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Frische BRise - Podcasts zum Thema Arbeitsrecht

Online-Wahl nicht zulässig

Natürlich stellt sich in Corona-Zeiten die Frage, ob nicht die nächste BR-Wahl „generell“ als Online-Wahl durchgeführt werden kann. Die eindeutige Antwort: Nein. Eine solche Form sieht die Wahlordnung nicht vor. In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg fand neben der Präsenz- und Briefwahl auch eine Online-Wahl als Alternative zur Briefwahl statt. Dazu wurde eine Software angeschafft, die den Sicherheitsvorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSG) entsprach und von diesem zertifiziert war. Ziel des Wahlvorstands war es, die Beteiligung an der Betriebsratswahl zu erhöhen, was auch gelungen ist. Den Wahlberechtigten wurden die Zugangsdaten zur Teilnahme an dem Onlineverfahren per E-Mail zugesandt. Online konnte dann ein virtueller Stimmzettel ausgefüllt werden. Es wurden 740 gültige Stimmen durch Präsenz- und Briefwahl abgegeben. 628 Wahlberechtigte nahmen an der Onlinewahl teil. Bei Öffnung der “elektronischen Wahlurne” wurde eine Folie an die Wand projiziert, welche eine Stimmenanzahl und Wahlergebnisse enthielt. Eine andere Auszählung der elektronisch abgegebenen Stimmen erfolgte nicht. Die Wahl wurde wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit angefochten.

Das Gericht urteilte, die Wahl sei unwirksam. Es gäbe im Gesetz bzw. in der Wahlordnung keine Möglichkeit der Online-Wahl. Es sei immer noch von einer reinen „Papier-Wahl“ auszugehen, so auch bei der Briefwahl. Das herkömmliche Verfahren der Briefwahl ermöglicht es allen Arbeitnehmern, die an der Wahl teilnehmen möchten und sich am Wahltag nicht im Betrieb befinden, zu wählen, so das Gericht. Außerdem sei bei einer getrennten Auszählung erkennbar, wie die Online-Wähler zum einen und die Brief- und Präsenzwähler zum anderen abgestimmt hätten. Dies ließe Rückschlüsse auf das Abstimmungsverhalten bestimmter Gruppen (zum Beispiel der jüngeren Mitarbeiter als potentiell eher online-affin) zu, was das Ein-Urnen-Prinzip gerade vermeiden will. (LAG Hamburg, Beschluss vom 15.2.2018 – 8 TaBV 5/17)


Zwingend vereinfachtes Verfahren (bis 100 Wahlberechtigte)

Das sog. vereinfachte Verfahren.

Bisher war es bis zu 50 Wahlberechtigten möglich. In Zukunft gilt dies bei bis zu 100.

Darüber hinaus (bis zu 200) kann mit dem Arbeitgeber die Durchführung im sog. „vereinfachten“ Verfahren vereinbart werden.
In Betrieben bis zu 100 Mitarbeitern ist diese Regelung zwingend und führt u.a. dazu, immer eine Persönlichkeitswahl durchzuführen.
Ansonsten ist zu beachten, dass Briefwahl-Stimmen auch noch bis zu 3 Tage nach dem Wahltermin eingehen können (§ 14a Abs. 4 BetrVG).


Aktives Wahlalter ab 16, aber nicht passiv

Künftig können alle Beschäftigten im (vollendeten) Alter von 16 Jahren den Betriebsrat mitwählen.

Sie sind aber nicht passiv wahlberechtigt, also nicht wählbar. Das bedeutet natürlich praktisch, diese Beschäftigten in einer gesonderten Wählerliste führen zu müssen (vergleichbar den Leiharbeitnehmern). Übrigens: Stichtag ist der Wahltag. Es muss also am Wahltag das 16. Lebensjahr vollendet sein (siehe § 2 Abs. 3 Wahlordnung).


