränkung der Kostentragungspflicht der Arbeitgeberin auf die Kosten des preiswerteren Seminars in Betracht. Es hält sich derzeit innerhalb des Beurteilungsspielraums der PV, wenn sie selbst ein inhaltlich gleiches Webinar mit einer entsprechenden Präsenzveranstaltung nicht für qualitativ vergleichbar erachtet.

Lerneffekt höher

Die Einschätzung der PV, dass der „Lerneffekt“ im Rahmen einer Präsenzveranstaltung deutlich höher ist als bei einem Webinar, ist nicht zu beanstanden. Ein Austausch und eine Diskussion über bestimmte Themen sind bei einem Webinar in weitaus schlechterem Maße möglich als bei einer Präsenzveranstaltung. Insoweit stellt sich das Webinar eher als „Frontalunterricht“ dar, was wohl auch daran liegen dürfte, dass die Hemmschwelle, sich online an Diskussionen zu beteiligen, weitaus höher ist, als bei einem Präsenzseminar.
(LAG Düsseldorf v. 24.11.2022 – 8 TaBV 59/21)


Energiekrise und Mitbestimmung des Betriebsrats

Einige praktische Hinweise

Mit der „Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen“ (EnSikuMaV) ist vorgegeben, die Raumtemperaturen bei sitzenden Tätigkeiten von +20oC auf 19oC abzusenken, bei Arbeiten im Stehen, Gehen von +19 auf +18 (ausgenommen medizinische Einrichtungen, Pflegeeinrichtungen, Kindertagesstätten). Werden diese Mindestwerte nicht erreicht, sind mit Zustimmung des Betriebsrates weitere Maßnahmen zu treffen (Radiatoren, Aufwärmzeiten, Fleecejacken oder Decken). Maßnahmen zur Verringerung der Belastung bei Hitze oder Kälte sind gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitbestimmungspflichtig.
Ob auch eine Verpflichtung zum Angebot auf Home-Office besteht, ist umstritten, wird aber im Fall, dass sonst kein adäquater Arbeitsplatz nach Arbeitsschutzbestimmungen angeboten werden kann, zu bejahen sein.

Wenn das Gas ausbleibt…
In einem möglichen Horror-Szenario, z.B. eines „Black Outs“ geht es um die rechtlichen Fragen von Betriebs- und Wirtschaftsrisiko. Kann keine Arbeit geleistet werden, trägt gem. § 615 S. 3 BGB der Arbeitgeber das Risiko, die Arbeitnehmer weiter bezahlen zu müssen. Dies gilt jedenfalls, soweit nicht, wie in der Corona-Pandemie behördliche Betriebsschließungen erfolgen.
Sollte die Dramatik zunehmen, ist ebenso an Kurzarbeit oder Betriebsferien zu denken. Hier besteht ein vollständiges Mitbestimmungsrecht. Würde z.B. der „Notfallplan Gas“ ausgerufen, sind Voraussetzungen zum Anspruch auf Kurzarbeitergeld („unabwendbares Ereignis“) erfüllt.


