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NewsLetter BETRIEBSRAT

Kein Smiley in der Zeugnis-Unterschrift

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Der Kläger war bei dem Beklagten als Ergotherapeut beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilte der Beklagte erst nach mehrfacher Aufforderung ein Zeugnis. Mit seiner Klage wandte sich der Kläger insbesondere dagegen, dass der Chef in den Anfangsbuchstaben „G.“ in seiner Unterschrift ein Smiley mit heruntergezogenem Mundwinkel gesetzt hatte. Das ArbG Kiel gab dem Kläger recht. Das Zeugnis bzw. die Unterschrift muss geändert werden. (ArbG Kiel, 18.04.2013, 5 Ca 80 b/13)


Amateurfußballer – Arbeitnehmer?

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Das LSG entschied: Amateurfußballer, die vom Verein monatliche Zahlungen erhalten, sind nicht ohne weiteres als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer anzusehen. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis folgt insbesondere nicht schon daraus, dass dem Fußballspieler die Spielorte vorgegeben werden und er den Anordnungen des Trainers folgt. Im Übrigen muss bei den Zahlungen differenziert werden, ob es sich hierbei um beitragspflichtiges Arbeits-entgelt oder um eine beitragsfreie Aufwandsentschädigung handelt. (LSG Niedersachsen-Bremen 12.11.2013, L 4 KR 383/13 B ER)


Vibrator als Kündigungsgrund

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Dennoch waren die lebhaften Schilderungen der Vorzüge des neuen Sexspielzeuges auch für Kunden zu hören. Diese ließen sich von der Vorführung interessiert unterhalten. Der Arbeitgeber sah die Geschehnisse als inakzeptabel an und sprach der Arbeitnehmerin die fristlose Kündigung aus. Das Zurschaustellen des Vibrators vor Vorgesetzten und Kunden sei eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz.
Dieser Ansicht schloss sich das ArbG Frankfurt an: „Allein das Mitbringen und Vorzeigen sexuell motivierter Gerätschaften an der Arbeitsstelle kann bereits eine sexuelle Belästigung und daher Grund für eine fristlose Kündigung sein. Dabei muss auch nicht grundsätzlich vorher eine Abmahnung ausgesprochen werden.“
Die fristlose Kündigung der freizügigen Arbeitnehmerin war damit gerechtfertigt. (ArbG Frankfurt a.M., 19 Ca 2539/05)


Der Jobcenter-Angestellte als Koks-Dealer

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

Der Arbeitnehmer bestritt gegenüber dem Arbeitgeber diesen Vorwurf. Ende Januar 2012 wurde er – aufgrund eines weitreichenden Geständnisses – in dieser Sache zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, die Vollstreckung der Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Davon setzte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, die Bundesagentur für Arbeit, am selben Tag in Kenntnis, die daraufhin nach Anhörung des Personalrats das Arbeitsverhältnis fristlos kündigte.
Das BAG erkannte die fristlose Kündigung nicht an. Die Begründung: „Der offenbar gewordene Mangel in der charakterlichen Eignung des Arbeitnehmers war „an sich“ als wichtiger Grund zur Kündigung geeignet. Er schloss einen weiteren Einsatz des Arbeitnehmers im hoheitlichen Bereich der Leistungsgewährung grundsätzlich ohne weiteren Aufschub aus. Im Streitfall war der Bundesagentur für Arbeit jedoch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zuzumuten. Zwar ist zu Lasten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, dass dieser seinen Eignungs-mangel – anders als etwa in Fällen einer Erkrankung – selbst zu vertreten hat, in der Vergangenheit hat sich dieser jedoch im Arbeitsverhältnis nicht tatsächlich ausgewirkt. Der Arbeitnehmer hat seine dienstlichen Aufgaben als solche ordnungsgemäß verrichtet.“ (BAG, 10.04.2014, 2 AZR 684/13)


