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NewsLetter BETRIEBSRAT

„Zweite Liebe mit der Ex“ – die Spätehenklausel in der betrieblichen Altersversorgung

2013 Ausgabe 5 / Monat Dezember

In der betrieblichen Altersversorgung ist allgemein anerkannt, dass eine „spät“ geschlossene Ehe nicht zum Hinterbliebenenanspruch führen kann. Wie ist es aber, wenn „die Geschiedene“ doch wieder geheiratet wird.   
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Das Bundesarbeitsgericht stellte fest, in Versorgungsordnungen können Ehepartner von Hinterbliebenenrenten ausgeschlossen werden, die den versorgungsberechtigten Arbeitnehmer erst nach dessen Berentung („spät“) geheiratet haben. Auch die ehemalige, also geschiedene Ehefrau wieder zu heiraten, ändert daran nichts. In dem Fall war das Paar bereits von 1953 bis 1993 verheiratet. Sie vermählten sich 2008, als der Mann längst im Ruhestand war.


Der Trinkunfall beim Kopieren

2013 Ausgabe 5 / Monat Dezember

nutzte der Arbeitnehmer die Pause bis das Kopiergerät hochfuhr (dauert einige Sekunden), um sich aus dem in der Nähe stehenden Kühlschrank eine Flasche alkoholfreies Bier zu holen. Nach dem Öffnen der Flasche wollte er heraussprudelndes Bier abtrinken und brach sich dabei mehrere Zahnspitzen im Oberkiefer ab.
Die Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag des Klägers auf Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab und auch das Sozialgericht die Klage.
Die Aufnahme von Nahrung auch während einer Arbeitspause am Kopiergerät ist grundsätzlich nicht unfallversichert. Die Nahrungsaufnahme ist ein menschliches Grundbedürfnis und tritt regelmäßig hinter betriebliche Belange zurück. Es handelte sich um eine sogenannte eigenwirtschaftliche Verrichtung, mit der der Kläger seine versicherte Tätigkeit unterbrochen hatte. Hiervon liegt auch keine Ausnahme vor, weil die Kopiertätigkeit nicht geeignet war, abweichend vom normalen Trink- und Essverhalten des Klägers ein besonderes Durst- oder Hungergefühl hervorzurufen.


Wut und Erregungszustand ist nicht fahrlässig – trotzdem Lohnfortzahlung?

2013 Ausgabe 5 / Monat Dezember

Diese Frage musste das Landesarbeitsgerichts Hessen in einen Fall beantworten, in dem sich ein Mitarbeiter aufgrund eines Wutanfalls selbst die Hand brach. Er arbeitet als Warenauffüller in einem Baumarkt und benutzt dazu einen Gabelstapler. Im Streit um ein provisorisches Plexiglasdach als Wetterschutz geriet der Mitarbeiter derart in Wut, dass er unter anderem dreimal mit der Faust auf ein in der Nähe aufgestelltes Verkaufsschild aus Hohlkammerschaumstoff schlug und sich dabei die Hand brach. Der Arbeitgeber verweigerte für die einmonatige Krankschreibung die Entgeltfortzahlung. Schließlich sei der Kläger an seiner Verletzung selbst schuld. Spätestens nach dem ersten Schlag auf das Verkaufsschild hätte er die Holzstrebe spüren müssen. Die Verletzung habe er sich somit vorsätzlich beigebracht.

Das Landesarbeitsgericht Hessen folgte dem nicht und gab der Entgeltfortzahlungsklage statt. Nur bei einem groben Verstoß gegen das eigene Interesse könnte die Zahlung verweigert werden. Zwar hätte der Kläger damit rechnen müssen, dass er durch die Schläge auf das Schild eine Verletzung erleiden könnte. Gegen eine grobe Fahrlässigkeit spreche jedoch, dass er sich offensichtlich in einem heftigen Wut- und Erregungszustand befunden und sich dementsprechend kurzzeitig nicht unter Kontrolle gehabt hatte. Dies sei nicht zu billigen, aber menschlich gleichwohl nachvollziehbar, da niemand in der Lage sei, sich jederzeit vollständig im Griff zu haben. Der Kläger habe aus Wut die erforderliche Kontrolle über sein Handeln verloren. Dies sei leichtfertig gewesen, aber nicht derart schuldhaft, dass von besonderer Leichtfertigkeit oder grober Fahrlässigkeit die Rede sein könne.

