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NewsLetter BETRIEBSRAT

Spielsüchtiger Arbeitnehmer kündbar? … nach insg. 33 Kündigungen

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Die insgesamt veruntreute Summe beläuft sich auf mehr als 100.000 Euro. Deshalb die Kündigungen.
Der Arbeitnehmer hat die ihm zur Last gelegten Taten ein-geräumt, aber die Ansicht vertreten, die Gemeinde habe ihm gleichwohl nicht kündigen dürfen. Aufgrund seiner Spielsucht fehle ihm die Impuls- und Steuerungsfähigkeit, so dass ihm die Handlungen nicht vorwerfbar seien. Entsprechend einer bei ihr geltenden „Dienstvereinbarung Sucht“ sei die Gemeinde verpflichtet gewesen, vor dem Ausspruch einer Kündigung zunächst ein abgestuftes Verfahren, bestehend aus Erstgespräch, Zweitgespräch, Ermahnung, 1. Abmahnung und weiterer Abmahnung, zu durchlaufen. Die Gemeinde, für die seine Spielsucht offensichtlich gewesen sei, habe ihre Kontroll- und Überwachungspflichten verletzt.
Das ArbG Düsseldorf (2 Ca 3420/14) hat die gegen die Kündigungen gerichtete Klage abgewiesen und bereits die erste Kündigung als wirksam erachtet.
Nach Auffassung des ArbG ist die „Dienstvereinbarung Sucht“ nicht einschlägig. Die Auslegung der Vereinbarung ergebe, dass das darin geregelte abgestufte Sanktionsverfahren Pflichtverletzungen wie z.B. Verspätungen oder qualitative Fehlleistungen betreffe, die auf typischen, suchtbedingten Ausfallerscheinungen beruhten, nicht aber strafbare Handlungen.


Winterreifenwechsel – keine Arbeitszeit über 10 Std. – Ausnahmen nicht möglich

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

„Ausgangspunkt ist die Zielsetzung des § 1 ArbZG, der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer. Relevant für die Auslegung sind auch die unionsrechtlichen Vorgaben nach Art. 17, 18 der RL 2003/88/EG. Danach müssen Abweichungen von den allgemeinen Arbeitszeitregelungen auf das unbedingt Erforderliche begrenzt werden. Ausnahmsweise kann die zuständige Arbeitsschutzbehörde in außergewöhnlichen Fällen, insbesondere Notfällen die Arbeitszeitgrenzen verlängern, § 14 Abs. 1 ArbZG. Ein solcher Notfall lag im konkreten Fall aber nicht vor.
Die Leistungsgrenze für körperlich anstrengende Montagearbeiten mit Blick auf die Hand- und Arm-Vibrationsbedingungen durch die Schlagschrauber ist – nach Erkenntnissen der Berufsgenossenschaft – nach sieben Stunden erreicht.“ Es könnten – so das Gericht – auch andere organisatorische Maßnahmen, wie etwa Samstagsarbeit oder die Einstellung von Hilfskräften genutzt werden. Außerdem müsse erst eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden, die insbesondere auch die Auswirkungen von verlängerten Arbeitszeiten berücksichtigt. (VGH Mün-chen, 13.03.2014, 22 ZB 14.344)


Der lange Weg des Betriebsrats zur Toilette

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

So das Hessische LAG in dem hier vorliegenden Eilverfahren, mit dem der Betriebsrat eines Frachtunternehmens am Flughafen Frankfurt mit etwa 95 Arbeitnehmern das versetzen der Tür zu seinem Büro verhindern wollte. Die Baumaßnahme, so der Betriebsrat, habe Auswirkungen auf die Toilettenbenutzung. Sie verlängere den Weg zur Damentoilette auf 200 m. Das sei dem weiblichen Ersatzmitglied des Betriebsrats nicht zumutbar. Nachdem das ArbG Frankfurt a.M. den Eilantrag zurückgewiesen hat, verfolgt der Betriebsrat sein Ziel weiter vor dem Hessischen LAG.
Nach Auffassung des Hessischen LAG stehe dem Betriebsrat für die Umbaumaßnahme kein Mitbestimmungsrecht zu. Auch eine Behinderung der Betriebsratsarbeit sei nicht erkennbar, insbesondere nicht durch einen verlängerten Weg zur Damentoilette. Der Betriebsrat habe zwar Anspruch auf angemessene Unterbringung. Diese sei aber auch bei versetzter Tür gewährleistet. Die Entscheidung ist rechtskräftig. (Hessisches LAG, 03.03.2014, 16 TABVGa 214/13)