Zu dick – Bewerbung abgelehnt

2014 Ausgabe 6 / Monat Dezember

In einem erläuternden Schreiben des Vereins an den Anwalt der Bewerberin heißt es u.a.:
„1. Wir haben die Bewerbung von Frau … nicht abgelehnt. Im Gegenteil: Sie war unsere Favoritin und wir haben sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen.
Wir fühlten uns nur in einem Punkt getäuscht, dass aus dem Bewerbungsbild von Frau … nicht hervorging, welches enorme Übergewicht sie mit sich trägt …
2. Im internen Gespräch diskutierten wir, was der Grund sein könne, dass eine gutaussehende junge Frau mit tollen Fähigkeiten und Ideen und dazu in diesem Alter dermaßen figurmäßig entgleist. Das irritierte uns.“

Das ArbG entschied: Eine Behinderung im Sinne des § 1 AGG liegt nicht vor. Das Übergewicht der Klägerin ist keine Behinderung im Sinne des AGG. Also kein Schadenersatz.


Mitarbeiter-Fotos zu Werbezwecken – Wo sind rechtliche Grenzen

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

Im Streit dabei ist die Frage, ob eine solche Einwilligung (erforderlich nach § 22 KunstUrheberGesetz) in Schriftform (gemäß § 4a BDSG) oder auch „stillschweigend“, also konkludent erfolgen kann. Die Arbeitsgericht machen es sich hier (meist) einfach. Wer sich als Mitarbeiter fotografieren lässt und einer Veröffentlichung nicht widerspricht, hat eben stillschweigend zugestimmt.
Problematisch werden allerdings Fälle nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen. Dann kann eine einmal erteilte Zustimmung auch widerrufen werden und die Fotos sind zu löschen (so das LAG Köln, Az.: 7 Ta 126/09). Oder eine einmal erteilte Einwilligung gilt auch über das Vertragsende hinaus (so das LAG Schleswig-Holstein, Az.: 3 Sa 72/10), „sofern sich der Arbeitnehmer nicht ausdrücklich anders erklärt“. Ein Verpflichtung zur Bereitschaft für Mitarbeiter-Fotos gibt es übrigens nicht. Arbeitsrechtlich kann dies nicht verlangt werden. Schließlich hat Jede/r das „Recht am eigenen Bild“.


Verpflichtung zur innerbetrieblichen Stellenausschreibung – auch wenn „auf Anhieb“ keine Bewerbungen

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

In dem Berliner Fall war im Streit, ob der Betriebsrat der Einstellung einer befristeten Kraft mit dem Hinweis widersprechen konnte, dass keine innerbetriebliche Ausschreibung vorgenommen war. Der Arbeitgeber war der Meinung, eine Ausschreibung sei nicht erforderlich gewesen, da es innerhalb der Belegschaft keine geeigneten Bewerberinnen oder Bewerber gegeben habe. Der Arbeitgeber hielt sogar die Zustimmungsverweigerung für „rechtsmissbräuchlich“. Das Gericht sah es anders. Wenn der Betriebsrat eine interne Ausschreibung verlangt hatte, sei ein Verstoß dagegen ein absoluter Grund für die Zustimmungsverweigerung (§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG). Sinn und Zweck der innerbetrieblichen Ausschreibung sei schließlich, den innerbetrieblichen Arbeitsmarkt zu erschließen und im Betrieb selbst vorhandene Möglichkeiten des Personaleinsatzes zu aktivieren. Außerdem, so das Gericht, „sollen Verärgerung und Beunruhigungen der Belegschaft über die Hereinnahme Außenstehender trotz eines möglicherweise im Betrieb vorhandenen qualifizierten Angebots vermieden werden“. Ein Widerspruch des Betriebsrats sei auch nur in Fällen rechtsmissbräuchlich, in denen mit Sicherheit feststeht, dass kein Belegschaftsmitglied über die erforderliche Qualifikation verfügt oder niemand Interesse an der Stelle haben würde, und dies dem Betriebsrat auch bekannt ist (LAG Berlin-Brandenburg v. 05.09.2013 – Az.: 21 TaBV 843/13).