Betriebsrat und Matrixstrukturen – BAG festigt Rechtsprechung

Welche Auswirkungen personelle Maßnahmen innerhalb einer Matrixstruktur haben, wurde schon mehrfach von den Arbeitsgerichten beurteilt. In einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.06.2022 ging es um eine Arbeitnehmerin, die zuvor als Leiterin Langfristdisposition am Standort O tätig war und jetzt mit Zustimmung des für den Betrieb Niedersachsen/Bremen (NDS/HB) errichteten Betriebsrats als Leiterin Betriebsmanagement eingesetzt wurde. Frau N erstellt nach den Vorgaben der Regionalleiter Jahrespläne für die Langfristdisposition. Auf deren Grundlage legt der im Betrieb NRW tätige Langfristdisponent den Einsatz des dort beschäftigten Personals nach Ort und Zeit fest.
Keine disziplinarische Vorgesetzte
Das BAG widersprach ausdrücklich der Annahme des Landesarbeitsgerichts, Frau N sei nicht in den Betrieb NRW eingegliedert, weil sie nicht – auch – unmittelbare disziplinarische Vorgesetzte der Arbeitnehmer dieses Betriebs sei.  Für die Beurteilung, ob ein Arbeitnehmer des den Betrieb führenden Unternehmens, der zum Vorgesetzten bestellt wird, in den Betrieb der ihm jeweils unterstellten Arbeitnehmer eingegliedert wird, kommt es nicht darauf an, ob der Vorgesetzte über Befugnisse verfügt, die ihn zur Ermahnung, Abmahnung oder Kündigung von betriebszugehörigen Arbeitnehmern berechtigen. Maßgebend ist vielmehr, ob diese Führungskraft tatsächlich in die betriebliche Arbeitsorganisation integriert wird. Die vom Gesetz verlangte Besorgnis (nach § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG), dass im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, muss Folge der personellen Maßnahme – also der Einstellung oder Versetzung – als solcher sein („infolge“). Sie kann daher nicht, so das BAG, aus rechtlichen Befugnissen des von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmers resultieren.

 


Auch bei Vertrauensarbeitszeit – Kontrolle durch den Betriebsrat

Aktuelles Urteil aus München

Die Kontrolle auf Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes ist eine typische Aufgabe für den Betriebsrat. Einen Anspruch des Betriebsrats auf Auskunft gab es schon immer. Zur Klarstellung hat dies jetzt auch das LAG München auf Arbeitszeiten von Außendienstmitarbeitern bezogen. Ausdrücklich hervorgehoben: Dieser Anspruch besteht auch bei vereinbarter Vertrauensarbeitszeit. (LAG München v. 11.7.2022 – 4 TaBV 9/22)


Arbeitszeiterfassung – Bundesministerium gibt Auskunft

FAQ durch das BMAS

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) gibt auf seinen Internetseiten wichtige Antworten zur notwendigen Erfassung von Arbeitszeiten. Ausdrücklich wird hervorgehoben, dass mit der Entscheidung des BAG vom 13. September 2022 verbindlich festgestellt wurde, dass die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufzuzeichnen ist. Das ist laut BAG bereits heute geltendes Recht. https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Arbeitnehmerrechte/Arbeitszeitschutz/Fragen-und-Antworten/faq-arbeitszeiterfassung.html


Wann verfällt der Urlaubsanspruch?

Das Bundesarbeitsgericht hatte über die Klage einer Steuerfachangestellten und Buchhalterin zu entscheiden, die von 1996 bis 2017 für ihren Arbeitgeber, eine Kanzlei tätig war. Sie verlangte eine Erstattung von rund 100 Urlaubstagen aus den Jahren 2013 bis 2017, da sie ihren Urlaub über mehrere Jahre nicht ausschöpfen konnte. Der Arbeitgeber meinte, der Anspruch sei verjährt. Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB).

Das BAG ist der Ansicht, dass die Ansprüche der Arbeitnehmerin für die Jahre 2013 bis 2016 nicht gemäß dem Bundesurlaubsgesetz erloschen seien, weil ihr ehemaliger Arbeitgeber sie nicht in die Lage versetzt habe, ihren bezahlten Jahresurlaub tatsächlich zur gebotenen Zeit zu nehmen. Dabei stützt sich das BAG auf das Urteil des EuGH vom 6.11.2018, wonach der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dazu auffordern müsse, seinen Urlaub zu nehmen, und ihn über das mögliche Erlöschen seines Anspruchs informieren müsse (EuGH 6.11.2018). Diese Vorgabe hat auch das BAG in seine Rechtsprechung übernommen (BAG 19.2.2019).

Aus dem gleichen Grund hat das BAG Zweifel, ob die allgemeine Verjährungsfrist von drei Jahren auch auf den Urlaubsanspruch bzw. die Abgeltung des Urlaubs Anwendung finden kann. Es hat die Frage, wie sich der Schutz des Urlaubs zum Verjährungsrecht verhält, dem EuGH vorgelegt (BAG 29.09.2020 – 9 AZR 266/20 (A)). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) benennt zuerst die Rechtsgrundlagen für den Schutz des Arbeitnehmerrechts auf Urlaub:

– Art. 7 Abs. 1 der Arbeitszeitrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen (…) erhält.

– Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestimmt: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.“ Beide Regelungen sind dahin auszulegen, dass sie „einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, den ein Arbeitnehmer für einen Bezugszeitraum erworben hat, nach Ablauf einer Frist von drei Jahren verjährt, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht tatsächlich in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch wahrzunehmen.“ Der Gerichtshof führt u.a. anderem aus, dass es ist zwar richtig sei, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran habe, nicht mit Anträgen auf Urlaub oder finanzielle Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub konfrontiert werden zu müssen, die auf mehr als drei Jahre vor Antragstellung erworbene Ansprüche gestützt werden.

Dieses Interesse sei indes dann nicht mehr berechtigt, wenn der Arbeitgeber sich dadurch, dass er davon abgesehen habe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, den Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich wahrzunehmen, selbst in eine Situation gebracht habe, in der er mit solchen Anträgen konfrontiert werde und aus der er zulasten des Arbeitnehmers Nutzen ziehen könnte.  In einer Situation wie der vorliegenden sei es Sache des Arbeitgebers, gegen späte Anträge wegen nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs dadurch Vorkehrungen zu treffen, dass er seinen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachkomme, womit die Rechtssicherheit gewährleistet werde, ohne dass das in der Charta verankerte Grundrecht auf bezahlten Jahresurlaub eingeschränkt würde.

Arbeitgeber muss Hinweispflichten nachkommen

Eine solche Situation sei nämlich nicht mit derjenigen vergleichbar, für die der Gerichtshof, wenn die längere Abwesenheit des Arbeitnehmers auf eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zurückzuführen sei, ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers daran anerkannt habe, sich nicht der Gefahr einer Ansammlung von zu langen Abwesenheitszeiträumen und den Schwierigkeiten gegenüberzusehen, die sich daraus für die Arbeitsorganisation ergeben können. In einer Situation wie der vorliegenden sei es Sache des Arbeitgebers, gegen späte Anträge wegen nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs dadurch Vorkehrungen zu treffen, dass er seinen Hinweis- und Aufforderungsobliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachkomme, womit die Rechtssicherheit gewährleistet werde, ohne dass das in der Charta verankerte Grundrecht auf bezahlten Jahresurlaub eingeschränkt würde. (EuGH 22.09.2022 – C-120/21 LB). Die Entscheidung bedeutet: Ein Arbeitgeber, der seine Hinweispflichten gegenüber dem Arbeitnehmer auf einen drohenden Verfall des Urlaubs über Jahre nicht erfüllt hat, darf nicht belohnt werden, indem er sich auf Verjährung berufen kann.


Sensible Daten nur mit Schutzkonzept

Betriebsrat hat Anspruch auf Namen von Schwerbehinderten
In dem Fall hatte der Betriebsrat die Anzahl und Namen der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten verlangt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Stuttgart erkannte den Anspruch an, weil der Betriebsrat die angeforderte Information benötigt, um die in § 176 Satz 1 SGB IX genannte Aufgabe der Förderung schwerbehinderter Menschen durchführen zu können. Diese betriebsverfassungsrechtliche Aufgabe steht nicht zur Disposition der Arbeitnehmer, sodass es nicht etwa darauf ankommt, ob sie einverstanden sind mit der Datenübermittlung an den Betriebsrat. Konkret heißt es in der Entscheidung: Bezüglich der in § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG genannten Aufgabe von Betriebsräten zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen folgt nicht die Beschränkung auf eine passive Rolle, sondern der Aufruf zu einem aktiven Handeln.
Allerdings müssen Betriebsräte bei der Verarbeitung besonderer Arten personenbezogener
Daten das Vertraulichkeitsinteresse der betroffenen Beschäftigten strikt beachten und deshalb Vorkehrungen treffen. Hierzu zählt das Gericht den zuverlässigen Verschluss der Daten in Schränken, die Begrenzung von Zugriffsmöglichkeiten und deren Beschränkung auf einzelne Betriebsratsmitglieder sowie die Durchführung der Datenlöschung nach Durchführung von gesetzlich zugewiesenen Überwachungsmaßnahmen. Allgemein führt das Gericht zum technischen und organisatorischen Datenschutz durch Betriebsräte aus, dass hierzu neben der freiwilligen Benennung eines „Datenschutz-Sonderbeauftragten“ aus dem Kreis der Betriebsratsmitglieder beispielsweise eine verpflichtende Grundschulung zum Datenschutz für das gesamte Gremium und die Entwicklung eines Datenschutzkonzepts gehört. Aber generell besteht die Verpflichtung zur Einhaltung des Datenschutz durch Betriebsräte ohnehin gemäß § 79a BetrVG (LAG Stuttgart, Beschluss vom 20.05.2022, 12 TaBV 4/21)