Geldabheben ist kein Arbeitsunfall

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung des Unfalles als Arbeitsunfall ab, da sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem versicherten Weg befunden habe. Der Arbeitsweg sei vielmehr durch die eigenwirtschaftliche Handlung des Geldabhebens unterbrochen worden. Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage und machte geltend, er habe das Bargeld für die von ihm als Kraftfahrer zu verauslagenden Spesen benötigt. In der Firma bestehe die Anweisung, Bargeld auf den Touren mitzuführen, sonst würden die Fahrer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen. Die Fahrer müssten Gelder für Eintritt, Toilettennutzung, Essensversorgung sowie für die Durchführung von Kleinreparaturen zunächst verauslagen und sie nachträglich mit der Firma abrechnen. Diese Anweisung hat der Speditionsleiter des Arbeitgebers allerdings nicht bestätigt.
Das Geldabheben ist – ebenso wie beispielsweise die Nahrungsaufnahme – grundsätzlich als eigenwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen, die nicht dem Versicherungsschutz der Gesetzlichen Unfallversicherung unterfällt. In der Reichsversicherungsordnung war dies übrigens noch anders geregelt.



Kein Smiley in der Zeugnis-Unterschrift

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Der Kläger war bei dem Beklagten als Ergotherapeut beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte der Beklagte erst nach mehrfacher Aufforderung ein Zeugnis. Mit seiner Klage wandte sich der Kläger insbesondere dagegen, dass der Chef in den Anfangsbuchstaben „G.“ in seiner Unterschrift ein Smiley mit heruntergezogenem Mundwinkel gesetzt hatte. Das ArbG Kiel gab dem Kläger recht. Das Zeugnis bzw. die Unterschrift muss geändert werden. (ArbG Kiel, 18.04.2013, 5 Ca 80 b/13)


Amateurfußballer – Arbeitnehmer?

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Das LSG entschied: Amateurfußballer, die vom Verein monatliche Zahlungen erhalten, sind nicht ohne weiteres als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer anzusehen. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis folgt insbesondere nicht schon daraus, dass dem Fußballspieler die Spielorte vorgegeben werden und er den Anordnungen des Trainers folgt. Im Übrigen muss bei den Zahlungen differenziert werden, ob es sich hierbei um beitragspflichtiges Arbeits-entgelt oder um eine beitragsfreie Aufwandsentschädigung handelt. (LSG Niedersachsen-Bremen 12.11.2013, L 4 KR 383/13 B ER)


Vibrator als Kündigungsgrund

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Dennoch waren die lebhaften Schilderungen der Vorzüge des neuen Sexspielzeuges auch für Kunden zu hören. Diese ließen sich von der Vorführung interessiert unterhalten. Der Arbeitgeber sah die Geschehnisse als inakzeptabel an und sprach der Arbeitnehmerin die fristlose Kündigung aus. Das Zurschaustellen des Vibrators vor Vorgesetzten und Kunden sei eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.
Dieser Ansicht schloss sich das ArbG Frankfurt an: „Allein das Mitbringen und Vorzeigen sexuell motivierter Gerätschaften an der Arbeitsstelle kann bereits eine sexuelle Belästigung und daher Grund für eine fristlose Kündigung sein. Dabei muss auch nicht grundsätzlich vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden.“
Die fristlose Kündigung der freizügigen Arbeitnehmerin war damit gerechtfertigt. (ArbG Frankfurt a.M., 19 Ca 2539/05)


Der Jobcenter-Angestellte als Koks-Dealer

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Der Arbeitnehmer bestritt gegenüber dem Arbeitgeber diesen Vorwurf. Ende Januar 2012 wurde er – aufgrund eines weitreichenden Geständnisses – in dieser Sache zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Davon setzte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, die Bundesagentur für Arbeit, am selben Tag in Kenntnis, die daraufhin nach Anhörung des Personalrats das Arbeitsverhältnis fristlos kündigte.
Das BAG erkannte die fristlose Kündigung nicht an. Die Begründung: „Der offenbar gewordene Mangel in der charakterlichen Eignung des Arbeitnehmers war „an sich“ als wichtiger Grund zur Kündigung geeignet. Er schloss einen weiteren Einsatz des Arbeitnehmers im hoheitlichen Bereich der Leistungsgewährung grundsätzlich ohne weiteren Aufschub aus. Im Streitfall war der Bundesagentur für Arbeit jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten. Zwar ist zu Lasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass dieser seinen Eignungs-mangel – anders als etwa in Fällen einer Erkrankung – selbst zu vertreten hat, in der Vergangenheit hat sich dieser jedoch im Arbeitsverhältnis nicht tatsächlich ausgewirkt. Der Arbeitnehmer hat seine dienstlichen Aufgaben als solche ordnungsgemäß verrichtet.“ (BAG, 10.04.2014, 2 AZR 684/13)