 


Ich will auch ein Geschenk – ein iPad vom Arbeitgeber

2013 Ausgabe 5 / Monat Dezember

Ein Arbeitnehmer war zum Zeitpunkt der Weihnachtsfeier arbeitsunfähig. Er war also nicht auf der Feier und erhielt kein Geschenk. Er fand das ungerecht, berief sich auf die Gleichbehandlung und sah das geschenkte Pad zudem als Vergütung an, die ihm auch während seiner Krankheit zustehe. Das ArbG Köln wies die Klage ab. Der Arbeitgeber sei bei solchen Zuwendungen auch berechtigt, die Mitarbeiter unterschiedlich zu behandeln, wenn er damit das Ziel verfolgt, die Betriebsfeiern attraktiver zu gestalten und die Mitarbeiter zur Teilnahme zu motivieren. 


Zeiterfassung freigestellter BR-Mitglieder … oder doch Vertrauensarbeitszeit?

2013 Ausgabe 4 / Monat November

So urteilte jetzt das BAG (Beschluss vom 10.07.2013 – 7 ABR 22/12) im Fall des BR Lufthansa Boden am Flughafen München. Vier Mitglieder des BR sind vollständig von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt. Vor ihrer Freistellung arbeiteten sie in gleitender Arbeitszeit oder nach Schicht- und Dienstplänen und erfassten ihre Arbeitszeit mit “Kommt”- und “Geht”-Buchung nach der BV TARIS. Der Arbeitgeber teilte in der Folgezeit den vier freigestellten BRM mit, sie verzichte während der beruflichen Freistellung auf die Arbeitszeiterfassung nach TARIS und diese sollten nach der Betriebsvereinbarung “Vertrauensarbeitszeit” arbeiten. Hiergegen wandte sich der BR, weil die Teilnahme an der Vertrauensarbeitszeit ausdrücklich nur freiwillig erfolgen konnte. Das BAG stellte jetzt fest, durch die Freistellung ändere sich nichts an der vorherigen Arbeitszeitregelung. Auch “Freigestellte” hätten ebenso wie Arbeitnehmer, die beruflich tätig sind, ein Interesse daran, ihre Anwesenheit im Betrieb zu dokumentieren.

 


Überstunden – angeordnet? geduldet? notwendig? BAG stellt klar

2013 Ausgabe 4 / Monat November

Der Arbeitgeber kann z.B. „zu erkennen geben, mit der schon erfolgten Leistung bestimmter Überstunden einverstanden zu sein,“ wenn also ein Vorgesetzter die Stunden im Nachhinein abzeichnet. Aber auch eine Duldung ist möglich. Die Duldung von Überstunden bedeutet, dass „der Arbeitgeber in Kenntnis einer Überstundenleistung diese hinnimmt und keine 

Vorkehrungen trifft, die Leistung von Überstunden für die Zukunft zu unterbinden, er also nicht gegen die Leistung von Überstunden einschreitet, sie vielmehr weiterhin entgegennimmt“. Auch dann besteht eine Vergütungspflicht dieser Mehrarbeit.

Was muss also der Arbeitnehmer nachweisen?

  1. Dass der Arbeitgeber weiß, wann welche Überstunden geleistet wurden (Kenntnis).
  2. Der Arbeitgeber aber nicht eingeschritten ist, als weitere Überstunden anfielen (Hinnahme). Und schließlich
  3. Der Arbeitgeber nicht nachweisen kann, welche Maßnahmen er zur Unterbindung (evtl. nicht gewollter Überstunden) ergriffen hat.