Erste Facebook-Entscheidung des BAG – Kritik an betrieblichen Verhältnissen erlaubt

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

 Der Fall: Ein Wahlbewerber zur Betriebsratswahl hatte in einer von ver.di produzierten Videoaufzeichnung eine Erklärung abgegeben, es gebe im Betrieb „Probleme“. An einzelnen Maschinen fehlten Sicherheitsvorkehrungen. Man könne „fast behaupten“, keine Maschine sei „zu 100 % ausgerüstet“. Das Problem sei, dass „keine Fachkräfte vorhanden“ seien und „das Beherrschen der Maschinen nicht zu 100 % erfüllt“ werde. Das Video wurde ins Internet gestellt und war bei „YouTube“ zu sehen. Der Wahlbewerber/der Kläger verbreitete es zudem über „Facebook“. Mit Blick hierauf kündigte die Firma (Hersteller von Verpackungen) das Arbeitsverhältnis am 15.03.2012 fristlos.

Das Bundesarbeitsgericht verwarf – anders als die Vorinstanzen – die fristlose Kündigung. „Die Erklärungen in dem Video waren“, so das BAG, „erkennbar darauf gerichtet zu verdeutlichen, weshalb der Kläger die Bildung eines Betriebsrats als sinnvoll ansah. Der Kläger wollte dagegen nicht behaupten, die Beklagte beschäftige überwiegend ungelernte Kräfte.“ (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13)


Neue Altersgrenzen – Rente wird flexibler – länger arbeiten jederzeit möglich

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

Erst in letzter Minute ist in das „Rentenpaket“ eine Regelung aufgenommen worden, die das gesetzliche Rentenalter weiter flexibilisiert („Attraktives Weiterarbeiten nach Erreichen der Regelaltersgrenze“). Nach der Neufassung des § 41 S. 3 SGB VI kann die Altersgrenze einmalig oder sogar mehrfach durch Vereinbarung mit dem Arbeitgeber herausgeschoben werden. Vorher muss allerdings eine (einzelvertragliche oder kollektive) Regelung bestanden haben, die auf die aktuelle Regelaltersgrenze abstellt. Der Gesetzestext lautet deshalb: „Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, gegebenenfalls auch mehrfach, hinausschieben.“ Übrigens bedeutet ‚Hinausschieben‘, dass die sonstigen Bedingungen (Vergütung, Arbeitszeit etc.) natürlich unangetastet bleiben müssen.

Wichtig hierbei: Die Vereinbarung des Hinausschiebens des Beendigungszeitpunktes stellt eine mitbestimmungspflichtige Einstellung (im Sinne § 99 Abs. 1 BetrVG) dar. Schließlich geht es um die Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus und ein Widerspruchsgrund des Betriebsrates (Benachteiligung Ausgelernter etc.) kann nicht ausgeschlossen werden.


Eignungsuntersuchung im laufenden Arbeitsverhältnis – Bundesministerium stellt klar

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

Das BMAS weist darauf hin, dass Einstellungsuntersuchungen nur zur Prüfung der Geeignetheit des Bewerbers zulässig sind (§ 32 BDSG), z.B. wenn der Arbeitsplatz besondere gesundheitliche Anforderungen stellt. Im bestehenden Beschäftigungsverhältnis kann ein „Nachweis der gesundheitlichen Eignung“ nur gefordert werden, wenn sich aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel am Fortbestehen der Eignung ergeben oder die Tätigkeit oder der Arbeitsplatz gewechselt wird. Eignungsuntersuchungen ohne Anlass dürfen selbst im Arbeitsvertrag nicht vereinbart werden bzw. sind solche Verpflichtungen nicht wirksam. Auch bestehende Betriebsvereinbarungen müssen sich hieran messen lassen. In Verordnungen zum Arbeitsschutz müssen solche Pflichtuntersuchungen vorgegeben sein (z.B. G 25), sonst besteht keine Verpflichtung. Zu den Rechtsquellen für Pflichtuntersuchungen siehe auch: www.boeckler.de/pdf/mbf_as
_mediz_2007.pdf.
Zum Merkblatt des Bundesministeriums: www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Thema-Arbeits-schutz/zum-thema-eignungsuntersuchungen.pdf?__ blob= publicationFile


„Verarscht und belogen“ wenn eine Trennung (im Arbeitsleben) eskaliert

2014 Ausgabe 5 / Monat Oktober

keinen Kontakt mehr zur Firma. Solche Beleidigungen wollte der Arbeitgeber natürlich nicht auf sich sitzen lassen und beantragte beim Arbeitsgericht Kiel eine Unterlassungserklärung. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung sollten EUR 5.000 gezahlt werden. Das Gericht folgte dem Arbeitgeber nicht. Es habe eine einmalige eskalierende Situation vorgelegen und es bestehe wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch keine Wiederholungsgefahr (LAG Schleswig-Holstein, Az: 3 Sa 153/14).