Zu dick – Bewerbung abgelehnt

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

In einem erläuternden Schreiben des Vereins an den Anwalt der Bewerberin heißt es u.a.:
„1. Wir haben die Bewerbung von Frau … nicht abgelehnt. Im Gegenteil: Sie war unsere Favoritin und wir haben sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
Wir fühlten uns nur in einem Punkt getäuscht, dass aus dem Bewerbungsbild von Frau … nicht hervorging, welches enorme Übergewicht sie mit sich trägt …
2. Im internen Gespräch diskutierten wir, was der Grund sein könne, dass eine gutaussehende junge Frau mit tollen Fähigkeiten und Ideen und dazu in diesem Alter dermaßen figurmäßig entgleist. Das irritierte uns.“

Das ArbG entschied: Eine Behinderung im Sinne des § 1 AGG liegt nicht vor. Das Übergewicht der Klägerin ist keine Behinderung im Sinne des AGG. Also kein Schadenersatz.


Mitarbeiter-Fotos zu Werbezwecken – Wo sind rechtliche Grenzen

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

Im Streit dabei ist die Frage, ob eine solche Einwilligung (erforderlich nach § 22 KunstUrheberGesetz) in Schriftform (gemäß § 4a BDSG) oder auch „stillschweigend“, also konkludent erfolgen kann. Die Arbeitsgericht machen es sich hier (meist) einfach. Wer sich als Mitarbeiter fotografieren lässt und einer Veröffentlichung nicht widerspricht, hat eben stillschweigend zugestimmt.
Problematisch werden allerdings Fälle nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen. Dann kann eine einmal erteilte Zustimmung auch widerrufen werden und die Fotos sind zu löschen (so das LAG Köln, Az.: 7 Ta 126/09). Oder eine einmal erteilte Einwilligung gilt auch über das Vertragsende hinaus (so das LAG Schleswig-Holstein, Az.: 3 Sa 72/10), „sofern sich der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich anders erklärt“. Ein Verpflichtung zur Bereitschaft für Mitarbeiter-Fotos gibt es übrigens nicht. Arbeitsrechtlich kann dies nicht verlangt werden. Schließlich hat Jede/r das „Recht am eigenen Bild“.


Verpflichtung zur innerbetrieblichen Stellenausschreibung – auch wenn „auf Anhieb“ keine Bewerbungen

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

In dem Berliner Fall war im Streit, ob der Betriebsrat der Einstellung einer befristeten Kraft mit dem Hinweis widersprechen konnte, dass keine innerbetriebliche Ausschreibung vorgenommen war. Der Arbeitgeber war der Meinung, eine Ausschreibung sei nicht erforderlich gewesen, da es innerhalb der Belegschaft keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber gegeben habe. Der Arbeitgeber hielt sogar die Zustimmungsverweigerung für „rechtsmissbräuchlich“. Das Gericht sah es anders. Wenn der Betriebsrat eine interne Ausschreibung verlangt hatte, sei ein Verstoß dagegen ein absoluter Grund für die Zustimmungsverweigerung (§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG). Sinn und Zweck der innerbetrieblichen Ausschreibung sei schließlich, den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu erschließen und im Betrieb selbst vorhandene Möglichkeiten des Personaleinsatzes zu aktivieren. Außerdem, so das Gericht, „sollen Verärgerung und Beunruhigungen der Belegschaft über die Hereinnahme Außenstehender trotz eines möglicherweise im Betrieb vorhandenen qualifizierten Angebots vermieden werden“. Ein Widerspruch des Betriebsrats sei auch nur in Fällen rechtsmissbräuchlich, in denen mit Sicherheit feststeht, dass kein Belegschaftsmitglied über die erforderliche Qualifikation verfügt oder niemand Interesse an der Stelle haben würde, und dies dem Betriebsrat auch bekannt ist (LAG Berlin-Brandenburg v. 05.09.2013 – Az.: 21 TaBV 843/13).