So einfach ist das alles nach BAG Urteil vom 10.04.2013, 5 AZR 122/12

 


Quartalsberichte – Vorherige Abstimmung mit BR und WA

2013 Ausgabe 4 / Monat November

Das BAG hat jetzt klargestellt, wie der Ablauf sein muss. Der Unternehmer muss dem BR und WA zunächst einen Entwurf des Quartalsberichts zuleiten. Diese haben die Möglichkeit zur Stellungnahme, bei der sie Änderungen des 

Berichts vorschlagen können. Hierzu gehört auch die Aufnahme von bisher im Entwurf nicht enthaltenen Angaben. Der Unternehmer hat sich mit den Einwänden der Arbeitnehmervertretungen auseinanderzusetzen und diese bei der endgültigen Fassung des Berichts zu bedenken. Unterbleibt eine Unterrichtung nach § 110 Abs. 1 BetrVG oder werden die Arbeitnehmervertretungen nicht vor der Unterrichtung ordnungsgemäß beteiligt, können diese unter den Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG gegen den Unternehmer vorgehen (BAG v. 14.05.2013, Az.: 1 ABR 4/12).

 


Altersgrenzen im Sozialplan – Ist mit 62 Schluss?

2013 Ausgabe 4 / Monat November

zum Ausgleich der Differenz zum Arbeitslosengeld einen pauschalen Ausgleich in Höhe von zwei Bruttomonatsverdiensten. Im Anschluss an den Arbeitslosengeldbezug hatten sie zumindest Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Dieselben Sozialplanabfindungen, wie andere Arbeitnehmer erhielten sie nicht.

Das BAG stellte fest: Zwar haben Arbeitgeber und BR darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen u.a. aus Altersgründen unterbleibt. Nach § 75 Abs. 1 BetrVG sind sogar Vereinbarungen verboten, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Allerdings haben Sozialpläne nach der Rechtsprechung eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Geldleistungen in Form einer Abfindung stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar, sondern sollen die voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Folgen eines durch Betriebs

änderung verursachten Arbeitsplatzverlustes ausgleichen oder zumindest abmildern. Die Betriebsparteien können also diese Nachteile aufgrund ihres Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums in typisierter und pauschalierter Form ausgleichen. Da die Betriebsparteien die Beschäftigtengruppe über 62 Jahre nicht von Sozialplanleistungen ausgeschlossen haben, sondern ihnen einen Anspruch auf die Mindestabfindung von zwei Bruttomonatsverdiensten gewährt wurde, war der Sozialplan nach Meinung des BAG nicht zu beanstanden (Urteil v. 26.03.2013,Az.: 1 AZR 857/11).

Anmerkung: Hervorzuheben ist der Hinweis auf den Beurteilungsspielraum des BR. Natürlich stellt sich ein solcher Fall anders dar, wenn jetzt die Rente mit 67 beachtet werden muss.


Wem gehören die XING-Kontakte? ArbG Hamburg weist Einstweilige Verfügung zurück

2013 Ausgabe 4 / Monat November

Sie hat einen XING-Account. Hier hält sie – wie üblich – Kontakt zu ehemaligen Kollegen und Geschäftsbekannten. Weniger üblich ist, dass die A den XING-Account eher zur Pflege privater und persönlicher Beziehungen nutzte. So hatte sie den Newsfeed zu Ihrem Account (automatisierte Meldungen an die Kontakte, wenn eine Änderung der Profildaten, wie etwa neue Kontakte oder ein Arbeitgeberwechsel, vorgenommen werden) ausgeschaltet und verfolgte mit Teilen der Kontakte einen regen Austausch über ihr Hobby Tauchen. Einen Facebook- oder Twitter-Account hatte die A nicht. Unter Ihren Kontakten befanden sich jedoch – wie ebenfalls üblich – auch elf Kontakte, die Mitarbeiter von Kunden oder Geschäftspartnern des Softwareunternehmens S sind.

Von diesem Umstand erfährt das Softwareunternehmen S knapp sechs Monate nachdem die A Ihre Anstellung gekündigt hat und 

wollte eine Einstweilige Verfügung gegen die A erwirken. S befand, es habe einen Unterlassungsanspruch wegen des Verrates von Geschäftsgeheimnissen.

Die Entscheidung: Das ArbG wies das Ansinnen des Softwareunternehmens S in diesem konkreten Fall zurück. Das ArbG konnte nicht erkennen, dass die A sich Geschäftsgeheimnisse unbefugt verschafft oder gesichert oder ein auf diese Weise erlangtes Geschäftsgeheimnis unbefugt verwertet oder jemandem mitgeteilt hätte.