Urlaubsentgelt und Provisionen – Europäischer Gerichtshof regelt neu

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Der Sachverhalt:
Der Kläger des Verfahrens ist Verkaufsberater bei British Gas in Großbritannien. Sein monatliches Arbeitsentgelt setzt sich aus einem Grundgehalt und Provisionen für die jeweils getätigten Verkäufe zusammen, wobei die Provisionen durchschnittlich rund 60 Prozent der Gesamtvergütung ausmachen.
Die Beklagte zahlte dem Kläger ein Urlaubsentgelt nach Maßgabe des Grundgehalts und der in den Wochen vor dem Urlaub verdienten Provisionen. Nach dem Urlaub bekam der Kläger nur sein Grundgehalt ausgezahlt, da er während des Urlaubs keine Verkaufsabschlüsse tätigen und damit auch keine Provisionen verdienen konnte.
Mit seiner Klage wehrte sich der Kläger gegen die urlaubsbedingten Einbußen bei seinem Arbeitsentgelt. Das mit der Klage befasste britische Gericht legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob Provisionen beim Urlaubsentgelt zu berücksichtigen sind und wie der geschuldete Betrag ggf. zu berechnen ist.
Der EuGH bejahte den ersten Teil der Vorlagefrage und gab Hinweise für die richtige Berechnung des Urlaubsentgelts.

Die Gründe:
Bezieht ein Arbeitnehmer – wie hier – eine Provision, die sich nach getätigten Verkäufen bemisst, so ist diese in die Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen. Der finanzielle Nachteil darf auch nicht hinausgeschoben werden, indem der Arbeitnehmer nach seinem Urlaub nur das Grundgehalt bezieht, weil er während des Urlaubs keine Verkäufe tätigen und damit auch keine Provision verdienen konnte.
Dass solche Provisionen anzurechnen sind, ergibt sich aus dem Zweck der Arbeitszeit-Richtlinie (RL 2003/88/EG). Mit dem hier manifestierten Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr soll die Erholung der Arbeitnehmer sichergestellt werden. Dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn das während des Urlaubs gezahlte Gehalt mit dem in Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar ist. Denn finanzielle Einbußen während des Urlaubs können dazu führen, dass Arbeitnehmer auf den Urlaub verzichten.
Für die Berechnung des Urlaubsentgelts kann auf einen Mittelwert aus einem nach dem nationalen Recht als repräsentativ geltenden Referenzzeitraum abgestellt werden.

Der Hintergrund:
In Deutschland existiert mit § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG bereits eine den Vorgaben des EuGH entsprechende gesetzliche Regelung. Hiernach bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bedeutung hat die EuGH-Entscheidung aus deutscher Sicht daher vor allem für hiesige Unternehmen mit Tochtergesellschaften in solchen EU-Ländern, in denen Provisionen gezahlt werden. (Quelle: EuGH Pressemitteilung  Nr. 76/14 vom 22.5.2014 Aktenzeichen: C-539/12)


Netto zahlt Millionen wegen illegaler Werkverträge nach Razzia durch den Zoll

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Gegenstand der Ermittlungen war der Verdacht auf illegale Schein-Werkverträge in Logistikhallen der SB-Warenhauskette. Konkret ging es laut Staatsanwaltschaft um Lagerarbeiter, die über sogenannte Werkverträge in 19 Netto-Warenverteilzentren zwischen 2007 und 2013 eingesetzt wurden. „Netto konnte auf die Arbeitnehmer der Subunternehmen den gleichen Einfluss ausüben wie auf ihre eigenen Beschäftigten“, so die Ankläger. Diese Praxis verstoße gegen die Vorgaben für Werkverträge. Wie das Handelsblatt berichtet, haben sich nunmehr Netto Marken-Discount und die Staatsanwaltschaft Regensburg auf die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlungen in Millionenhöhe geeinigt. Dem Bericht zufolge hat Netto 4,4 Millionen Euro an die Staatskasse überwiesen. Diese Summe soll das Unternehmen Schätzungen der Staatsanwaltschaft zufolge durch illegale Werkverträge im Vergleich zu den höheren Tariflöhnen unzulässig gespart haben. Auch der Sozialversicherung soll durch die Scheinwerkverträge ein Schaden entstanden sein. Diesen Schaden in Höhe von 3,1 Millionen Euro hat Netto