Erste Facebook-Entscheidung des BAG – Kritik an betrieblichen Verhältnissen erlaubt

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

 Der Fall: Ein Wahlbewerber zur Betriebsratswahl hatte in einer von ver.di produzierten Videoaufzeichnung eine Erklärung abgegeben, es gebe im Betrieb „Probleme“. An einzelnen Maschinen fehlten Sicherheitsvorkehrungen. Man könne „fast behaupten“, keine Maschine sei „zu 100 % ausgerüstet“. Das Problem sei, dass „keine Fachkräfte vorhanden“ seien und „das Beherrschen der Maschinen nicht zu 100 % erfüllt“ werde. Das Video wurde ins Internet gestellt und war bei „YouTube“ zu sehen. Der Wahlbewerber/der Kläger verbreitete es zudem über „Facebook“. Mit Blick hierauf kündigte die Firma (Hersteller von Verpackungen) das Arbeitsverhältnis am 15.03.2012 fristlos.

Das Bundesarbeitsgericht verwarf – anders als die Vorinstanzen – die fristlose Kündigung. „Die Erklärungen in dem Video waren“, so das BAG, „erkennbar darauf gerichtet zu verdeutlichen, weshalb der Kläger die Bildung eines Betriebsrats als sinnvoll ansah. Der Kläger wollte dagegen nicht behaupten, die Beklagte beschäftige überwiegend ungelernte Kräfte.“ (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13)


Neue Altersgrenzen – Rente wird flexibler – länger arbeiten jederzeit möglich

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

Erst in letzter Minute ist in das „Rentenpaket“ eine Regelung aufgenommen worden, die das gesetzliche Rentenalter weiter flexibilisiert („Attraktives Weiterarbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze“). Nach der Neufassung des § 41 S. 3 SGB VI kann die Altersgrenze einmalig oder sogar mehrfach durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber herausgeschoben werden. Vorher muss allerdings eine (einzelvertragliche oder kollektive) Regelung bestanden haben, die auf die aktuelle Regelaltersgrenze abstellt. Der Gesetzestext lautet deshalb: „Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben.“ Übrigens bedeutet ‚Hinausschieben‘, dass die sonstigen Bedingungen (Vergütung, Arbeitszeit etc.) natürlich unangetastet bleiben müssen.

Wichtig hierbei: Die Vereinbarung des Hinausschiebens des Beendigungszeitpunktes stellt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung (im Sinne § 99 Abs. 1 BetrVG) dar. Schließlich geht es um die Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus und ein Widerspruchsgrund des Betriebsrates (Benachteiligung Ausgelernter etc.) kann nicht ausgeschlossen werden.


Eignungsuntersuchung im laufenden Arbeitsverhältnis – Bundesministerium stellt klar

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

Das BMAS weist darauf hin, dass Einstellungsuntersuchungen nur zur Prüfung der Geeignetheit des Bewerbers zulässig sind (§ 32 BDSG), z.B. wenn der Arbeitsplatz besondere gesundheitliche Anforderungen stellt. Im bestehenden Beschäftigungsverhältnis kann ein „Nachweis der gesundheitlichen Eignung“ nur gefordert werden, wenn sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel am Fortbestehen der Eignung ergeben oder die Tätigkeit oder der Arbeitsplatz gewechselt wird. Eignungsuntersuchungen ohne Anlass dürfen selbst im Arbeitsvertrag nicht vereinbart werden bzw. sind solche Verpflichtungen nicht wirksam. Auch bestehende Betriebsvereinbarungen müssen sich hieran messen lassen. In Verordnungen zum Arbeitsschutz müssen solche Pflichtuntersuchungen vorgegeben sein (z.B. G 25), sonst besteht keine Verpflichtung. Zu den Rechtsquellen für Pflichtuntersuchungen siehe auch: www.boeckler.de/pdf/mbf_as
_mediz_2007.pdf.
Zum Merkblatt des Bundesministeriums: www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Arbeits-schutz/zum-thema-eignungsuntersuchungen.pdf?__ blob= publicationFile


„Verarscht und belogen“ wenn eine Trennung (im Arbeitsleben) eskaliert

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

keinen Kontakt mehr zur Firma. Solche Beleidigungen wollte der Arbeitgeber natürlich nicht auf sich sitzen lassen und beantragte beim Arbeitsgericht Kiel eine Unterlassungserklärung. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung sollten EUR 5.000 gezahlt werden. Das Gericht folgte dem Arbeitgeber nicht. Es habe eine einmalige eskalierende Situation vorgelegen und es bestehe wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch keine Wiederholungsgefahr (LAG Schleswig-Holstein, Az: 3 Sa 153/14).