Nach Auffassung des ArbG, das sich hier wieder auf die Rechtsprechung des BGH stützt, ist für ein Geschäftsgeheimnisses weiter notwendig, dass die Kontaktaufnahmen über XING, die zur Speicherung dieser Daten geführt haben, im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit erfolgt sein müssen.

Im vorliegenden Fall entstanden jedoch Teile der XING-Kontakte entweder bevor A bei S angestellt war oder bevor die Kontakte Mitarbeiter bei Kunden oder Geschäftspartner der S wurden, so dass hier schon deswegen keine Kontaktaufnahme im “Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit” vorlag.

Aber zu den übrigen, später hinzu gekommenen Kontakten, meinte das Softwareunternehmen S, die A müsse offenlegen, woher diese stammen. Dem erteilte das ArbG jedoch (zu Recht) eine Absage: Es ist nicht Aufgabe der A selbst vorzutragen, wie die Kontakte zustande gekommen sind. Dem Unternehmen S ist es nicht von vornherein unzumutbar, selbst zu versuchen, sich die diesbezüglichen Informationen zu verschaffen, zum Beispiel durch Befragen der Vorgesetzten der Beklagten, zu welchen der genannten Personen die A gerade im Rahmen ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Beratertätigkeit Kontakt hatte, ggf. auch durch Befragen der Kontaktpartner der Beklagten.

Im konkreten Fall erkannte das ArbG also keine Kontaktaufnahmen im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit und damit keinen Kontakt, der sich als Geschäftsgeheimnis hätte qualifizieren lassen. Folglich bleibt damit kein Raum für den Verrat von Geschäftsgeheimnissen. So war der Unterlassungsanspruch der S unbegründet und die Klage ward verloren.

Was bedeutet das Urteil für Arbeitnehmer?

Es ist nun durch ein ArbG klar gestellt, was einem an sich der gesunde Menschenverstand schon sagt: Dienstliche Kontakte – auch wenn diese über eine virtuelle Plattform wie XING organisiert sind – können Geschäftsgeheimnisse darstellen und in Folge dessen kann ein Unternehmen auch einen Unterlassungsanspruch hinsichtlich der weiteren Verwendung solcher Kontaktdaten gegenüber einem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses haben.

Dazu muss jedoch der Nachweis erbracht werden, dass es sich bei den in Rede stehenden Kontakten um Geschäftsgeheimnisse des Arbeitgebers im Sinne des § 17 UWG handelt. Dieser Nachweis ist – wie gesehen – schwierig zu führen.

 


Arbeitnehmerüberlassung oder Werkvertrag? Persönliche Abhängigkeit entscheidend

2013 Ausgabe 4 / Monat November

Nach dem letzten Vertrag hatte er Bodendenkmäler in einem EDV-gestützten System zu erfassen und nachzuqualifizieren. Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) erbracht werden.

Der Kläger besaß keinen Schlüssel zu diesen Dienststellen. Er arbeitete regelmäßig von 07.30 Uhr bis 17.00 Uhr, verfügte jeweils über einen Computer-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung und konnte über den Dienst-PC auf das maßgebliche System zugreifen sowie Eintragungen vornehmen. Ihm war ein Termin vorgegeben, bis zu dem alle Eintragungen vorliegen mussten. Die Vergütung i.H.v. 31.200 Euro incl. Mehrwertsteuer konnte er nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter Gebiete in Einzelbeträgen von 5.200 Euro abrechnen.

Seine Klage auf Festanstellung hatte in allen Instanzen Erfolg.

Das Gericht: Der Kläger ist Arbeitnehmer und nicht etwa Werkunternehmer. Bei einem Werkvertrag ist der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werks verpflichtet. Gegenstand des Vertrags ist die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg.

Bei einem Arbeitsverhältnis wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, d.h. in persönlicher Abhängigkeit geleistet.

Bereits die Gestaltung des angeblichen „Werkvertrags“ lässt erkennen, dass nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet sein sollte. Die Kumulation und Verdichtung der Bindung des Klägers ist in einer Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten. (BAG v. 25.09.2013, Az.: 10 AZR 282/12)

Anmerkung: Es kommt sehr darauf an, wie das Arb- und LAG die Fakten gewertet haben. Das BAG ist hieran in der Regel gebunden.