Die betriebliche Weihnachtsfeier: Was ist arbeitsrechtlich zu beachten?

Es gibt tatsächlich eine Menge Rechtsprechung

Was passiert, wenn sich ein Arbeitnehmer nicht ordentlich benimmt und z.B. ausfällig wird? Hat er arbeitsrechtliche Konsequenzen zu befürchten? Wer steht dafür ein, wenn er sich auf dem Heimweg Verletzungen zuzieht und was ist zu beachten, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern ein teures Essen oder sonstige Geschenke spendiert?

Sind Arbeitnehmer verpflichtet, an einer Weihnachtsfeier außerhalb der Arbeitszeit und des Arbeitsortes teilzunehmen? Die Antwort lautet Nein. Ausgangspunkt ist der Pflichtenkatalog des § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB. Danach wird der Arbeitnehmer zur Leistung weisungsgebundener und fremdbestimmter „Arbeit“ verpflichtet. Das ist die Hauptpflicht. Der Besuch der Weihnachtsfeier steht mit der Arbeitspflicht nicht im Zusammenhang.
Bietet ein Arbeitgeber einen Betriebsausflug oder eine Betriebsfeier betriebsöffentlich zur Teilnahme für die bei ihm beschäftigten Mitarbeiter an, so haben auch freigestellte Arbeitnehmer ein Teilnahmerecht. Dieses folgt aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Möchte der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer oder eine Gruppe von Arbeitnehmern von der Teilnahme ausschließen, so benötigt er hierfür einen sachlichen Grund (ArbG Köln Urt. v. 22.6.2017 – 8 Ca 5233/16)

Kein allgemeiner Anspruch auf ein „Weihnachtsgeschenk“

Arbeitnehmer, die nicht an einer betrieblichen Weihnachtsfeier teilgenommen haben, haben keinen Anspruch auf bei dieser Gelegenheit verschenkte iPads mini, wenn der Arbeitgeber mit dieser „Überraschung“ nur zur freiwilligen Teilnahme an Betriebsfeiern außerhalb der Arbeitszeit motivieren wollte (ArbG Köln Urt. v. 9.10.2013 – 3 Ca 1819/13)

Unfallversicherung besteht

Auch wenn kleinere Untergliederungen/Abteilungen eine Weihnachtsfeier durchführen, besteht Unfallversicherungsschutz (BSG Urt. v. 5.7.2016 – B 2 U 19/14 R). Es kommt also nicht mehr darauf an, dass die Feier für das gesamte Unternehmen organisiert ist.

Kurz gesagt

Beleidigen sie weder Vorgesetzte oder Kollegen! Es könnte die letzte Weihnachtsfeier für Sie im Unternehmen sein (LAG Hamm v. 30.6.2004 – 18 Sa 836/04).

Animieren Sie Azubis nicht zum Drogenkonsum (zu einer privaten Party und nachgeholten Weihnachtsfeier: LAG Rheinland-Pfalz v. 20.2.2014 – 2 Sa 461/13).