Urlaubsentgelt und Provisionen – Europäischer Gerichtshof regelt neu

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Der Sachverhalt:
Der Kläger des Verfahrens ist Verkaufsberater bei British Gas in Großbritannien. Sein monatliches Arbeitsentgelt setzt sich aus einem Grundgehalt und Provisionen für die jeweils getätigten Verkäufe zusammen, wobei die Provisionen durchschnittlich rund 60 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen.
Die Beklagte zahlte dem Kläger ein Urlaubsentgelt nach Maßgabe des Grundgehalts und der in den Wochen vor dem Urlaub verdienten Provisionen. Nach dem Urlaub bekam der Kläger nur sein Grundgehalt ausgezahlt, da er während des Urlaubs keine Verkaufsabschlüsse tätigen und damit auch keine Provisionen verdienen konnte.
Mit seiner Klage wehrte sich der Kläger gegen die urlaubsbedingten Einbußen bei seinem Arbeitsentgelt. Das mit der Klage befasste britische Gericht legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Provisionen beim Urlaubsentgelt zu berücksichtigen sind und wie der geschuldete Betrag ggf. zu berechnen ist.
Der EuGH bejahte den ersten Teil der Vorlagefrage und gab Hinweise für die richtige Berechnung des Urlaubsentgelts.

Die Gründe:
Bezieht ein Arbeitnehmer – wie hier – eine Provision, die sich nach getätigten Verkäufen bemisst, so ist diese in die Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen. Der finanzielle Nachteil darf auch nicht hinausgeschoben werden, indem der Arbeitnehmer nach seinem Urlaub nur das Grundgehalt bezieht, weil er während des Urlaubs keine Verkäufe tätigen und damit auch keine Provision verdienen konnte.
Dass solche Provisionen anzurechnen sind, ergibt sich aus dem Zweck der Arbeitszeit-Richtlinie (RL 2003/88/EG). Mit dem hier manifestierten Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr soll die Erholung der Arbeitnehmer sichergestellt werden. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn das während des Urlaubs gezahlte Gehalt mit dem in Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist. Denn finanzielle Einbußen während des Urlaubs können dazu führen, dass Arbeitnehmer auf den Urlaub verzichten.
Für die Berechnung des Urlaubsentgelts kann auf einen Mittelwert aus einem nach dem nationalen Recht als repräsentativ geltenden Referenzzeitraum abgestellt werden.

Der Hintergrund:
In Deutschland existiert mit § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bereits eine den Vorgaben des EuGH entsprechende gesetzliche Regelung. Hiernach bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bedeutung hat die EuGH-Entscheidung aus deutscher Sicht daher vor allem für hiesige Unternehmen mit Tochtergesellschaften in solchen EU-Ländern, in denen Provisionen gezahlt werden. (Quelle: EuGH Pressemitteilung  Nr. 76/14 vom 22.5.2014 Aktenzeichen: C-539/12)


Netto zahlt Millionen wegen illegaler Werkverträge nach Razzia durch den Zoll

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Gegenstand der Ermittlungen war der Verdacht auf illegale Schein-Werkverträge in Logistikhallen der SB-Warenhauskette. Konkret ging es laut Staatsanwaltschaft um Lagerarbeiter, die über sogenannte Werkverträge in 19 Netto-Warenverteilzentren zwischen 2007 und 2013 eingesetzt wurden. „Netto konnte auf die Arbeitnehmer der Subunternehmen den gleichen Einfluss ausüben wie auf ihre eigenen Beschäftigten“, so die Ankläger. Diese Praxis verstoße gegen die Vorgaben für Werkverträge. Wie das Handelsblatt berichtet, haben sich nunmehr Netto Marken-Discount und die Staatsanwaltschaft Regensburg auf die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlungen in Millionenhöhe geeinigt. Dem Bericht zufolge hat Netto 4,4 Millionen Euro an die Staatskasse überwiesen. Diese Summe soll das Unternehmen Schätzungen der Staatsanwaltschaft zufolge durch illegale Werkverträge im Vergleich zu den höheren Tariflöhnen unzulässig gespart haben. Auch der Sozialversicherung soll durch die Scheinwerkverträge ein Schaden entstanden sein. Diesen Schaden in Höhe von 3,1 Millionen Euro hat Netto


Zustimmungsverweigerung zu Gunsten von Elternzeitern – Rechte des BR und der Betroffenen gestärkt

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Bestehen mehrere Arbeitsplätze, die der Arbeitnehmerin nach Rückkehr aus der Elternzeit kraft Direktionsrecht zugewiesen werden dürften, sind aber alle diese Arbeitsplätze unbefristet besetzt, so müsste der Arbeitgeber die Prognose darlegen, dass sich an dieser Besetzungssituation bis zur Rückkehr der Arbeitnehmerin in Elternzeit etwas ändern wird.  Anderenfalls wäre die unbefristete Besetzung der Stelle, die vormals die Arbeitnehmerin in Elternzeit innehatte, für diese ein unmittelbarer Nachteil iS. v. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG.