Absage an Rollenverständnis des vergangenen Jahrhunderts – weniger Geld für verheiratete Frauen?

2013 Ausgabe 3 / Monat September

Unter anderem deshalb könnten die Sozialplanleistungen niedriger sein, so der Arbeitgeber. Dem ist der 1. Senat mit deutlichen Worten entgegengetreten. Diese Argumentation sei mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG schlechterdings unvereinbar und widerspreche dem Diskriminierungsverbot des § 3 AGG. Schon das LAG Niedersachsen hatte in der Vorinstanz darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf Art. 6 GG ein Status als mitverdienende Ehefrau keine geringere soziale Schutzbedürftigkeit begründe. 

Um zu erkennen, dass ein solcher Argumentationsansatz in der heutigen Zeit nicht sonderlich Erfolg versprechend ist, muss man kein Arbeitsrechts-Experte sein. So bedurfte es auch keiner langen Ausführungen der Richter. Die Frage, ob die Argumentation tatsächlich auf veralteten Rollenvorstellungen beruhte oder vielmehr aus der Verzweiflung geboren wurde (mangels anderer Argumente), kann nur der Arbeitgeber-Vertreter beantworten. Dem 1. Senat hat die Argumentation jedenfalls nicht sonderlich zugesagt.

 


Urteil gegen Daimler-Scheinwerkverträge – IT-Kräfte müssen eingestellt werden

2013 Ausgabe 3 / Monat September

in den Betriebsräumen des Dritten, mit dessen Betriebsmitteln und bei einer direkten Beauftragung durch den Dritten vor.

Geklagt hatten zwei Beschäftigte eines IT-Systemhauses. Dieses ist ein Subunternehmen eines führenden Dienstleisters für Informationstechnologie, welcher die Kläger im Rahmen eines Werkvertrages mit der Daimler AG von 2001 bis Ende 2011 ausschließlich bei der Daimler AG eingesetzt hatte. .

In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, dass die Kläger in dem Betrieb eingegliedert gewesen waren und jahrelang in den Betriebsräumen mit Betriebsmitteln der Daimler AG für diese gearbeitet und auch direkte Aufträge von Daimler-Mitarbeitern aus der Abteilung Treasury erhalten hätten. Hierbei handle es sich auch nicht um Ausnahmefälle, sondern um beispielhafte Erscheinungsformen einer durchgehend verübten Vertragspraxis. Nach einer umfassenden Gesamtbetrachtung dieses Falles sei hier somit von einem Scheinwerkvertrag auszugehen.

Aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 10 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 AÜG sei zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.

Der Personaleinsatz sei somit nicht im Rahmen eines Werkvertrages, sondern infolge einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung erfolgt

 


Nachschusspflicht Arbeitgeber wenn Mitbestimmung nicht beachtet

2013 Ausgabe 3 / Monat September

Mit diesen Fragen hatte sich das LAG Niedersachsen zu beschäftigen in einem Fall, bei dem an verschiedene Redakteure in den Jahren 2008 bis 2012 Zahlung zwischen € 1.500 bis € 4.000 gezahlt waren. Der BR wollte nun eine Einigungsstelle einsetzen lassen, um seine Mitbestimmung durchzusetzen.

Einigungsstelle ist zuständig

Das Gericht entschied zunächst, dass eine Einigungsstelle auch dann zuständig ist, wenn der Betriebsrat für in der Vergangenheit erbrachte Sonderzahlungen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG beansprucht. Ebenso kann der Betriebsrat sein Mitbestimmungsrecht bei der Gestaltung zukünftiger Sonderzahlungen einfordern, selbst wenn diese von der Arbeitgeberin derzeit noch nicht beabsichtigt sind, soweit die abstrakte Ausformung der Einmalzahlungen unter die Bedingung ihrer tatsächlichen Leistung seitens der Arbeitgeberin gestellt wird.