Wenn Sie nicht an der Weihnachtsfeier teilnehmen, haben Sie keinen Anspruch auf die Geschenke, die die Kollegen dort erhalten (LAG Köln v. 26.3.2014 – 11 Sa 845/13). Wenn Sie also hoffen, dass es Geschenke gibt, gehen Sie hin!

Wenn Sie privat eine Weihnachtsfeier ihres Teams organisieren: Stürzen Sie nicht! Sie sind nicht versichert; es ist kein Arbeitsunfall! (BSG v. 26.6.2014 – B 2 U 7/13 R)

Und für den Chef: Drohen Sie nicht mit der Absage der Feier, um den Betriebsrat „gefügig zu machen“ (ArbG Regensburg v. 30.05.2000 – 7 BV 5/99 L9).


Außendienstmitarbeiter – Ihre Rechte

Ein Fachgebiet der Kanzlei Gaides Heggemann & Partner ist die Vertretung von Außendienst- und Sales-Mitarbeitern. Eine häufige Konfliktlage ist die ordnungsgemäße Abrechnung von Provisionen, Tantiemen, Boni etc. Insbesondere bei der Berechnung von nicht aktiven Zeiten (Urlaub, Krankheit) treten immer wieder Probleme auf, wie die gesetzliche Sonderregelung (§ 4 Abs. 1a Satz 2 EFZG) anzuwenden ist. Wir unterstützen Sie hier bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche und den korrekten Berechnungen.

Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg


SE-Gründung und Beteiligung

In vielen Wirtschaftsbereichen ist festzustellen, dass eine Umwandlung einer AG oder GmbH in eine europäische Gesellschaft (Societas Europaea, SE) vorgenommen wird. Die Motive liegen in aller Regel in der Vermeidung, einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat (nach deutschem Recht) bilden zu müssen. Wichtig zu beachten: Bei einer solchen Umwandlung entsteht gleichfalls das Recht, einen europäischen Betriebsrat zu bilden.
Besonderes Verhandlungsgremium
Zur Umsetzung muss eine sog. „Besonderes Verhandlungsgremium“ gebildet werden (besetzt mit Arbeitnehmern aller beteiligten Staaten), das die umfassenden Grundlagen der Beteiligung vereinbart. Unsere Kanzlei hat sich darauf spezialisiert, hier die Betriebsräte mit der notwendigen rechtlichen und praktischen Unterstützung zu begleiten.

Fachanwalt für den Betriebsrat Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg



Office 365 – umfassende Mitbestimmung

Komplexe IT-Anwendungen, wie MS office 365, sind häufig nicht auf Anhieb zu durchschauen. Betriebsräten ist zu raten, sich hier fachkundig beraten zu lassen, gerade weil sich dieses System fortlaufend erneuert. Umfassende Mitbestimmung besteht, weil zwangsläufig eine Fülle von Personaldaten verarbeitet und miteinander kombiniert werden.

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Desk sharing – Beteiligung Betriebsrat

Neue Formen der Arbeitsorganisation, wie z.B. Desk sharing, halten in vielen Betrieben Einzug. Für die Beschäftigten geht es nicht allein darum, sich täglich einen neuen Arbeitsplatz suchen zu müssen, sondern um das notwendige Umfeld. Ruhe- und Meetingräume sind als Ergänzung erforderlich, ebenso muss ein Zuteilungssystem gerecht und transparent sein. Auch diese neue Form der Arbeitswelt ist mit dem Betriebsrat abzustimmen – Ordnung und Verhalten sind berührt (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG).

