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2013 Ausgabe 5 / Monat Dezember

Groko-Arbeitsrecht

Wenn …. die Große Koalition zustande kommt, ergeben sich wichtige Neuerungen im Arbeits- und Sozialrecht

  • Leiharbeit wird künftig auf 18 Monate ununterbrochene Einsatzdauer begrenzt (damit ist das „vorübergehend“ geklärt)

  • Der Einsatz von Leiharbeitnehmer als Streikbrecher soll verboten werden

  • Die gleiche Bezahlung von Leiharbeitern muss nach neun Monaten erfolgen

  • Leiharbeitnehmer werden bei den Schwellenwerten des BetrVG berücksichtigt

  • bei Werkverträgen sollen die Informations- und Unterrichtungsrechte des BR ausgeweitet werden und verdeckte Arbeitnehmerüberlassung stärker durch den Zoll kontrolliert werden

  • Die Abgrenzungskriterien zum missbräuchlichen Fremdpersonaleinsatz sollen gesetzlich geregelt werden

  • Der Grundsatz der Tarifeinheit („Ein Betrieb, ein Tarifvertrag“) soll gesetzlich festgeschrieben werden – nach dem Mehrheitsprinzip

  • Das Rückkehrrecht von Teilzeit (wg. Kindeserziehung oder Familienpflege) in Vollzeit soll gesetzlich geregelt werden (Anspruch auf befristete Teilzeit)

  • Das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) soll mehr Verbindlichkeit bekommen und betriebliche Gesundheitsförderung und Arbeitsschutz enger verknüpft werden

  • Mindestlohn von € 8,50 ab 2015, außer es liegen Tarifverträge mit niedrigeren oder höheren Mindestlöhnen vor („flächendeckender“ Mindestlohn bundesweit ab 01.01.2017)

  • Allgemein verbindliche Tarifverträge sollen nach öffentlichem Interesse möglich sein, nicht nach tarifgebundenen Arbeitgebern mit mind. 50% der Beschäftigten

  • beim Beschäftigtendatenschutz droht allerdings Stillstand; verwiesen wird auf die Verhandlungen auf europäischer Ebene über eine Datenschutzgrundverordnung

  • ab 01. Juli 2014 abschlagsfreie Altersrente ab dem 63. Lebensjahr bei 45 Beitragsjahren (einschl. Zeiten der Arbeitslosigkeit)

  • Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrente bis zum 62. Lebensjahr

 


Wenn der Vorgesetzte mit der Handy-Kamera knipst

über 4 Wochen krankgeschrieben und fuhr in dieser Zeit mit seinem Auto in eine Autowaschanlage. Sein Vorgesetzter traf ihn dort und hegte der Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit. Um nun „Beweise“ zu sichern machte der Vorgesetzte eine Handyaufnahme – zu körperlichen Auseinandersetzungen kam es auch.
Es kam zu einer Kündigung durch den Arbeitgeber und gleichzeitig beantragte der Produktionshelfer eine einstweilige Verfügung gegen seinen Vorgesetzten. Diesem sollte untersagt werden, ihn „zu filmen, zu fotografieren und/oder heimlich nachzustellen und/oder heimlich zu kontrollieren“. Seine „Individualsphäre“ sei beeinträchtigt worden.
Das LAG stellte in seinem Urteil vom 11.07.2013 jedoch klar, dass der Vorgesetzte die Handyaufnahmen machen durfte. Der Kläger werde zwar mit den Fotos in seinem Persönlichkeitsrecht und dem darin enthaltenen Recht am eigenen Bild beeinträchtigt. Dieses Recht werde jedoch nicht schrankenlos gewährt. Habe der Arbeitgeber den begründeten Verdacht, dass der Arbeitnehmer eine Krankschreibung nur vorgetäuscht und einen Entgeltfortzahlungsbetrug begangen hat, dürfe er auch Beweise mit einer Fotokamera sichern. Ob die Fotos dann im Kündigungsschutzverfahren verwendet werden dürfen, muss jedoch das Arbeitsgericht noch entscheiden. 


„Teilzeit“-Antrag auf Arbeitsfrei zwischen Weihnachten und Neujahr

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) gab dem Arbeitgeber recht.
Begründet wurde die Entscheidung damit, dass zwar die Regelungen in § 8 TzBfG auch der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie diene, also auch ein Anspruch auf verhältnismäßig geringere Verkürzung bestehen könnte. Andererseits hätte aber ein Urlaubsantrag für die Zeit „zwischen den Jahren“ gestellt werden können. Ein solcher Antrag wäre danach zu behandeln, ob nicht Anträge anderer Arbeitnehmer entgegenstehen, die aus sozialen Gesichtspunkten Vorrang hätten. Eine „formale“ Rechtsposition (auf den Teilzeitanspruch) kann also nicht isoliert betrachtet werden (BAG v. 11.06.2013 – 9 AZR 786/11). 