Neuverteilung führt zu Nachschusspflicht

Auf den Umstand, dass Zahlungen bereits erfolgt waren, kommt es nicht an. Es kann sogar – nachträglich – noch zu einer Änderung der Verteilung und damit zu Mehrzahlungen kommen. Das Gericht: „Die nachträgliche Änderung der Verteilungsgrundsätze kann zu einer Nachschusspflicht der Arbeitgeberin führen, auch wenn die Festlegung des Dotierungsrahmens ihr allein vorbehalten bleibt.“ (LAG Niedersachsen v. 30.4.2013 – 1 TaBV 142/12)


Teilzeitanspruch für Schichtarbeiter – auch im Mehr-Schicht-Betrieb

2013 Ausgabe 3 / Monat September

Nach knapp zwei Jahren Elternzeit wollte er in den Betrieb zurückkehren und aus familiären Gründen nur noch in Teilzeit von montags bis freitags zwischen 9.00 Uhr und 14.00 Uhr beschäftigt werden. Die beklagte Firma lehnte den Teilzeitwunsch ab und berief sich zur Begründung u.a. darauf, dass sonst speziell für den Kläger zusätzliche Schichtübergaben eingeführt werden müssten, was zu Produktionsverzögerungen und damit zu wirtschaftlichen Nachteilen führe.

Organisatorische Änderungen zumutbar

Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. Der Teilzeitanspruch (§ 8 Abs. 4 TzBfG) besteht grundsätzlich auch dann, wenn zur Erfüllung des Teilzeitwunsches organisatorische Änderungen erforderlich sind. Gewisse organisatorische Anstrengungen sind bei jeder Einrichtung von Teilzeitarbeit erforderlich und gesetzesimmanent. Sie stehen dem Teilzeitbegehren nur dann entgegen, wenn sie über das zumutbare Maß hinausgehen.

Die Teilzeitbeschäftigung des Klägers führt insbesondere nicht zu unzumutbaren zusätzlichen Schichteinweisungszeiten. Die Schichteinweisung ist auch bei einer Vollzeittätigkeit erforderlich und nimmt im Betrieb der Beklagten nur wenige Sekunden Dauer in Anspruch. Die Behauptung der Beklagten, dass durch die Einweisung während der für die anderen Maschinenführer bereits laufenden Schicht die Gefahr eines Produktionsstillstands hervorgerufen werde, entbehrt jeglicher Substanz.

Es ist auch nicht nachvollziehbar, warum die Urlaubs- und/oder Krankheitsvertretung des Klägers im Rahmen einer Vollzeittätigkeit ohne weiteres bewältigt werden konnte, dies aber bei einer Teilzeittätigkeit nicht mehr der Fall sein soll. (LAG Köln vom 10.01.2013, 7 Sa 766/12)


kein Hitzefrei für Arbeitnehmer – aber Handlungspflicht für Arbeitgeber

2013 Ausgabe 3 / Monat September

Die Messung der Lufttemperatur ist bei Arbeitsplätzen für sitzende Tätigkeit in Höhe von 0,6 Metern und bei stehender Tätigkeit in Höhe von 1,1 Metern über dem Fußboden zu messen (ohne Einwir-kung von direkter Sonneneinstrahlung).

Sonnenschutzsysteme ab 26 Grad

Bei übermäßiger Sonneneinstrahlung sind Maßnahmen zu treffen. Beispielsweise sollen 

Fenster, Oberlichter und Glaswände eine ausreichende Tageslichtversorgung gewährleisten. Zugleich ist eine störende Blendung und Erwärmung zu vermeiden. Wenn sich die Raumtemperatur durch Sonneneinstrahlung auf über 26 Grad erhöht, sind diese Bauteile mit Sonnenschutzsystemen auszurüsten (siehe ASR A3.5 Ziffer 4.3 Abs. 3).

Bei mehr als 26 Grad sind Maßnahmen zu treffen, wie die Schließung der Jalousien nach der Arbeitszeit, Nachtauskühlung, Reduzierung des Einsatzes elektrischer Geräte, Lüftung am Morgen, Gleitzeitregelung und Lockerung der Bekleidungsregelung. Schließlich ist auch an die Bereitstellung geeigneter Getränke zu denken.