Zustimmungsverweigerung zu Gunsten von Elternzeitern – Rechte des BR und der Betroffenen gestärkt

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Bestehen mehrere Arbeitsplätze, die der Arbeitnehmerin nach Rückkehr aus der Elternzeit kraft Direktionsrecht zugewiesen werden dürften, sind aber alle diese Arbeitsplätze unbefristet besetzt, so müsste der Arbeitgeber die Prognose darlegen, dass sich an dieser Besetzungssituation bis zur Rückkehr der Arbeitnehmerin in Elternzeit etwas ändern wird.  Anderenfalls wäre die unbefristete Besetzung der Stelle, die vormals die Arbeitnehmerin in Elternzeit innehatte, für diese ein unmittelbarer Nachteil iS. v. § 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG.

Besorgnis ist ausreichend

Das Gericht weiter:
Es muss, wie schon dem Wortlaut des Gesetzes zu entnehmen ist, lediglich die Besorgnis eines Nachteils vorliegen. Das Zustimmungsverweigerungsrecht besteht also bereits, wenn nur die Gefahr besteht, dass Nachteile für andere Arbeitnehmer des Betriebes eintreten. Diese Besorgnis muss durch Tatsachen begründet sein. Eine auf bloßen Vermutungen beruhende Befürchtung reicht also nicht aus. Der Betriebsrat muss Tatsachen vortragen, die seine Befürchtung rechtfertigen. Ein Hinweis auf künftig zu erwartende Ereignisse reicht nicht aus, wohl aber bereits vorhandene Absichten und Planungen. Zu diesen Tatsachen zählt dann allerdings, dass der (bisherige) Arbeitsplatz unbefristet besetzt werden soll und damit die Aussichten für eine Rückkehr der Elternzeiter versperrt sein würde.


Der Sturz eines Betriebsrats nach Alkoholkonsum – Sozialgericht muss über „Arbeitsunfall“ entscheiden

2014 Ausgabe 4 / Monat August

Mit dieser Begründung hat das Sozialgericht Heilbronn die Berufsgenossenschaft dazu verpflichtet, den nächtlichen Sturz eines Betriebsrats auf einer Tagung als Arbeitsunfall anzuerkennen. Der 58jährige Kläger K ist Betriebsrat bei einem internationalen Konzern mit Sitz in der Region Stuttgart. Im April 2010 fand in einem Hotel in Bad Kissingen eine dreitägige Betriebsräteversammlung statt. Diese dauerte am ersten Abend bis gegen 19:30h. Mit einem Blutalkoholspiegel von 1,99 Promille stürzte K in der Nacht gegen 1:00h im Treppenhaus des Tagungshotels, wo er mit Kopf- und Lungenverletzungen bewusstlos aufgefunden und gegen 4:00h in die Notaufnahme gebracht wurde. Anschließend war er längere Zeit arbeitsunfähig. Noch heute leidet er unter Schmerzen und Konzentrationsstörungen. Gegenüber seiner Berufsgenossenschaft (BG) gab K an, sich nicht mehr an den Unfallhergang erinnern zu können. Es sei auf der Tagung üblich, auch beim abendlichen geselligen Zusammensein unter Kollegen über betriebliche Belange zu sprechen. Die BG lehnte die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall ab: So habe sich K zum Unfallzeitpunkt in alkoholisiertem Zustand befunden und nicht bewiesen, dass er dabei einer betrieblichen Tätigkeit nachgegangen sei. Hiergegen richtet sich die eingereichte Klage.