Wahlvorstände können online tagen – aber nicht immer

Ähnlich der Möglichkeit für Betriebsräte, online zu tagen, wurde dies jetzt auch für die Wahlvorstände eingeführt.
Aber das kann natürlich nicht immer gelten. Das Gesetz gibt Ausnahmen vor, bei denen in Präsenz getagt werden muss:

– die Prüfung oder Nachprüfung eingereichter Vorschlagslisten,
– die eigentliche Stimmauszählung,
– die Durchführung des Losverfahrens (§ 10 Abs. 1 WO) oder
– die Erste Wahlversammlung im vereinfachten zweistufigen Wahlverfahren (§ 14a Abs. 1 Satz 2 BetrVG).
Sicher wird die Bearbeitung und der Versand von Briefwahlunterlagen nur in Präsenz möglich sein; hier ist aber nicht mehr die Anwesenheit des gesamten Wahlvorstands zwingend.


Wenn die Wählerliste falsch ist – ein Anfechtungsgrund?

Natürlich kann nie ausgeschlossen werden, dass die Wählerliste Fehler enthält, wenn Wahlberechtigte vergessen werden oder inzwischen Ausgeschiedene noch verzeichnet sind. In einem Verfahren, das bis zum Bundesarbeitsgericht (BAG) ging, waren tatsächlich vier inzwischen ausgeschiedene Mitarbeiter noch in der Wählerliste verzeichnet. Ein Anfechtungsgrund? Formal ja, meinte das Gericht. Allerdings hatte in dem Fall der Arbeitgeber die Listen nicht herausgerückt und der Wahlvorstand sind sich mit dem Telefonverzeichnis beholfen. Nichtig sei die Wahl dadurch nicht, sondern müsse wiederholt werden, so das BAG. Inzwischen wurde übrigens der § 19 Abs. 3 neu in das BetrVG aufgenommen. Eine Anfechtung wegen einer falschen Wählerliste ist jetzt nur noch möglich, wenn vorher Einspruch gegen die Wählerliste erhoben wurde. Zudem kann der Arbeitgeber die Wahl nicht anfechten, wenn die Unrichtigkeit der Wählerliste gerade auf seine falschen Angaben beruhen sollte, § 19 Abs. 3 BetrVG.


Die späte Heirat des Betriebsrentners

Wer vorzeitig aus dem Betrieb ausscheidet, aber schon einen Anspruch auf Betriebsrente erworben hat, behält diesen Anspruch – anteilig. Die Anwartschaft bleibt erhalten. Was aber, wenn der Betriebsrentner noch vor der Inanspruchnahme verstirbt, aber nach Ausscheiden aus der Firma geheiratet hat? In einem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) musste nun geklärt werden, ob auch diese spät verheiratete Witwe ebenfalls Anspruch hatte. Das BAG gab ihr recht.
Wenn der inzwischen Verstorbene zu diesem Zeitpunkt

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Wahlordnung. Was es Neues zu beachten gibt.

Geänderte Wahlordnung:

Hauptsächlich neu ist in der geänderten Wahlordnung:

– als Wahlvorstand auch online tagen zu können,
– das aktive Wahlalter ab 16 Jahren, nicht passiv
– das zwingende einfache Verfahren (bis 100 Wahlberechtigten),
– die Briefwahl für Wahlberechtigte in Elternzeit und Langzeitkranke etc.,
– Briefumschläge fallen bei der Präsenzwahl weg.
– Die bisherige Grenze für das vereinfachte Verfahren wurde von 50
  auf 100 Wahlberechtigte angehoben


Der Weg vom Bett zum Homeoffice ist versichert

Ein wichtiges Urteil für alle Arbeitnehmer, die zu Corona-Zeiten von zu Hause aus arbeiten: Der direkte Weg vom Bett zum Arbeitsplatz im Homeoffice fällt unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Wer im Homeoffice arbeitet, ist morgens auf dem direkten Weg dorthin versichert. Der erstmalige Weg vom Bett zum Schreibtisch, um dort im Homeoffice zu arbeiten, ist von der gesetzlichen Unfallversicherung geschützt.
Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am Mittwoch entschieden (Aktenzeichen: B 2 U 4/21 R)