Die Schwelle von 26 Grad ist eine Sollvorschrift. Überschreitet die Lufttemperatur im Raum 30 Grad, müssen wirksame Maßnahmen zur Reduzierung der Beanspruchung der Beschäftigten ergriffen werden.

zwingend technische Maßnahmen ab 35 Grad

Eine weitere Schwelle gilt bei einer Raumlufttemperatur von mehr als 35 Grad. In diesem Fall ist der Arbeitsraum ohne technische Maßnahmen (z.B. Luftdusche oder Wasserschleier) oder organisatorische Maßnahmen (Entwärmungsphasen) oder durch Pausen oder persönliche Schutzausrüstungen nicht mehr als Arbeitsraum geeignet.

 


Sozialplan wirtschaftlich vertretbar? Trotz Verlust besteht Sozialplanpflicht

2013 Ausgabe 2 / Monat Juni

Den in einer Einigungsstelle beschlossenen Sozialplan für 76 Beschäftigte focht die Arbeitgeberin an. Die Einigungsstelle hatte Abfindungen nach der Formel: Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsverdienst x 0,6 festgelegt. Das Bundesarbeitsgericht meinte hierzu: Bei einem durchschnittlichen Bruttoverdienst der Beschäftigten von rund 1.750,00 Euro würden die wirtschaftlichen Nachteile der Beschäftigten jedenfalls nicht überkompensiert. Da außerdem zum Bilanzstichtag 31.12.2001 noch ein Anlagevermögen in Höhe von insgesamt 645.739,41 Euro und ein Umlaufvermögen in Höhe von 457.378,27 Euro vorhanden war, lag jedenlfalls keine wirtschaftliche Unvertretbarkeit für das Unternehmen vor.

Trotz Verlust weitere Belastungen hinzunehmen

Grundsätzlich führt das BAG zur Sozialplanpflicht aus: “Ob ein Sozialplan wirtschaftlich vertretbar ist, bestimmt sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls. Dabei ist grundsätzlich von Bedeutung, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind, deren nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer der Sozialplan kompensieren soll. Der Umstand, dass sich ein Unternehmen bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, entbindet es nach den Wertungen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht von der Notwendigkeit, weitere Belastungen durch einen Sozialplan auf sich zu nehmen. Sogar in der Insolvenz sind Betriebsänderungen gemäß § 123 InsO sozialplanpflichtig.” Im Ergebnis konnte die Arbeitgeberin also nicht von der Sozialplanpflicht befreien. Auf die Finanzkraft oder Eintrittspflicht der Muttergesellschaft kam es deshalb überhaupt nicht mehr an.


Schulung Betriebsrat – eigenständige Auswahlentscheidung

2013 Ausgabe 2 / Monat Juni

Es ist nicht zu beanstanden, wenn ein neues BR-Mitglied eine Maßnahme auswählt, in der der Unterrichtsstoff in zwei aufeinander aufbauenden Einheiten vermittelt wird. Unproblematisch ist dies auch dann, wenn hierfür geringfügig höhere Kosten anfallen, als bei einem anderen Anbieter. Mit dieser Entscheidung wird die Linie des Bundesarbeitsgericht fortgesetzt, das auch von einem eigenen Beurteilungsspielraum ausgeht.

(Landesarbeitsgericht Frankfurt, Beschluss v. 14.05.2012 – 16 Ta BV 226/11)

eigenständige Auswahlentscheidung

In einer von uns erstrittenen Entscheidung hat das Arbeitsgericht Hamburg (Beschl. v. 10.10.2012 – 3 BV 5/12) jetzt gleichfalls auf die eigenständige Auswahlentscheidung des Betriebsrats verwiesen. Hierzu gehört eine Erforderlichkeitsprüfung des Betriebsrates, auch bezogen auf Zeit und Ort der Schulungsveranstaltung. Wenn der Betriebsrat dann die verschiedenen Abwesenheits- und Urlaubszeiten anderer Mitarbeiter der Abteilung berücksichtigt, kann nicht auf eine andere (örtlich näher gelegene) Seminarveranstaltung verwiesen werden.