In seiner Urteilsbegründung hat das Sozialgericht Heilbronn ausgeführt, dass K beim geselligen Beisammensein auch Dienstliches besprochen habe. Im Übrigen habe sich der Arbeitsunfall auf dem Rückweg zum Hotelzimmer ereignet. Dieser “Arbeitsweg” sei hier selbst dann unfallversichert, wenn K im Hotel nach “Ende des offiziellen Teils” nur private Gespräche geführt hätte. Denn bei beruflichen Tagungen sei regelmäßig eine klare Trennung zwischen privaten und betrieblichen Belangen nicht möglich. Der Versicherungsschutz sei auch nicht durch den Alkoholkonsum entfallen. So gebe es bei Fußgängern (anders als bei Autofahrern) keine feste Promillegrenze, ab der von einer absoluten Verkehrsuntüchtigkeit auszugehen sei. Die Ermittlungen der BG hätten hier aber keinen Anhaltspunkt für konkrete alkoholbedingte Ausfallerscheinungen gezeigt (wie z.B. ein schwankender, torkelnder Schritt). Demnach sei nicht nachgewiesen, dass der Unfall auf der – dem K nicht vertrauten – Hoteltreppe wesentlich auf die Alkoholisierung zurückzuführen ist. (Sozialgericht Heilbronn, Urteil vom 28. Mai 2014 – S 6 U 1404/13)


Mindestlohn beschlossen

2014 Ausgabe 4 / Monat August


Mindestlohn pro Zeitstunde

Festgesetzt ist ab dem 1.1.2015 ein Mindestlohnanspruch von 8,50 € pro Zeitstunde, der sich direkt aus dem Gesetz ergibt. Anspruch darauf haben Beschäftigte, die in Deutschland arbeiten, auch wenn ihr Arbeitgeber im Ausland sitzt. Anspruch auf den Mindestlohn haben auch MinijobberInnen, RentnerInnen, Taxifahrer, wenn sie in einem Arbeitsverhältnis tätig sind. Ehrenamtlich Tätige sind keine Arbeitnehmer, sie bekommen kein Arbeitsentgelt und schulden keine Leistung.Keine Unterschreitung Der Mindestlohn darf nicht unterschritten werden; Ausnahmen gelten nur für Tarifverträge nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz (AEntG), die alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer binden, die in der jeweiligen Branche in Deutschland tätig sind. Diese Ausnahme ist nur für eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2017 vorgesehen, wobei im Jahr 2017 in jedem Fall 8,50€ pro Stunde zu zahlen ist. Zudem gibt es eine Ausnahme für Zeitungszusteller.

Auszahlung des Mindestlohnes

Der Mindestlohn ist pro Zeitstunde zu zahlen; Stücklohn muss entsprechend umgerechnet werden. Kost und Logis können angerechnet werden, eine Verordnung folgt. Der Mindestlohn wird spätestens zum Ende des folgenden Kalendermonats fällig. Regelungen zu Arbeitszeitkonten müssen inhaltlich bestimmte Anforderungen erfüllen, denn sie dürfen nicht zur Umgehung der Bezahlung der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden dienen. Ein solches Arbeitszeitkonto muss vorsehen, dass unabhängig von der tatsächlich geleitsteten Arbeitszeit das vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitsentgelt monatlich gezahlt wird (verstetigtes Entgelt), das Arbeitszeitkonto schriftlich vereinbart ist und die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit um nicht mehr als 50 Prozent an Stunden durch tatsächlich geleistete weitere Arbeitsstunden überschritten werden, die dem Guthabenkonto gutgeschrieben werden. Es kann zwar mehr gearbeitet werden, diese Beträge sind dann aber bereits spätestens am Ende des Kalendermonats fällig, müssen also ausbezahlt und können nicht auf das Guthabenkonto verbucht werden. Das soll bekannt gewordenen Praktiken entgegen treten, bei denen durch kleine Teilzeitkonten bei einer wesentlich längeren tatsächlichen Arbeitszeit ein erhebliches Guthabenkonto angehäuft wird, das nicht mehr bei der Beschäftigung im Inland ausgeglichen wird.