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Entgeltumwandlung: Zuschuss auch bei Altverträgen zur Betriebsrente

Betriebsrente

Ab dem 1.1.2022 müssen Arbeitgeber, wenn Beschäftigte einen Teil ihres Lohns oder Gehalts in eine Betriebsrente umwandeln, immer die ersparten Sozialversicherungsbeiträge, max. 15 Prozent, zugunsten der Beschäftigten an die Versorgungseinrichtung (Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung) weiterleiten. Bisher galt diese Verpflichtung nur bei Entgeltumwandlungen, die ab dem 1.1.2019 neu abgeschlossen worden sind. Diese Regelungen sind tarifdispositiv, d.h. von ihnen kann in Tarifverträgen zugunsten oder zulasten der Beschäftigten abgewichen werden.

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Klage auf gleiches Entgelt

Benachteiligung  wegen des Geschlechts: Wenn eine Frau gleiches Entgelt für die gleiche oder gleichwertige Arbeit einklagt, kann sie sich auf das Vergleichsentgelt berufen, das den männlichen Kollegen gezahlt wird. Teilt ihr der Arbeitgeber dieses niedrigere „Median-Entgelt“ mit, besteht nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen des Geschlechts. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, das Gegenteil zu beweisen. Diesen Grundsatz hat jetzt das Bundesarbeitsgericht aufgestellt. Es hat damit einen Streitfall zurück an das Landesarbeitsgericht verwiesen. Dort wird nun aufzuklären sein, ob es einen sachlichen Grund gibt, warum der Frau weniger Gehalt gezahlt wurde. (BAG vom 21. Januar 2021 – 8 AZR 488/19).
Hinweis: Der sog. Median ist nicht der Durchschnitt aller vergleichbarer Gehälter, sondern der mittlere Wert aller vergleichbaren Kollegen:innen.

Fachanwalt für Arbeitnehmer, Wolfgang Steen
Rechtsanwälte Gaidies Heggemann & Partner, Hamburg



Betriebsrats-Sitzung – präsent, digital oder hybrid?

Während der ersten Lockdowns hatte der Gesetzgeber den Betriebsräten gem. § 129 BetrVG befristet die Durchführung digitaler Sitzungen ermöglicht. Zwischenzeitlich liefert das sog. Betriebsrätemodernisierungsgesetzes die Möglichkeit, virtuelle Betriebsratssitzungen dauerhaft durchzuführen. Aber gilt dies auch für Hybrid-Sitzungen?

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Keine krankheitsbedingte Kündigung bei Unterbleiben eines erforderlichen und nicht nutzlosen bEM-Angebots

Krankheitsbedingte Kündigung: Der Arbeitgeber hatte nach erheblichen Fehlzeiten gegenüber dem schwerbehinderten Mitarbeiter im Oktober 2019 eine krankheitsbedingte Kündigung ausgesprochen. Dieser war durch einen unverschuldeten Unfall – der als Wegeunfall anerkannt wurde – schwerbehindert geworden. In einem ärztlichen Gutachten hieß es, er ist von seinem ortsfernen Vorgesetzten mehrfach massiv bedroht und eingeschüchtert worden, was ihn psychisch dauerhaft sehr belastet. Der Arbeitgeber bestritt eine positive Gesundheitsprognose. Das Integrationsamt hatte dem Kündigungsantrag zugestimmt.

Im Streit war nun vor Gericht, ob über die schon 2017 und 2018 geführten BEM-Gespräche hinaus, weitere hätten stattfinden müssen. Der Arbeitgeber meinte, dies sei nutzlos, weil sich das Krankheitsbild nicht verändert habe. Das Gericht dazu: „Die Beklagte hat dem Kläger das gemäß § 167 Abs. 2 SGB IX gesetzlich vorgesehene betriebliche Eingliederungsmanagement (im Folgenden: BEM) vor Ausspruch der Kündigung nicht noch einmal angeboten, obgleich dies erforderlich gewesen wäre, ohne dass sie die Nutzlosigkeit eines weiteren BEM hinreichend dargelegt hätte.“ Die Kündigung wurde für unwirksam erklärt, weil es mildere Mittel gegeben hätte. So hätte in einem weiteren BEM-Verfahren geklärt werden können, ob nicht ein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung stand. (ArbG Stuttgart v. 02.12.202015 Ca 6733/19).