„Zweite Liebe mit der Ex“ – die Spätehenklausel in der betrieblichen Altersversorgung

In der betrieblichen Altersversorgung ist allgemein anerkannt, dass eine „spät“ geschlossene Ehe nicht zum Hinterbliebenenanspruch führen kann. Wie ist es aber, wenn „die Geschiedene“ doch wieder geheiratet wird.   
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Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, in Versorgungsordnungen können Ehepartner von Hinterbliebenenrenten ausgeschlossen werden, die den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer erst nach dessen Berentung („spät“) geheiratet haben. Auch die ehemalige, also geschiedene Ehefrau wieder zu heiraten, ändert daran nichts. In dem Fall war das Paar bereits von 1953 bis 1993 verheiratet. Sie vermählten sich 2008, als der Mann längst im Ruhestand war.


Der Trinkunfall beim Kopieren

nutzte der Arbeitnehmer die Pause bis das Kopiergerät hochfuhr (dauert einige Sekunden), um sich aus dem in der Nähe stehenden Kühlschrank eine Flasche alkoholfreies Bier zu holen. Nach dem Öffnen der Flasche wollte er heraussprudelndes Bier abtrinken und brach sich dabei mehrere Zahnspitzen im Oberkiefer ab.
Die Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag des Klägers auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab und auch das Sozialgericht die Klage.
Die Aufnahme von Nahrung auch während einer Arbeitspause am Kopiergerät ist grundsätzlich nicht unfallversichert. Die Nahrungsaufnahme ist ein menschliches Grundbedürfnis und tritt regelmäßig hinter betriebliche Belange zurück. Es handelte sich um eine sogenannte eigenwirtschaftliche Verrichtung, mit der der Kläger seine versicherte Tätigkeit unterbrochen hatte. Hiervon liegt auch keine Ausnahme vor, weil die Kopiertätigkeit nicht geeignet war, abweichend vom normalen Trink- und Essverhalten des Klägers ein besonderes Durst- oder Hungergefühl hervorzurufen.


Wut und Erregungszustand ist nicht fahrlässig – trotzdem Lohnfortzahlung?

Diese Frage musste das Landesarbeitsgerichts Hessen in einen Fall beantworten, in dem sich ein Mitarbeiter aufgrund eines Wutanfalls selbst die Hand brach. Er arbeitet als Warenauffüller in einem Baumarkt und benutzt dazu einen Gabelstapler. Im Streit um ein provisorisches Plexiglasdach als Wetterschutz geriet der Mitarbeiter derart in Wut, dass er unter anderem dreimal mit der Faust auf ein in der Nähe aufgestelltes Verkaufsschild aus Hohlkammerschaumstoff schlug und sich dabei die Hand brach. Der Arbeitgeber verweigerte für die einmonatige Krankschreibung die Entgeltfortzahlung. Schließlich sei der Kläger an seiner Verletzung selbst schuld. Spätestens nach dem ersten Schlag auf das Verkaufsschild hätte er die Holzstrebe spüren müssen. Die Verletzung habe er sich somit vorsätzlich beigebracht.

Das Landesarbeitsgericht Hessen folgte dem nicht und gab der Entgeltfortzahlungsklage statt. Nur bei einem groben Verstoß gegen das eigene Interesse könnte die Zahlung verweigert werden. Zwar hätte der Kläger damit rechnen müssen, dass er durch die Schläge auf das Schild eine Verletzung erleiden könnte. Gegen eine grobe Fahrlässigkeit spreche jedoch, dass er sich offensichtlich in einem heftigen Wut- und Erregungszustand befunden und sich dementsprechend kurzzeitig nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Dies sei nicht zu billigen, aber menschlich gleichwohl nachvollziehbar, da niemand in der Lage sei, sich jederzeit vollständig im Griff zu haben. Der Kläger habe aus Wut die erforderliche Kontrolle über sein Handeln verloren. Dies sei leichtfertig gewesen, aber nicht derart schuldhaft, dass von besonderer Leichtfertigkeit oder grober Fahrlässigkeit die Rede sein könne.

 


Ich will auch ein Geschenk – ein iPad vom Arbeitgeber

Ein Arbeitnehmer war zum Zeitpunkt der Weihnachtsfeier arbeitsunfähig. Er war also nicht auf der Feier und erhielt kein Geschenk. Er fand das ungerecht, berief sich auf die Gleichbehandlung und sah das geschenkte Pad zudem als Vergütung an, die ihm auch während seiner Krankheit zustehe. Das ArbG Köln wies die Klage ab. Der Arbeitgeber sei bei solchen Zuwendungen auch berechtigt, die Mitarbeiter unterschiedlich zu behandeln, wenn er damit das Ziel verfolgt, die Betriebsfeiern attraktiver zu gestalten und die Mitarbeiter zur Teilnahme zu motivieren. 



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