Besorgnis ist ausreichend

Das Gericht weiter:
Es muss, wie schon dem Wortlaut des Gesetzes zu entnehmen ist, lediglich die Besorgnis eines Nachteils vorliegen. Das Zustimmungsverweigerungsrecht besteht also bereits, wenn nur die Gefahr besteht, dass Nachteile für andere Arbeitnehmer des Betriebes eintreten. Diese Besorgnis muss durch Tatsachen begründet sein. Eine auf bloßen Vermutungen beruhende Befürchtung reicht also nicht aus. Der Betriebsrat muss Tatsachen vortragen, die seine Befürchtung rechtfertigen. Ein Hinweis auf künftig zu erwartende Ereignisse reicht nicht aus, wohl aber bereits vorhandene Absichten und Planungen. Zu diesen Tatsachen zählt dann allerdings, dass der (bisherige) Arbeitsplatz unbefristet besetzt werden soll und damit die Aussichten für eine Rückkehr der Elternzeiter versperrt sein würde.


Der Sturz eines Betriebsrats nach Alkoholkonsum – Sozialgericht muss über „Arbeitsunfall“ entscheiden

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Mit dieser Begründung hat das Sozialgericht Heilbronn die Berufsgenossenschaft dazu verpflichtet, den nächtlichen Sturz eines Betriebsrats auf einer Tagung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der 58jährige Kläger K ist Betriebsrat bei einem internationalen Konzern mit Sitz in der Region Stuttgart. Im April 2010 fand in einem Hotel in Bad Kissingen eine dreitägige Betriebsräteversammlung statt. Diese dauerte am ersten Abend bis gegen 19:30h. Mit einem Blutalkoholspiegel von 1,99 Promille stürzte K in der Nacht gegen 1:00h im Treppenhaus des Tagungshotels, wo er mit Kopf- und Lungenverletzungen bewusstlos aufgefunden und gegen 4:00h in die Notaufnahme gebracht wurde. Anschließend war er längere Zeit arbeitsunfähig. Noch heute leidet er unter Schmerzen und Konzentrationsstörungen. Gegenüber seiner Berufsgenossenschaft (BG) gab K an, sich nicht mehr an den Unfallhergang erinnern zu können. Es sei auf der Tagung üblich, auch beim abendlichen geselligen Zusammensein unter Kollegen über betriebliche Belange zu sprechen. Die BG lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: So habe sich K zum Unfallzeitpunkt in alkoholisiertem Zustand befunden und nicht bewiesen, dass er dabei einer betrieblichen Tätigkeit nachgegangen sei. Hiergegen richtet sich die eingereichte Klage.

In seiner Urteilsbegründung hat das Sozialgericht Heilbronn ausgeführt, dass K beim geselligen Beisammensein auch Dienstliches besprochen habe. Im Übrigen habe sich der Arbeitsunfall auf dem Rückweg zum Hotelzimmer ereignet. Dieser “Arbeitsweg” sei hier selbst dann unfallversichert, wenn K im Hotel nach “Ende des offiziellen Teils” nur private Gespräche geführt hätte. Denn bei beruflichen Tagungen sei regelmäßig eine klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Belangen nicht möglich. Der Versicherungsschutz sei auch nicht durch den Alkoholkonsum entfallen. So gebe es bei Fußgängern (anders als bei Autofahrern) keine feste Promillegrenze, ab der von einer absoluten Verkehrsuntüchtigkeit auszugehen sei. Die Ermittlungen der BG hätten hier aber keinen Anhaltspunkt für konkrete alkoholbedingte Ausfallerscheinungen gezeigt (wie z.B. ein schwankender, torkelnder Schritt). Demnach sei nicht nachgewiesen, dass der Unfall auf der – dem K nicht vertrauten – Hoteltreppe wesentlich auf die Alkoholisierung zurückzuführen ist. (Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 28. Mai 2014 – S 6 U 1404/13)



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