Durchsetzung des Anspruchs

Nach dem Gesetz kann der Anspruch innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist bis zum Ende des Kalenderjahres geltend gemacht werden; Ausschluss- und Verfallfristen gelten insoweit nicht. Vorgesehen ist zudem die Einrichtung einer Informations- und Beratungsstelle, an die sich jedermann wenden kann, auch um Verstöße zu melden. Dies ist auch jetzt schon bei der Hotline der Finanzkontrolle Schwarzarbeit möglich, bei der man sich aber namentlich und mit Adresse melden muss, damit die gemeldeten Verstöße auch verfolgt werden.
Das Gesetz sieht ferner die Anwendung der Generalunternehmerhaftung für den Beschäftigten bei einem Nachunternehmer oder weiteren Nachunternehmern in einer Kette vor. Nichtgezahlte Mindestlohnansprüche können dann auch gegen diese Unternehmer gerichtet werden, sofern für sie der Auftrag, für den gearbeitet wurde, erbracht wurde.

Ausnahmen Praktika und Jugendliche

Allerdings gibt es einige Ausnahmen auch für Praktika, die studien- oder ausbildungsbegleitend vorgeschrieben sind oder für 3 Monate zur Orientierung für die Wahl einer Ausbildung oder für die Aufnahme eines Studiums geleistet werden. Jugendliche unter 18 Jahren sind ausgenommen, damit sie nicht von einer Berufsausbildung abgehalten werden.


Bußgelder als steuerpflichtiger Lohn – wenn sie der Arbeitgeber übernimmt

2014 Ausgabe 3 / Monat Juni

Bezahlt ein Arbeitgeber, z.B. eine Spedition, die gegen einen Fahrer verhängten Geldbußen oder Geldstrafen, soll dies beim Arbeitnehmer zum steuerpflichtigen Arbeitslohn zählen. Dies selbst dann, wenn diese Bezahlung eigentlich im „überwiegend betrieblichen Interesse“ des Arbeitgebers liegt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies jetzt – im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung – so entschieden.

Man muss schon ziemlich verquer denken, um das zu verstehen …


Neues zur Geschlechterquote – zunächst im Aufsichtsrat

2014 Ausgabe 3 / Monat Juni

Geschlechterquote in Aufsichtsräten

„Wir werden eine Regelung erarbeiten, dass bei Nichterreichen dieser Quote die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Stühle frei bleiben“, so die Minister. Die Quote muss bei Arbeitnehmer- und Anteilseignervertretern erfüllt werden. Eine Anrechnung der einen auf die andere Vertreterseite ist nicht geplant; bei der Berechnung wird immer zur nächsten vollen Person aufgerundet.

Wählt die Hauptversammlung unter Verletzung der Quote von 30%, so ist die Wahl zum Aufsichtsrat als nichtig zu betrachten – die für das minderrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben leer (leerer Stuhl).
Das Gesetzgebungsverfahren soll noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, so dass das Gesetz noch in 2015 in Kraft tritt.


Fußballprofis sind „normale“ Arbeitnehmer – DFL-Musterverträge regeln auch Ablösesummen

2014 Ausgabe 3 / Monat Juni

Fußballprofis schließen mit ihrem Arbeitgeber lediglich einen zeitlich befristeten Vertrag. Dementsprechend sieht § 11 Nr. 1. des Mustervertrags der Deutschen Fußballliga (veröffentlicht unter dfb.de) vor, dass das Vertragsver-hältnis mit dem 30. Juni bzw. mit dem Ende eines bestimmten Spieljahres sein Ende finden wird. Zwar kann nach § 15 Abs. 3 TzBfG eine ordentliche Kündigung vereinbart werden, eine derartige Vereinbarung wird in den Spielerverträgen aber gerade nicht vorgenommen. Der Mustervertrag der Deutschen Fußballliga macht dies noch einmal besonders deutlich, indem in § 11 Nr. 2 lediglich ein von den Parteien vereinbarter Aufhebungsvertrag oder eine wirksame fristlose Kündigung als Grund für eine vorzeitige Beendigung des Vertrags genannt werden. Auf diesem Weg kann der Verein sicher sein, dass der Spieler ihm bis zu dem vereinbarten Befristungsende zur Verfügung steht, mag sich dessen Marktwert aufgrund guter Leistung, z.B. während der Weltmeisterschaft, zwischenzeitlich auch erheblich erhöht haben.