Anmerkung: Natürlich ist an dieser Entscheidung interessant, dass es nicht Sache des Arbeitgebers ist zu entscheiden, ob ein BEM-Gespräch „nutzlos“ ist.


Kein Abbruch einer BR-Wahl durch Einstweilige Verfügung

Der Dauerstreit bei den „Gorillas“

Schon das Arbeitsgericht Berlin hatte entschieden: Ein Abbruch der Wahl durch Erlass einer einstweiligen Verfügung sei nur ausnahmsweise möglich, wenn ganz erhebliche Fehler feststellbar seien, die zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führen würden. Andernfalls sei nicht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, sondern in einem möglichen Anfechtungsverfahren nach Durchführung der Wahl festzustellen, ob die Wahl aufgrund solcher Fehler unwirksam sei. Dies auch im Hinblick auf die gesetzliche Wertentscheidung für eine Bildung von Betriebsräten.

Aufgrund der hier von Arbeitgeberseite vorgetragenen Fehler gebe es keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit. Insbesondere habe die Arbeitgeberin zu der betrieblichen Organisation selbst nicht hinreichend vorgetragen. Die Frage, ob der Wahlvorstand den zutreffenden Betriebsbegriff zugrunde gelegt habe oder ob es hier erhebliche Änderungen in den betrieblichen Strukturen gegeben habe, sei dann im Anfechtungsverfahren zu prüfen. Auch geltend gemachte mögliche Fehler bei der Bildung des Wahlvorstandes und den Wahlaushängen reichten für die Feststellung einer Nichtigkeit nicht aus.

Dieses Urteil bestätigte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg.

Eine Betriebsratswahl könne gerichtlich nur abgebrochen werden, bestätigte nun das Landesarbeitsgericht, wenn der Wahlvorstand bei Einleitung der Wahl offensichtlich nicht im Amt war oder die festzustellenden Mängel im Wahlverfahren zu einer nichtigen Wahl führen würden.

In allen anderen Fallgestaltungen sei der Arbeitgeber auf das Wahlanfechtungsverfahren zu verweisen, bei dem der gewählte Betriebsrat jedoch zunächst im Amt bleibe. Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen für einen Abbruch der Betriebsratswahl nicht vor.

(Landesarbeitsgericht Berlin -Brandenburg, Beschluss vom 23. November 2021 – 13 TaBVGa 1534/21)


3G im Betrieb – was Betriebsräte beachten sollten

Die 3G-Regel im Betrieb einführen zu müssen, klingt zunächst einfach. Probleme ergeben sich im Bereich Datenschutz und Vertraulichkeit. Natürlich kann „der Arbeitgeber“ die tägliche Kontrolle und Dokumentation auf einen bestimmten Beschäftigten/Vorgesetzten delegieren.

Zu beachten ist dabei, dass es sich bei dem Status geimpft/nicht geimpft um besonders geschützte personenbezogene

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Abfindungen in die Rentenkasse einzahlen?

Rentenminderungen treten ein, wenn die Rente vorzeitig in Anspruch genommen wird. Der Abschlag beträgt 0,3% pro Monat. Solche Kürzungen können durch Zahlungen in die Rentenkasse ausgeglichen werden (§ 187a SGB VI). Dies lässt sich sogar steuerlich günstiger gestalten, als die volle Abfindungszahlung versteuern zu müssen.