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Betriebsrente und Teilzeit

Wie hoch eine Betriebsrente ausfällt, kann auch von der Auswirkung von Teilzeitbeschäftigung abhängig sein. Das Bundesarbeitsgericht hatte einen Fall zu beurteilen, bei dem die Beschäftigte von annähernd 40 Jahren des bestehenden Arbeitsverhältnisses insgesamt 34,4 Vollzeitarbeitsjahre in Vollzeit gearbeitet hatte. In der Schlussberechnung führte dies zur Kürzung der Betriebsrente auf den Teilzeitfaktor von 0,9053. Das BAG führt aus:  „Eine Versorgungsregelung kann wirksam vorsehen,

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Home-Office im Ausland – was ist zu beachten

Das Home-Office im Ausland ist eine Frage, die nicht nur durch den Lockdown aufgeworfen wurde. Die grundsätzliche Antwort lautet: Ja, aber es gibt einiges zu beachten. Zunächst muss man prüfen, ob eine Arbeitserlaubnis erforderlich ist, insbesondere in Nicht-EU-Staaten. Zudem sollten mögliche Sonderregelungen im Ausland berücksichtigt werden, wie beispielsweise Arbeits- und Zeitschutzvorschriften, die deutsches Recht

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Zeiterfassung erforderlich

Die überraschende Begründung des BAG
Die Arbeitszeiten erfassen zu müssen, stand eigentlich schon seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14.05.2019 fest. Getan hat sich allerdings in vielen Betrieben wenig. Ein Betriebsrat versuchte nun in einem Beschlussverfahren

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Arbeitsrechtliche Nachlese „Corona“


unterschiedliche Urteile zum „Annahmeverzug“

Eine im Rahmen der Bekämpfung einer Pandemie – wie derjenigen der Corona-Pandemie – hoheitlich angeordnete (vorübergehende) Betriebsschließung gehört nicht zu dem vom Arbeitgeber nach § 615 Satz 3 BGB zu tragenden Betriebsrisiko. (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 4. Mai 2022 – 5 AZR 366/21). In diesen Fällen ging es aber um die behördliche Verfügung, alle Kultur- und Spielstätten schließen zu müssen.

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Fahrerflucht mit dem Dienstwagen (und andere „Vergehen“)

… vor Gericht muss alles bewiesen werden

In dem Fall eines vom Rechtsschutzbüro des DGB vertretene Hochspannungsmonteur hatte der Arbeitgeber ein Dienstfahrzeug zur Verfügung gestellt. An diesem traten 2021 zwei Schäden auf. Wegen eines vermeintlichen Verkehrsunfalls ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen den Mann, stellte das Verfahren jedoch ein, weil die Ermittlungen genügenden Anlass zur weiteren Strafverfolgung nicht ergaben.
Der Beschäftigte verursachte später jedoch bei einem Ausweichmanöver an dem reparierten Fahrzeug einen weiteren Schaden. Er hatte einen Begrenzungspfosten übersehen. Die neuerliche Reparatur verursachte erhebliche Kosten, die er mit seiner Firmenkreditkarte beglich.

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Einführung Office 365 – GBR zuständig

GBR zuständig bei unternehmensweiter Nutzung
Immer wieder gibt es Streit um die Fragen, ob für IT-Fragen der GBR bzw. KBR originär zuständig ist oder noch Regelungsbedarf für die örtlichen Betriebsräte besteht. Das BAG hat jetzt in einem Verfahren darauf abgestellt, wo und von wem tatsächlich die Kontrolle von Leistung und Verhalten erfolgen kann – konkret durch den Systemadministrator. Das BAG hebt hervor, dass bei der Einführung und Anwendung die zur Überwachung geeigneten technischen Einrichtungen (gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG) eine „einheitliche untrennbare betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit“ bilden. Sind also mehrere Betriebe betroffen, erfordert dies eine unternehmensweite Regelung.  Wird dann die Administration zentral durchgeführt, verwirklicht sich auch zentral die mögliche Überwachungsfunktion. Für Regelungen durch einzelne Betriebsräte ist dann kein Raum mehr (BAG v. 08.03.2022)
Anmerkung:
Nach der gesetzlichen Definition des Mitbestimmungsrechts (Leistungs- und Verhaltenskontrollen) kann natürlich auf zentrale Administratoren abgestellt werden. Ist damit allerdings ausgeschlossen, dass auch dezentral eine Überwachung erfolgen kann? Hier werden die Betriebsräte nachhaken müssen, um den gesamten Umfang der unterschiedlichen Berechtigungen zu erfassen.
Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner



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