Loslösung nur mit Ablösesumme

Sofern ein anderer Verein – und der Spieler – dennoch vor Ablauf der Befristung ein Vertragsverhältnis eingehen wollen, wird der bisherige Verein zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung im Wege eines Aufhebungsvertrags mit dem Spieler regelmäßig nur dann bereit sein, wenn der neue Arbeitgeber des Spielers ihm hierfür eine Entschädigung zahlt. Dies ist die Ablösesumme (vgl. BAG v. 25.4.2013 – 8 AZR 453/12).
Unabhängig von der Höhe einer solchen Entschädigung ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht gezwungen, sich auf eine solche vorzeitige Vertragsauflösung einzulassen. Er kann auch gegenüber dem Spieler auf Vertragsdurchführung bestehen. Ein Beispiel hierfür ist das Vertragsver-hältnis zwischen dem Verein Borussia Dortmund und dem Spieler Robert Lewandowski, der mit Beginn der Saison 2014/2015 zu Bayern München wechselt. Trotz angeblicher Angebote auf Zahlung einer erheblichen Ablösesumme durch den Verein Bayern München spielt der Spieler Lewandowski bis zum Ablauf der Befristung bei Borussia Dortmund. Er konnte dann „ablösefrei“ wechseln, es kommt zu keiner vorzeitigen Vertragsauflösung und auch zu keiner Zahlung einer Entschädigung.

Der Verein kann sich allerdings in dem Vertrag mit dem Spieler bereits verpflichten, einer vorzeitigen Vertragsbe-endigung mit dem Spieler zuzustimmen, wenn eine Ablösesumme in einer bestimmten Höhe durch einen anderen Verein gezahlt wird. Man spricht in der Praxis hier von einer „festgeschriebenen Ablösesumme“. So soll nach Medienangaben zB. der Spieler Messi in seinem Vertrag mit dem FC Barcelona eine solche festgeschriebene Ablösesumme in Höhe von € 250 Millionen vereinbart haben. Ist nun ein anderer Verein bereit, eine solche Ablösesumme zu zahlen, ist der bisherige Arbeitgeber des Spielers verpflichtet, einen entsprechenden Aufhebungsvertrag zu schließen. (gekürzter Beitrag von Professor Dr. Wolfgang Kleinebrink, Vereinigung Bergischer Unternehmerverbände (VBU®) e.V. Wuppertal)

unser Kommentar: Wird der bekannte Fachkräftemangel demnächst dazu führen, auch in „normalen“ Arbeitsverträgen Ablösesummen festzuschreiben? Oder wird es bald lange Kündigungsfristen geben mit festen Entschädigungssummen? Wohl kaum, aber freuen wir uns trotzdem auf eine gute WM.


Organisation im Arbeitsschutz – Missverständliche Entscheidung des BAG

2014 Ausgabe 3 / Monat Juni

Hierbei steht ihm (dem BR) kein Handlungsspielraum zu. Das schließt nach dem Eingangshalbsatz des § 87 Abs. 1 BetrVG auch ein Mitbestimmungsrecht in Angelegenheiten des Arbeits- und Gesundheitsschutzes aus.“ (BAG v. 15.04.20014 – Az.: 1 ABR 82/12) Also keine Mitbestimmung beim Arbeitsschutz? Natürlich doch. Hier geht es nur um den Arbeitsschutzausschuss, der nach Gesetz (§ 11 ASiG) zwingend einzurichten ist. Allgemein hat der BR nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz mitzubestimmen. Dies gilt immer dann, wenn dem Arbeitgeber bei der Gestaltung Handlungsspielräume verbleiben. Dies spielte z.B. auch eine Rolle in der Entscheidung des BAG v. 18.03.2014 – Az.: 1 ABR 73/12. In dem dortigen Fall hatte der Arbeitgeber (Installation und Wartung von Aufzügen) die Pflichten des Arbeitsschutzes für die gewerblichen Arbeitnehmer auf die im Betrieb beschäftigten Meister übertragen. Zugleich gab sie den Meistern auf, die entsprechenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf die ihnen unterstellten Mitarbeiter mit Vorgesetztenstellung zu delegieren. Den Betriebsrat beteiligte der Arbeitgeber nicht, so dass der BR im Verfahren geltend machte, bei der Schaffung einer Organisation zum betrieblichen Arbeitsschutz mitzubestimmen. Dies erkannte das BAG an: „Die eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats.“



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