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Arbeitsrechtsprogramm der „Ampel-Koalition“ (Sondierungspapier)

Mindestlohn, Mini-Jobs, Midi-Jobs

Bereits im Sondierungspapier haben die drei Parteien der künftigen Ampel-Koalition arbeitsrechtliche Fragen aufgegriffen. In der Transformations zur ökologischen Marktwirtschaft soll die Sozialpartnerschaft beachtet werden. Weil der Mindestlohn auf 12 Euro steigt, wird die Grenze für Mini-Jobs auf 520 Euro angehoben. „Midi-Jobs“ sollen bis 1.600 Euro möglich sein. Arbeitzeiten sollen zusammen durch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen für eine befristete Zeit flexibler werden und von der Höchstarbeitszeitgrenze kann abgewischen werden. Im Einzelnen:

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Podcast Frische BRise

In der aktuellen Ausgabe unseres Podcast geht es um das Thema: „Ohne Moos nix los“.
Über unsere Seite www.gsp.de/podcast sind die neuen Folgen der „Frischen BRise“ abrufbar.


Bußgeld wegen computergesteuerter Diskriminierung

…das wird teuer

Der Arbeitgeber hatte auch keine Vorkehrungen getroffen, um die Genauigkeit und Fairness der Ergebnisse zu gewährleisten, die dann zur Bewertung der Fahrerleistungen herangezogen wurden. In manchen Fällen wurden Fahrer durch eine automatisiert getroffene Entscheidung von der Plattform ausgeschlossen, ohne diese Entscheidung anfechten zu können.

Im Dezember 2020 hatte das Arbeitsgericht Bologna den britischen Lieferdienst Deliveroo wegen der Verletzung von Arbeitnehmerrechten und Diskriminierung durch einen Algorithmus zu Schadensersatz verurteilt. Ein ähnliches Urteil erging im Februar 2021 vom Bezirksgericht Amsterdam gegen den Transportdienst Uber (Quelle: EBR-News).


Äußerungen im WhatsApp-Chat als Kündigungsgrund?

Vertraulichkeit im kleinen Kreis

Der Arbeitgeber, ein Verein der überwiegend in der Flüchtlingshilfe tätig ist und von vielen Ehrenamtlichen unterstützt wird, erhielt Kenntnis über einen bei WhatsApp geführten Chat. Dort äußerten sich der technische Leiter ebenso wie andere Beschäftigte in menschenverachtender Weise über Geflüchtete und herabwürdigend über Helferinnen und Helfer. Hierüber wurde auch in der Presse berichtet. Daraufhin kündigte der Verein u.a. das Arbeitsverhältnis mit dem technischen Leiter fristgemäß.

Das LAG hat die Kündigung für unwirksam erklärt aber das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst.

Die Begründung des Gerichts

„Zwar ist eine gerichtliche Verwertung der gefallenen Äußerungen im Gerichtsverfahren zulässig. Eine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung kann jedoch nicht festgestellt werden, weil eine vertrauliche Kommunikation unter den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts fällt. Um eine solche geht es hier, da diese in sehr kleinem Kreis mit privaten Handys erfolgt und erkennbar nicht auf Weitergabe an Dritte, sondern auf Vertraulichkeit ausgelegt gewesen ist. Besondere Loyalitätspflichten bestehen nicht, weil der Gekündigte als technischer Leiter keine unmittelbaren Betreuungsaufgaben wahrzunehmen hat.“

Auflösung Arbeitsverhältnis

Das Arbeitsverhältnis wurde dennoch auf Antrag des Vereins gegen Zahlung einer Abfindung aufgelöst. Die Voraussetzungen einer ausnahmsweise möglichen gerichtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses liegen hier vor. Es ist i.S.d. § 9 Kündigungsschutzgesetz keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zu erwarten. Da die schwerwiegenden Äußerungen öffentlich bekannt geworden sind, kann der Verein bei Weiterbeschäftigung dieses technischen Leiters nicht mehr glaubwürdig gegenüber geflüchteten Menschen auftreten. Außerdem wäre er bei der Gewinnung ehrenamtlicher Unterstützung und hauptamtlichen Personals beeinträchtigt. Bei der Bemessung der Abfindung hat das LAG ein Auflösungsverschulden des Gekündigten berücksichtigt, das sich allerdings wegen der intendierten Vertraulichkeit der Äußerungen mindert. (LAG Berlin-Brandenburg v. 19.7.2021 – 21 Sa 1291/20)



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