(Arbeitsgericht Hamburg, Beschluss v. 10.10.2012 – 3 BV 5/12)

 


Abberufung aus Freistellung möglich – ohne Angabe von Gründen

2013 Ausgabe 2 / Monat Juni

Auf einer Betriebsratssitzung im Mai 2011 wurde der Antragsteller mit der qualifizierten Mehrheit von 3/4 der Stimmen als freigestelltes Betriebsratsmitglied abberufen. Der Antragssteller sieht sich dadurch in seinen Rechten verletzt. Für die Abberufung lägen keine Gründe vor, ihm seien auch keine angegeben worden. Der Beschluss sei willkürlich und verletze ihn in seinen Rechten als Angehöriger einer Minderheitenliste. Das LAG wies die Beschwerde des Betriebsratsmitglieds als unbegründet zurück. Der Arbeitnehmer war nicht in seinen Rechten als Mitglied des Betriebsrats verletzt, auch nicht als Angehöriger einer Minderheitenliste. Die Abberufung eines Betriebsratsmitglieds aus der Freistellung ist nach allgemeiner Auffassung jederzeit möglich.

in geheimer Abstimmung

Die Abberufung habe nach dem Gesetz auch in geheimer Abstimmung zu erfolgen. Damit aber sei ausgeschlossen, dass die einzelnen Mitglieder die Gründe für ihre Abstimmung offen legen müssten. Die Forderung, dass spezifische Gründe angegeben werden müssten, sei daher praktisch nicht umsetzbar. Eine gerichtliche Überprüfung dieser Gründe wäre zudem ein unzulässiger Eingriff in die geschützte Selbstorganisation des Betriebsrats. (LAG Hamburg, Beschluss vom 07.08.2012,

Aktenzeichen 2 TaBV 2/12)


Nach 2 Stunden Arbeit gekündigt „…. sie roch nach Rauch“

2013 Ausgabe 2 / Monat Juni

<p class=„western“ align=„JUSTIFY“>Über eine Probezeitkündigung hatte das Arbeitsgericht Saarlouis zu entscheiden. In dem Fall hatte eine Mitarbeiterin das absolute Rauchverbot im Betrieb akzeptiert. Allerdings rauchte sie am ersten Arbeitstag vor Arbeitsbeginn noch eine Zigarette.</p>
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<p class=„western“ align=„JUSTIFY“>Weil sie „gravierend“ nach Rauch roch, beschwerten sich die Kollegen und der Arbeitgeber kündigte nach 2 Stunden Arbeit. Gegen die Kündigung klagte die Arbeitnehmerin und bekam vor dem Arbeitsgericht Saarlouis recht. Die Kündigung sei treuewidrig und damit unwirksam, so das Gericht. Auch in der Probezeit seien die allgemeinen Persönlichkeitsrechte und die Handlungsfreiheit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.</p>


Leiharbeit – kein Einsatz auf Dauerarbeitsplätzen – LAG Berlin wagt sich vor

2013 Ausgabe 1 / Monat Mai

In dem Fall war vom Betriebsrat die Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätze verweigert worden ist. Die Absicht der Arbeitgeberin bestand darin, auf Dauer eingerichtete Arbeitsplätze mit jeweils befristet eingesetzten Leiharbeitnehmern zu besetzen. Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung zu diesen Einstellungen, so dass der Arbeitgeber die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung begehrt hat.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg habe der Betriebsrat seine Zustimmung zu Recht verweigert. Auch wenn das Gesetz eine zeitliche Höchstdauer der Arbeitnehmerüberlassung nicht (mehr) regele und dem Arbeitgeber daher ein Einsatz von Leiharbeitnehmern im Interesse einer flexiblen Arbeitsgestaltung weitgehend erlaubt sei, dürfe der Einsatz jedoch nicht auf Dauerarbeitsplätzen erfolgen. Dass die Beschäftigung des jeweiligen Leiharbeitnehmers vorübergehend erfolgen solle, sei dabei unerheblich. Daher hat das Landesarbeits-gericht den Antrag der Arbeitgeberin auf Zustimmungsersetzung zurückgewiesen.

In gleicher Weise hatte sich auch schon das Landesarbeitsgericht Niedersachsen geäußert. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts steht noch aus.



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